Kirpal Singh

Frei von Gebundenheit

Gott ist als ‘Sat‘ (immer-seiend) bekannt, und die Welt als ‘Asat‘ (sich verändernd). In den heiligen Schriften der Hindus ist aufgezeichnet, dass die Welt ganz und gar ‘Asat‘ ist und dass nur die Seele  ‘Sat‘ ist. Warum wird die Seele ‘Sat‘ genannt? Weil sie nur aus einer Substanz geschaffen ist, und die ist das Allbewusstsein. Wenn […]

Warum ist die Welt ‘Asat‘? Weil sie aus Materie in Form von Elementen besteht, die wiederum in Atome, Neutronen, Protonen usw. aufgegliedert sind und jede Zusammensetzung von Substanzen der Aufspaltung unterliegt. Unser Körper ist ein genaues Abbild von Brahmand oder den drei Aufteilungen der Schöpfung, denn wir haben drei Körper in uns, entsprechend den physischen, astralen und kausalen Ebenen. Gott hat uns einen aus Materie geschaffenen Körper gegeben, durch den wir in dieser Welt, die ebenfalls aus Materie besteht, wirken. Beim Tod verlassen wir diesen Körper und benutzen den astralen Körper, der auf der nächsten Ebene, manchmal als die ‘andere Welt‘ bekannt, arbeitet. Über diesem gibt es den kausalen Körper. Der Zweck dieser körperlichen Hüllen ist, uns in die Lage zu versetzen, in allen drei Welten zu wirken, wenn immer wir Neigung dazu haben und wenn wir es möchten, alle drei Hüllen abzulegen und in den Schoß Gottes zu gehen.

Wenn wir in diese Welt kommen, ist das größte Wissen, das wir bekommen können, dass wir nur in der physischen Form die Wahrheit oder Gott erkennen können. Wie können wir Gott erkennen? Er kann nicht durch die Sinne, das Gemüt, den Intellekt oder durch die Pranas (die Lebensenergie) erkannt werden. Wenn Gott erfahren werden kann, dann vermag das nur die Seele. Wann kann die Seele diese Erfahrung der Erkenntnis erlangen? Wenn sie sich vom Gemüt und den Sinnen befreit hat.

Wie ist der gegenwärtige Zustand der Seele? Die Seele ist ewig und kann nicht sterben, aber weil sie unter den Einfluss des Gemütes geraten ist, ist sie ein ‘Jiva‘ geworden (eine Seele mit Umhüllungen) und muss demzufolge im Kreislauf der Geburten und Tode wandern. Darüber hinaus hat sie sich durch die Verbindung mit den Sinnen und den äußeren Freuden mit dem Körper und der Welt so sehr identifiziert, dass sie ihr Wahres Selbst und Gott, den Schöpfer, vergessen hat. Wir sind die Seele in menschlicher Form, Allbewusstsein, das eine physische Umhüllung hat.

In dieser menschlichen Form können wir Gott erkennen, aber nur, wenn wir dazu gelangen, uns zuerst selbst zu erkennen. Solange wir nicht wissen, wer wir sind, können wir nicht begreifen, was Gott ist. Bedenkt, dass dieser Körper der Tempel Gottes ist und dass er seine Schönheit behält, solange die Seele in ihm ist; aber wir sind eingesperrt im Körper – eingesperrt!

In den Upanischaden wird die Frage gestellt:  Wer ist der ‘Schöpfer dieses wunderbaren Körpers?‘ Er hat zwei Augen bekommen, zwei Nasenlöcher, zwei Ohren, Mund, Geschlechts- und Ausscheidungsöffnungen, und dennoch kann der Bewohner nicht aus ihm herausgehen. Der Atem geht hinaus, aber er bleibt nicht außen. Eine Kraft stößt ihn in den Körper zurück. Diese Kraft müssen wir erkennen, und das ist die Kraft, die wir Gott nennen. Während wir im Körper sind, ist er schön, und wie lange sind wir in ihm? So lange, wie jene Kraft uns in ihm hält. Wenn diese Kraft ihn verlässt, müssen wir ihn ebenfalls verlassen. diese gleiche Kraft kontrolliert alle Schöpfungsebenen – es gibt zahllose Planeten, Sterne usw. Es ist offensichtlich, dass sie sich alle in vollendetem Rhythmus und unter vollkommener Kontrolle bewegen und nicht zusammenstoßen. Wenn sich diese Kraft von den verschiedenen Ebenen der Schöpfung zurückzieht, erfolgt die Auflösung und auch die große Auflösung.

Alle Rishis und Heiligen, ganz gleich, aus welchem Land sie waren oder welcher Kaste oder Glaubensgemeinschaft sie angehörten, haben die Menschheit mit ähnlichen Worten ermahnt: 
Brüder, dieser Körper ist euch gegeben worden, damit ihr euch selbst erkennen mögt.

Die Upanischaden und andere Schriften führen an:

Erkenne dich selbst.

Es gibt viele verschiedene Wege, das zu tun. einige Leute sagen lediglich:

Ich bin nicht der Körper;

aber bloßes Hersagen der Tatsache vermittelt nicht das Wissen darüber. Sie ziehen Schlussfolgerungen, dass sie nicht der Körper sind. Sie wiederholen:

Dies ist mein Körper, dies ist mein Gemüt. Ich bin nicht der Körper, ich bin nicht das Gemüt. Ich habe den Intellekt bekommen, aber ich bin nicht der Intellekt.

Solche Leute sollten sich auch fragen:

Wenn dies mein ist, kann ich es wegnehmen? Kann ich mich selbst davon trennen?

Man empfindet, dass man nicht der Körper, das Gemüt, der Intellekt und die Pranas ist, aber hat man sich je selbst von ihnen getrennt? Dies ist zum Beispiel meine Armbanduhr, ich nehme sie ab und lasse sie dort. Dies ist mein Taschentuch. und ich lege es beiseite. Dies ist mein Buch – ich kann es hinlegen, wohin ich will, wie alle diese Dinge, weil sie mir gehören. Dieser Körper gehört mir auch, kann ich ihn ablegen? Kann ich mich willentlich von ihm trennen?

Beim Tod trennen wir uns vom Körper, aber wenn wir ihn verlassen könnten, während wir in ihm leben, würden wir alle Dinge in der richtigen Sicht sehen. So wie es jetzt ist, sehen wir die Dinge nicht im rechten Licht und befinden uns in einer Täuschung. Wenn wir uns nicht selbst erkennen – was ich meine, ist, dass sich die Seele vom Gemüt und den Sinnen befreien und sich dadurch selbst erkennen muss – wenn das nicht geschieht, haben wir in unserem Leben nichts getan.

Etwas zu sehen ist etwas anderes, denn es ist nicht genug, den Intellekt zu benutzen, um festzustellen: ‚Ich bin nicht dies – ich bin nicht das.‘ Man mag damit den Intellekt beruhigen können, aber man kann dadurch nicht aus der Vergessenheit herausgelangen. Jene Kraft, die uns kontrolliert, die wir Gott nennen, wohnt ebenfalls in diesem Körper mit uns, aber es ist unmöglich, Gott zu sehen, solange wir uns nicht selbst erkannt haben. So seht ihr also, dass die Frage, ob wir Gott sehen oder nicht sehen können, eine ganz besondere Sache ist.

Bevor ich mit dieser Rede fortfahre, möchte ich erklären, dass es sich bei dieser Spirituellen Wissenschaft nicht um irgendeine besondere Sekte oder Religionsgemeinschaft handelt. Zu welcher Religion ihr auch immer gehört, ich gratuliere euch dazu, und ihr solltet in ihr bleiben. Alle Religionen sind wie Schulen, in die wir aufgenommen worden sind. Was war der Grund für unsere Aufnahme? War es nicht, um Gott zu erkennen? Natürlich ist jene Schule die beste, bei der mehr Jungen den Abschluss erreichen. Angenommen, eine bestimmte Schule ist sehr gut gebaut, mit wunderbaren Spielplätzen und gefälligen Uniformen für die Jungen zum Tragen, aber kein Junge erreicht auf dieser Schule den Abschluss – welches ist dann ihr Nutzen?

Wie kamen all die verschiedenen Religionen zustande? Immer, wenn ein Mensch mit Selbsterkenntnis und Gotterkenntnis kam, der sich vom Gemüt und den Sinnen getrennt und den Herrn erfahren hatte. Gerade, wie ich euch sehen kann und ihr mich sehen könnt, so sahen sie Gott. Wer immer in einen Kontakt mit ihnen kam, wurde fähig, das gleiche zu sehen, nachdem er sich selbst vom Gemüt und den Sinnen befreit hatte. Ich habe gerade ein Beispiel gegeben über meinen Körper, mein Gemüt und dass man sich darüber erheben muss, um den Herrn zu erfahren. Auf diese Weise wurden sie diejenigen, die den Lebenserhalter sehen konnten. Wenn sie die Welt verließen, wurden die Religionen gegründet, um ihre Lehren lebendig zu erhalten, aber sie selbst hatten bis zu diesem Zeitpunkt keine Glaubensgemeinschaft oder Religion gebildet.

Der Wahre Grund, eine Glaubensgemeinschaft zu bilden, war, jeden in die Lage zu versetzen, Gott zu erkennen, wie es der jeweilige Meister sie gelehrt hatte. Ist das nicht so? Der Mensch ist ein Gemeinschaftswesen und so wurden die sozialen Organisationen oder Gemeinschaften gebildet. Als jedoch die Glaubensgemeinschaften entstanden, wurden auch Bräuche, Riten und Rituale eingeführt, und diese gehören zu Apara Vidya oder zum äußeren Wissen. All dies ist als Vorbereitung des Bodens nützlich. Wenn jemandes Taten gut sind, dann wird er eine Belohnung erlangen. Aber der Kreislauf von Leben und Tod wird auf diese Weise nicht aufhören. Er kann nur beendet werden, wenn man fähig ist, zu sehen, dass Er der Handelnde ist und nicht ich. Wenn ein Mensch fortfährt, anzunehmen, dass er alles tut, dann wird er alles, was er sät, ernten und gute Taten werden gute Frucht bringen und schlechte Taten schlechte Frucht. Lord Krishna sagte, dass beide Arten von Karma wie goldene oder eiserne Ketten sind, welche uns binden.

So ist es eine Sache der Selbstanalyse auf eine praktische Art, und wenn man dahin gekommen ist, sich selbst zu erkennen, nur dann wird man Gott sehen. Wenn wir denken, dass wir etwas sehen und verstehen, sehen wir es in Wirklichkeit nur durch die Augen von irgendeinem früheren Meister indem wir Seine Worte in den Schriften lesen. Sie sagen alle:

Wir haben Gott gesehen.

Haben wir Ihn auch gesehen? Dies ist die Frage, die wir uns selbst vorlegen müssen.
 
Wenn man ein kleines Kind fragt:  ‚Wer bist du?‘ ist es verwirrt, öffnet seine Augen und den Mund weit und versucht, sich zu konzentrieren. Es hat ein Wahrnehmen der Bewusstheit, aber sowie es älter wird, üben die Sanskaras oder äußeren Eindrücke ihren Einfluss aus. Dann beginnt es zu sagen: ‚Ich bin Singh, Khan, Jones, Smith usw.‘ Frage es ein paar Jahre später, und es wird sagen:  ‚Ich bin ein Hindu, ein Christ, ein Moslem, ein Buddhist, ein Jain, usw.‘ Ist das nicht Vergesslichkeit? Ein kleines Kind ist sich seiner Wahren Natur mehr bewusst.
 
Wer sind wir? Wir sind bewusste Wesenheiten. Alle Meister der Vergangenheit haben gesagt, dass wir uns selbst erkennen und dann darüber nachdenken sollten, wie wir zur Erkenntnis der letzten Wirklichkeit gelangen können. Wenn immer die Meister kommen, sagen sie uns:

O Mensch, dieser Körper wurde dir durch ein großes Glück gegeben.

Die‘ ‘Devi‘ und ‘Devta‘, die Beherrscher der verschiedenen oberen Regionen, strebten danach, in eine menschliche Form zurückzukommen – wie begünstigt sind wir daher, sie zu haben, nach der sich solche erhabenen Seelen sehnten.
 
Haben wir Gott erkannt? Wenn es so ist, ist es gut; aber wie viele können sagen, dass sie sehen und auch ander ein die Lage versetzen können, das Licht Gottes zu sehen Es sind sehr wenige. Wir haben bloßes Buchwissen oder wissen vom Hörensagen. Die Größe eines Meisters liegt in der Tatsache, dass Er sieht und anderen das zeigen kann, was Er sieht. Wie? Er zieht unsere Aufmerksamkeit von der äußeren Umgebung zurück und erhebt sie über das Gemüt und die Sinne. Dann lässt Er uns erkennen, dass wir nicht der physische Körper sind. dass wird Innere Erfahrung genannt. Durch den Intellekt haben wir erklärt, dass wir nicht der Körper sind, aber in Wirklichkeit müssen wir die Tatsache sehen und es nicht lediglich nur sagen. Wir müssen uns selbst von den physischen, astralen und kausalen Körpern trennen. Wenn man sich über alle drei erhebt, wird man erkennen:

Ich bin die Seele.

Dann ist man fähig, die kontrollierende Kraft, genannt Gott, zu sehen. Selbst allein das Erheben über den physischen Körper wird die Erkenntnis bringen:

Nicht ich bin es, sondern Er ist der Handelnde.

Es ist sehr wichtig, diese praktische Erfahrung zu haben. Unsere Gemüter sind wie riesige Bibliotheken voller Bücher, die die Worte der früheren Meister enthalten, in denen geschrieben steht, dass dieser Meister dies gesagt hat und ein anderer jenes. Ohne Zweifel haben alle Meister die Wahrheit gesprochen, und sie schrieben, was sie sahen, aber haben wir irgendetwas gesehen? Haben wir tatsächlich das Leben von der Materie getrennt? Worte können einen leeren Magen nicht füllen. Die Nahrung für die hungrige Seele ist das Heilige Naam (die zum Ausdruck kommende Gotteskraft), und die Nahrung für den Körper ist Brot und Wasser. Nahrung für den Intellekt ist Lesen, Schreiben und Schlussfolgern. Selbst jene, die aufrichtig Gott durch Bücher zu verstehen suchen, sind wenige an der Zahl. Also werden uns weder Gefühle und Empfindungen noch Schlussfolgerungen helfen.
 
Es gibt eine Kontrollierende Kraft, die Gott genannt wird. Heilige oder Meister haben jene Kraft Naam (Name) genannt. Dieses Naam ist die Kontrollierende Kraft oder die sich zum Ausdruck bringende Gotteskraft.
 
Es ist jene Kraft, die uns erhält und uns an diesen Körper gebunden hat. Die früheren Meister haben in den Büchern die helfenden Faktoren und die Hindernisse auf dem Spirituellen Pfad zum Ausdruck gebracht. Solche Bücher sind höchst wertvoll, und wir sind gesegnet, dass wir über ihre Erfahrungen lesen können. Wenn man jedoch zu einem geht, der sieht, wird Er sagen:

Komm, setze dich hin und ich werde dir zeigen, was ich gesehen habe, 

und das ist etwas völlig anderes. Es hat immer nur sehr wenige solche Spirituellen Meister auf der Welt gegeben, und selbst jetzt gibt es nicht viele. Die Welt ist jedoch nicht ohne sie. Und dem Intellekt Nahrung zu geben, kann man viele Meister finden. Offen gesagt, wie kann ein Mensch irgend jemandem Licht geben, wenn er sich nicht von der Täuschung freigemacht hat? Er wird sagen, ‚dass es entweder dies oder das ist‘ – aber was ist es in Wirklichkeit? Niemand kann eine Erfahrung geben, solange er nicht selbst verbunden ist und …

niemand weiß, wer der Sohn sei, denn nur der Vater, noch wer der Vater sei, denn nur der Sohn und wem es der Sohn will offenbaren.

Lukas 10:22

Dies sind die Tatsachen über Wahre Meister. Sie fragen ebenfalls: ‚Wie entstand euer Körper?‘ Habt ihr je darüber nachgedacht? Nur aus einem kleinen Samen. Und welches ist die eine Kraft, die die Form im Schoß der Mutter bildet? Die Augen werden geschaffen, die Nase, das Haar usw., alles wird vollkommen geschaffen. Ist da nicht irgendeine Kraft, die das alles macht? Es muss auch eine Kraft geben, einen Schöpfer dieser Welt. Haben wir diese Kraft gesehen? Denkt nur, es gibt Millionen von Sternen am Himmel, und unter welch rhythmischer Kontrolle bewegen sie sich! Es gibt einige Planeten, die vom Menschen erst nach einem Zeitraum von fünftausend Jahren gesehen werden. Wenn man das alles bedenkt, schwirrt einem der Kopf!

Diese Sterne stoßen nicht zusammen, weil eine Kraft da ist, die sie in ihren genauen Positionen hält. Die gleiche Kraft erhält uns. Was ist diese Kraft? Die Meister sagen, dass man die Antwort auf dieses große Mysterium wohl haben möchte und sie auch bekommen kann, aber man muss sich zuerst selbst erkennen.

Kabir Sahib, ein früherer Meister, sagte, dass es keinen Unterschied zwischen der Seele und Gott gibt. Gott ist Allbewusstsein, und die Seele ist ein Tropfen jenes Bewusstseins. Mit nur einem Gedanken jenes allmächtigen Bewusstseins wurden Millionen Welten erschaffen. Unsere Seele ist auch sehr mächtig, aber kann sie auch nur eine kleine Stadt erschaffen? Welches ist der Grund dafür? Auch wir sind Mikro-Götter, aber wir sind so schwach und hilflos geworden. Wir sind unter den Einfluss des Gemüts und der Sinne gekommen und unsere ganze Kraft ist äußerlich zerstreut. Wenn wir sie nur beherrschen, sie zurückziehen und uns vom Gemüt und den Sinnen befreien könnten, um uns auf einen Punkt zu konzentrieren, dann würde unsere Seele sehr mächtig sein. Dies ist ein praktisches Thema. Wir haben eine solche Kraft bekommen, dass wir auch andere stark machen könnten, aber wir sind der Körper geworden, wir sind die Sinne und das Gemüt geworden. So haben alle Meister wieder und wieder gesagt:

Mensch, erkenne dich selbst.

Kabir Sahib und Tulsi Sahib haben mit fast den gleichen Worten gesagt, dass Gott und die Seele ein und dasselbe sind. Die Seele ist ewig – der Surat oder die Aufmerksamkeit ist voll der Wonne, wie Gott es ist. Sie ist vom gleichen Wesen wie Gott, sie ist in einem Miniaturausmaß eine Widerspiegelung Gottes. Ich werde euch ein Beispiel geben, um das zu illustrieren. Wir haben viele Male geholfen, Tote zum Krematorium zu bringen, indem wir sie auf unseren Schultern trugen, und vielleicht haben wir das Feuer mit unseren eigenen Händen entzündet, aber dennoch scheinen wir nicht einsehen zu können, dass auch wir gehen müssen. Warum ist das so? Weil dieser Körper die Widerspiegelung Gottes in sich birgt. Wenn ein großer Dummkopf unter anderen Dummköpfen ist, wird er denken, dass es keinen Klügeren gibt als ihn – wegen der Widerspiegelung Gottes in ihm. Jeder ist ewig in sich selbst, weil er der gleiche ist wie Gott. Die Meister sagen, dass wir so sehr in Gott sind, dass unsere Seele in Gott ist und Gott in unsere Seele.

Wenn wir einen Spirituellen Meister finden, beginnen wir zu verstehen, was Sat oder die Wahrheit ist. Er gibt uns eine Erfahrung vom Jenseits. Eine Erfahrung bedeutet, dass er uns vom Gemüt und den Sinnen befreit und uns Sehen macht, wer wir sind – nicht durch den Intellekt oder die Gefühle. Zuerst sollten wir wissen, wer wir sind. Wir sind bewusste Wesenheiten. Wir sind die Kinder eines Löwen und haben große Kraft, aber wir haben uns schwach und hilflos gemacht. Ein anderes Beispiel: Die Sonnenstrahlen verbrennen uns nicht, aber wenn wir sie durch eine Konvex-Linse lenken, werden diese Strahlen gesammelt und können alles verbrennen, worauf sie fallen. Sie haben wir diese Kraft von Gott erhalten, aber sie ist nicht gesammelt.

Wenn sie konzentriert ist, kann sie das Sprachrohr Gottes werden. Alle Meister haben Guru Nanaks Worte bestätigt:

Nicht ich bin es, der spricht, sondern ich sage, was mich Gott zu sagen veranlasst.

Sie werden zum Sprachrohr Gottes. Hazrat Mussa, ein Moslem-Prophet, hat gesagt:

Ich spreche nicht, aber was immer Er will, dass ich sage, jene Worte spreche ich aus.

Sie werden die Bewussten Mitarbeiter des Göttlichen Planes und sehen in aller Klarheit, dass Gott alles tut, wodurch sie wissen, dass nicht sie selbst die Handelnden sind.

Wir sagen auch, dass wir nicht die Täter sind, aber wir sehen nicht die Tatsache. Es spielt keine Rolle, wie oft wir dies erklären, denn am Ende werden wir noch empfinden, dass wir alles tun – wir können es nicht glauben. Wir müssen diese Ichhaftigkeit brechen, sonst werden wir nichts erreichen.

Karmas oder Handlungen fallen unter die Rubrik Karma Yoga, was Gebundensein durch unsere eigenen Handlungen bedeutet. Wie können wir handeln, ohne eine Rückwirkung zu verursachen? Nur, wenn wir tatsächlich sehen, dass nicht das Selbst der Handelnde ist, sondern Gott. Es ist nutzlos, nur zu sagen: ‚Ich tue es nicht, ich tue es nicht.‘ – wer tut es? In den tiefsten Tiefen des Gemüts denken wird, dass wir die Handelnden sind; und während dies fortdauert, müssen wir weiter für unsere Handlungen bezahlen. Wenn man einen Chilli-Samen sät, wird die Pflanze, die sich entwickelt, Hunderte von Chillies tragen. Gleicherweise wird man, wenn man einen Mango-Sämling in den gleichen Boden pflanzt, Mangos bekommen. Folglich kommt aus dem gleichen Boden die Schärfe der Chillies und die Süße der Mangos. Von allem, was man sät, wird man die gleiche Frucht annehmen müssen, und es gibt für niemanden ein Entkommen, solange man nicht in der Handlung frei von der Rückwirkung wird. Nur der Mensch, der sich der Inneren Erfahrung des Heiligen Naam erfreut, wird sehen, dass Gott und nicht er alles tut. Er wird dann ‘neh-karma‘ genannt, was handlungsfrei in der Handlung als ein Bewusster Mitarbeiter der Kraft Gottes, in Übereinstimmung mit dem Göttlichen Plan, bedeutet.
 
Ein Moslem-Heiliger sagte, dass das große Unrecht, das wir uns selbst angetan haben, nicht einmal von einem getan werden könnte, der nur ohne Augen ist, sondern der auch blind im Denken ist. Das Unrecht ist, dass wir den Eigentümer dieses Hauses vergessen haben – uns selbst, die Seele, die Bewohnerin des Körpers. Das, was uns im Körper kontrolliert, wird Gott genannt; so wohnen beide,
Gott und die Seele, im gleichen Haus. Wenn einer die Wahrheit zu sehen beginnt, wird die Ichheit von seinem Gemüt abfallen. Wir haben uns selbst in der Maya (der Täuschung) der Vergessenheit verloren, die begann, als wir uns des physischen Körpers bewusst wurden. Dieses Bewusstsein des Körpers entwickelte sich schnell zur Bejahung des Körpers als unserer Identität. Von da an betrachteten wird die Welt von der Ebene des Körpers aus.
 
Nun, der Körper verändert sich, und die Welt verändert sich mit ganz genau derselben Geschwindigkeit. Nachdem wir uns entschieden haben, dass wir der Körper sind, glauben wir, dass dies die Wahrheit ist und dass sich nichts ändert. Was für eine große Vergesslichkeit! Die Gebildeten und Ungebildeten, die Reichen und die Armen, alle sind gleichermaßen betroffen. Zum Beispiel treibt ein Boot mit einer Anzahl Menschen auf einem Fluss. Die Geschwindigkeit des Bootes und des Wassers ist gleich. Ein Mann steigt aus und steht am Ufer. Er ruft:

O Brüder, steigt schnell aus, denn das Boot treibt abwärts!

Die Leute starren auf das Wasser und auf das Boot und finden, dass sie stillstehen, so rufen sie zurück:

Welchen Unsinn redest du? Wir bewegen uns überhaupt nicht!

Wenn wir nur aus unserem ‘weltlichen Boot‘ herauskommen und sehen würden, dass wir in Wahrheit abtreiben! Die Meister sagen uns: ‚Ihr baut Burgen aus Sand‘, denn sie haben die Wahrheit gesehen, und wir ziehen nur Schlussfolgerungen.
 
Jene, die gesehen haben, fahren fort, mit solchen Worten zu mahnen:

Ihr seid die Seele, ein Teil Gottes, der in euch wohnt. Durch die Täuschung des Körpers wurdet ihr auch materiellen Dingen verhaftet, und das Ergebnis ist, dass ihr das werdet, worauf immer eure Aufmerksamkeit ruht. Ihr seid unter dem Einfluss des Gemütes und der Sinne; durch die nach außen gehenden Kräfte nährt ihr die Sinne, und je mehr ihr sie nährt, desto stärker wird das Gemüt arbeiten und desto stärker wird es werden.

Da das Gemüt die Seele umgibt, muss die Seele die Folgen tragen und leiden. Es ist wahr, dass die Seele niemals stirbt, aber weil sie an das Gemüt gebunden ist, ist sie verantwortlich. Dieser Knoten muss gelöst und dann wird sie wissen, wer sie wirklich ist. Dieses menschliche Wesen ist tatsächlich beides, Aufmerksamkeit und erwachte Aufmerksamkeit. Der äußere Ausdruck der Seele wird Surat – Aufmerksamkeit oder Dhyan – genannt.

Es besteht kein Zweifel, dass wir diese menschliche Form durch eine sehr weise Vorsehung erhalten haben. In dieser Form und in keiner anderen können wir jene große Arbeit vollbringen. Was ist das für eine große Arbeit? Gott zu erkennen. Wir wissen so viel über den Körper, wie wir ihn gesund erhalten und wie er krank wird. Es gibt so viele Arten von Ärzten, die sich um ihn kümmern. Die ayurvedische Medizin ist die älteste, dann kam Unani und danach das allopathische System, die Homöopathie, Elektrizitäts- und Strahlen-Behandlung. Naturheilkunde usw. Darüber, wie man den Körper gesund erhält, besitzen wir umfangreiche Kenntnisse.

Intellektuell sind wir ebenfalls mit erstaunlichen Schritten vorangekommen. Ein Hund hat die Welt in eineinviertel Stunden umkreist. Über Tausende von Meilen können wir über Radio und Fernsehen Dinge hören und sehen. Da Dharitrashtra den Verlauf auf dem Schlachtfeld während des Mahabharata-Krieges nicht verfolgen konnte, übermittelte Sanjay, ein Ratgeber, dem König die Begebenheiten in dessen Palast, der viele Meilen entfernt war. Dies beweist, dass es in jener Zeit Radio und Fernsehen gab; aber die ganze fortschrittliche Wissenschaft wurde in jener großen Schlacht zerstört; und der Prozess des Lernens musste von Neuem beginnen. Tag für Tag wird die Welt kleiner durch die Fähigkeiten des Verstandes. Kürzlich soll ein Flugzeug konstruiert worden sein, das in wenigen Stunden von Amerika nach Indien fliegen kann. Man kann in Amerika frühstücken und in Indien zu Mittag essen. Die Frage jedoch ist, hat uns dies alles irgendein Glück gebracht? Ganz bestimmt nicht, doch aus welchem Grund? Unser dritter Teil, die Seele, ist äußerst schwach. Wir sind wahrlich die Verkörperung des Bewusstseins, aber da wir unsere Identität in der Vergessenheit verloren haben, sind wir mit dem Körper eines geworden und betrachten alle Dinge von dieser Ebene aus. Das Ergebnis ist Bindung.

Diese menschliche Form ist auch als eine Ebene des Handelns bekannt. Christus sagte:

Wie ihr sät, so werdet ihr ernten.

Alle Meister haben das gleiche in ihrer jeweiligen Sprache gesagt.

Guru Nanak sagte:

Dieser Körper ist das Feld von morgen – was immer ihr sät, das müsst ihr ernten.

Tulsi Sahib sagte:

Ihr werdet die Früchte eurer Handlungen, so zu kosten bekommen, wie ihr sie pflanzt.

Jene, die das Rätsel gelöst haben, müssen immer wieder das gleiche Thema wiederholen, denn die Wahrheit ist eine. Alle Spirituellen Aspiranten sollten dieses Leben als ein Feld betrachten und sorgfältig säen, was immer sie zu ernten wünschen.

Wie ich vorher schon erwähnte, handelt es sich hier nicht um eine besondere Kaste oder Glaubensrichtung. Wir haben den ersten Schritt getan, indem wir in eine Schule eingetreten sind. Ich gratuliere euch dazu, und es spielt keine Rolle, welcher Gedanke euch dazu bewegt hat, diesen Schritt vorwärts zu tun, um Gott zu erkennen. Ihr solltet nun euer Bestes tun, um Erfolg zu haben. Aus einem guten Grund wird dieser Ashram Ruhani Satsang genannt, was Spirituelle Schule bedeutet. Es besteht keine Notwendigkeit, irgendetwas zu ändern, weder Religion, Name, äußere Erscheinung usw. Nachdem der erste Schritt getan ist, sollte der zweite der sein, den ‘Wahren  Handelnden‘ zu sehen, damit ihr von den Handlungen frei werdet. Gute Taten werden ohne Zweifel ihren Lohn bringen, aber ihr werdet immer noch ein Gefangener sein. Vielleicht werden einige in ein Gefängnis der Klasse A gehen, einige in eines der Klasse B und einige in eines der Klasse C. Einige mögen die Freuden dieser Welt bekommen und manche die der anderen Welten. Himmel und Hölle werden immer wieder kommen, denn dieser Kreislauf kann nicht gebrochen werden, solange man von der Täuschung frei wird.
 
Eine Heilige, Sehjo Bai, sagte, dass alle lebenden Gattungen des Landes, des Wassers und der Luft unter dem Gesetz des Karmas stehen. Blickt nur auf die niedrigeren Erscheinungsformen des Lebens, zum Beispiel einen Hund. Einige Hunde verhungern, weil sie nicht einmal ein Stück Brot haben, und um andere kümmern sich zwei oder mehr Diener wie um einen Prinzen, um für sie zu sorgen. Seht das Leben eines Kamels, durch seine durchbohrte Nase wird ein Strick gezogen, mit dem es geführt wird. In der Wüste wird es von einem Ort zum anderen gezogen, sei es sehr heiß oder sehr kalt, und es muss all dies ertragen. Nehmt den Esel, der soviel Last auf seinen Rücken aufgeladen bekommt und mit einem Stock vorangetrieben wird. Wenn er müde ist, wird er gezogen und zur Arbeit gezwungen. Die ganze Welt ist in einem jämmerlichen Zustand, alles durch das Ergebnis des Karmas.
 
Die menschliche Form ist durch die Seele darin die höchste in der ganzen Schöpfung und gilt als die Form, die Gott am nächsten kommt. Sie ist Gott am nächsten, ein Teil Gott, sie hat die gleiche Natur, ist selbst eine bewusste Wesenheit und trotz allem dennoch voller Elend. Nachdem sie sich an das Gemüt gebunden hat, ziehen die Leidenschaften und Bindungen der Sinne sie von einem Ort zum anderen. Die Freuden der Welt beherrschen die Sinne, die Sinne beherrschen das Gemüt, und das Gemüt beherrscht den Intellekt. Dieser Vorgang wird ‘Kam‘ (leidenschaftliche Wünsche und andere Begierden) genannt. ‘Kam‘ bedeutet aber auch Arbeit; und wenn wir dieses Verlangen umdrehen und uns mit der entgegensetzten Art von Arbeit beschäftigen, werden wir den Wahren Frieden des Daseins finden. Ein Wahrer Meister betet immer:

O Herr, halte meinen Verstand unter Deiner Kontrolle.

Gegenwärtig ist das ganze System verkehrt, denn das Pferd sollte den Wagen ziehen; aber statt dessen ist der Wagen vorne. Die Seele sollte dem Gemüt Kraft geben, wann und wie sie es will, aber das Gemüt, der Intellekt und die Sinne stehlen die Kraft, wobei die Seele ihr hilfloser Sklave ist. Alles ist verkehrt. Deshalb haben die Meister dazu geraten: ‘Erkenne dich selbst‘, denn das ist der einzige Weg, um das Übel an der Wurzel zu treffen. Seid ihr imstande, eure Sinne zu beherrschen und sie zu veranlassen, nur das zu tun, was ihr wollt, indem ihr ihren Handlungen Einhalt gebietet, wann immer ihr es wollt? Habt ihr diese Stufe erreicht? Ein bestimmter Teil der Maschinenanlage hat einen elektrischen Motor, der mit dem Kraftwerk verbunden ist. Diese Maschine enthält viele Teile, und man kann jeden in einer Sekunde abschalten. Gleicherweise sollten wir unser Wesen unter Kontrolle haben und fähig sein, unsere ganze ‘Maschinerie‘ abzuschalten, wenn wir es wollen.
 
Manchmal sehen wir mit offenen Augen nicht, und mit offenen Ohren hören wir nicht. Viele Leute haben dies erfahren. Wir mögen tief in Gedanken sitzen und jemand ruft einmal, zweimal, dreimal, aber wir hören kein Wort. Zuletzt, wenn die Person sagt: ‚Ich habe dich gerufen, warum hörst du mich nicht?‘ wird die Antwort etwa so lauten: ‚Meine Aufmerksamkeit war irgendwo anders.‘ Die Aufmerksamkeit wirkt dort, worauf immer sie gerichtet ist. Wenn die Aufmerksamkeit nicht bei den Ohren ist, werden wir keinen Ton hören. Die Ohren mögen uns gehören, aber wenn wir ihnen kein Leben geben, sind sie wie tot. Manchmal sind unsre Augen offen und jemand geht an uns vorbei, aber wir sehen ihn nicht. Jemand mag neben uns sitzen und nach einer Weile aufstehen und gehen; und wir wissen nicht einmal, dass der überhaupt da gewesen ist. Irgend etwas, mag hinter unserem Rücken geschehen, aber wir können es nicht sehen, weil unsere Aufmerksamkeit nicht dort ist, unsere Augen sind nicht dorthin gerichtet. Wenn wir aufmerksam nach vorne schauen, können wir sehen. Dies alles zeigt an, da wir als die Seele allem Kraft geben.
 
Wir können uns selbst unter Kontrolle bringen, wenn wir uns nur von den nach außen gehenden Kräften zurückziehen, denn die Welt zieht uns an, solange unsere Aufmerksamkeit auf sie gerichtet ist. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit zurückziehen und wissen, was wir sind, dann werden wir fähig sein, Gott in uns zu sehen.
 
Die überfließende Feder Gottes schreibt unser Schicksal gemäß unseren gegenwärtigen und vergangenen Handlungen; welche Saat wir also immer gesät haben, derart wird die Frucht sein. Wenn wir die zum Ausdruck kommende Gotteskraft sehen können, kann diese Saat, selbst nachdem sie gesät wurde, zerstört werden, indem man sich des Göttlichen Planes bewusst wird.
 
Es gibt viele Arten von Karmas oder Handlungen. Unsere täglichen Handlungen sind eine Art – das sind die neuen Saaten, die wir säen. Als wir diese menschliche Form erhielten, kam dies durch  Pralabdha oder das Schicksals-Karma. Einige Menschen sind arm, andere reich, manche sind glücklich und andere unglücklich, und all dies gemäß dem Pralabdha oder der Bestimmung für einen jeden. Es gibt auch jene Karmas, Sanchit genannt, welche die Summe der Taten aus den vielen vergangenen Leben sind, die auf Vorrat liegen und über unserem Kopf schweben.

Es wird gesagt, dass König Dharitrashtra, als er gefragt wurde, was er getan habe, dass er von Geburt an blind sei, erklärte, dass er durch Yogi-Kräfte wisse, dass er bis zu hundert Leben zurück nichts getan hätte, was solch ein Leiden verursacht hätte. Dann gab ihm Lord Krishna Kraft, wodurch er fähig wurde zu sehen, dass er zurückgerechnet im 106. Leben jene Tat begangen hatte, für die er jetzt mit seiner Blindheit bezahlte. Dies zeigt uns, dass die Last über unserem Kopf schwer von den Karmas der vielen vergangenen Leben ist. Wir können nur von diesen Sanchit-Karmas frei werden, wenn wir eine menschliche Form bekommen und Erfolg haben, die Wirklichkeit innen zu sehen. Ansonsten wird das Konto bleiben, und wir werden fortfahren, es zu vergrößern.

Wenn die Meister kommen, wickeln sie unsere Karmas ab. Wie machen sie das? Indem sie einen Strich unter die Rechnung ziehen und uns anweisen, in Zukunft weitere Verstöße zu unterlassen. Sie empfehlen den lieben Suchern, sich den Weg des Wahren Lebens zu eigen zu machen: lügt nicht, betrügt und stehlt nicht, erschleicht euch nichts oder beutet niemand zum Eigengewinn aus.
 
Am Wichtigsten ist, wahrhaft zu sein: Wenn ihr das Mahabharata-Epos gelesen habt, werdet ihr wissen, dass den fünf Pandava-Prinzen, als sie zur Schule gingen, einmal von ihrem Lehrer Dronacharya eine Lektion aufgegeben wurde, nur die Wahrheit zu sprechen und zu leben. Am nächsten Tag kamen vier der Prinzen zur Schule, aber der fünfte, Yudishtra, besuchte sie nicht. Nach vier oder fünf Tagen des Fernbleibens fragte der Lehrer:

Warum kommt er nicht?

Eine Nachricht wurde an Yudishtra gesandt, der die Antwort zurückschickte:

Ich studiere die Lektion, die Ihr mir gegeben habt.

Nach vielen Tagen kam er zur Schule und berichtete:

Ich habe diese Lektion über die Wahrheit gelernt.

Dies ist wahrhaftig der Weg, zu lernen. Es wird gesagt, dass er sein ganzes Leben hindurch niemals eine Lüge sprach.
 
Die Meister sagen, dass man ein Wahres Leben führen sollte und ebenso auch ein reines Leben in Gedanken, Worten und Taten. Alle Menschen sind die Tempel Gottes, in denen Gott wohnt. Alle sind Seine Kinder, und so sollten wir niemals auf irgendjemand mit Hass oder Missfallen hinabsehen. Durch ihre Karmas sitzen manche Menschen auf Stühlen, während andere herumlaufen, um Stühle für sie zu bringen. Sehr oft steige einem Menschen, weil er gelehrter oder reicher ist oder Machtbefugnisse hat, dies wie Wein zu Kopf, und er beginnt, auf andere herabzusehen. Dies sollte nicht geschehen.
 
Die Meister sagen uns auch, dass wir, da Gott in jedem Menschen wohnt, untereinander selbstlosen Dienst leisten sollten. Wenn jemand physisch krank ist, kümmert euch um ihn. Wenn Menschen hungrig oder durstig sind oder keine Kleider haben, dann teilt mit ihnen, was immer ihr besitzt. Wir sollten niemand mit Gedanken, Worten und Taten verletzen.
 
Gedanken sind sehr mächtig. Es gibt eine Geschichte von König Akbar, der einen Minister mit dem Namen Birbal hatte. einmal erzählte Birbal dem König, dass Gedanken sehr mächtig seien. und was immer man auch denke, dies den anderen beeinflussen würde. Der König forderte, dass Birbal das beweisen sollte; und so geleitete Birbal ihn zur Straße, und sie gingen aus der Stadt. Des Königs Kopf war dabei unbedeckt. Als Birbal einen Mann auf sie zukommen sah, sagte er:

Eure Majestät, denkt etwas über diesen Mann.

Der König äußerte kein Wort, sondern dachte bei sich:

Ich möchte ihn erschießen.

Als der Mann näher kam, sagte der König zu ihm:

Sprich ehrlich, und es wird dir alles vergeben, was du sagst, aber sage mir, was dachtest du, als du mich sahst?

Der Mann antwortete:

Die Wahrheit ist, Eure Majestät, dass ich, als ich Euren unbedeckten Kopf sah, ihn mit meiner Faust zerschmettern wollte.

Dies war das Ergebnis eines Gedankens.

Man sollte niemals irgendjemanden in Gedanken angreifen, und selbst mit der Zunge sollte man nichts Ungutes über jemand sagen. Durch unsere Handlungen sollten wir nichts Böses tun. Wenn wir wirklich Gott erkennen wollen, sollten wir bedenken, wie unwahrscheinlich es ist, dass Er uns erscheinen wird, wenn wir Seinen Kindern Schaden zufügen. Welcher Vater würde das tun?

Wenn die Meister kommen, stören sie die Pralabdh-Karmas nicht, obwohl sie es in einer Weise doch tun: Sie beginnen der Seele Nahrung zu geben. Um die physische Form zu ernähren, müssen wir essen und trinken. Um den Intellekt zu stärken, lesen, schreiben und denken wir. Alle diese Worte sind Nahrung für den Intellekt. Die Seele wird nur mit dem Brot des Lebens ernährt, das eine Erfahrung des Jenseits ist. Mit solch einer Nahrung wird die Seele sehr stark, und obwohl Unglück und Sorgen kommen mögen, wird das keine große Wirkung haben.

O Höchster Meister, was hat es für einen Zweck, dich meinen Lehrer zu nennen, wenn meine Karmas nicht ausgelöscht worden sind?

Das Werk eine Gurus ist es, die Karmas abzuwickeln. Es wird auch gesagt:

Was hat es für einen Zweck, bei einem Löwen Schutz zu suchen, wenn einen selbst das Heulen eines Schakals ängstigen kann?

Das Werk eines Gurus ist sehr wichtig – diese Aufgabe kann kein anderer übernehmen. Nur ein Wahrer Guru kann das tun, weil Gott durch ihn wirkt – weil seine Seele eins mit Gott ist und er das Sprachrohr Gottes geworden ist. Es gibt keinen Unterschied zwischen ihm und Gott.

Vollkommene Heilige zeigen uns immer einen Weg, unser Leben so zu führen, dass wir von der Gebundenheit befreit werden, so dass wir nie mehr in diese Welt zurückzukehren brauchen. Sie lehren uns, feste Schuhe zu tragen, dass uns die Dornen auf unserer Lebensreise nicht stechen können.

Es gibt zwei Arten von Meistern, die kommen: Die einen werden Sants oder Heilige genannt, die anderen Avatare. Beide wirken mit der gleichen Kraft, so, wie die Elektrizität uns Feuer und Eis geben kann, obwohl die Quelle die gleiche bleibt.

Die Avatare erklären:

Immer, wenn es viel Sünde auf der Welt gibt und die Rechtschaffenheit schwindet, erscheine ich.

So könnt ihr sehen, dass das Wirken dieser Kraft unterschiedlich ist. Sie sind nicht durch Karma gebunden, sondern kommen nur für einen großen Zweck. Das ist der Grund, weshalb empfohlen wird, nicht über die äußere Form des Meisters zu meditieren, sondern über die Wahre Form des Meisters – das fleischgewordene Wort. Das Werk der Avatare ist derart, dass sie manchmal ein Schwert in die Hand nehmen müssen, um ihre Aufgabe der Bestrafung der Gottlosen und der Aufrechterhaltung der Rechtschaffenheit durchzuführen. Sie müssen die Welt im rechten Gleichgewicht halten.

Die Heiligen sagen:

Wer auch immer zu mir kommt, den werde ich wieder mit Gott verbinden.

Der Unterschied zwischen Heiligen und Avataren kann weiter dargelegt werden, wenn man als Vergleich einen Herrscher nimmt, der einen Vizekönig hat, der die Angelegenheiten eines seiner Länder regelt, und einen Oberbefehlshaber über die Armee. Diese beiden Männer haben eine verschiedene Art, die Dinge abzuwickeln. Der Vizekönig wird niemals irgendjemand direkt befehlen, sondern sagen:

Im Namen des Herrschers gebe ich euch die Anweisung, dies zu tun, 

während der Oberbefehlshaber sagen wird:

Ich befehle euch, zu schießen.

Der letztere weiß, dass er dem Herrscher untersteht, aber vollkommene Herrschaft über die Armee hat, Beförderung oder Degradierung bestimmen kann und niemals irgendeinem erlauben wird, seinen Zuständigkeitsbereich zu verlassen. Der Vizekönig befielt niemals, sagt jedoch, dass er die Wünsche des Herrschers verkündet.

Kabir Sahib sagt:

Ich kenne die Wahrheit, aber ich bin gekommen, um euch die Wünsche meines Herrn mitzuteilen.

Avatare verbessern also die Lage der Welt, indem sie Strafe und Belohnung austeilen, und Sants gewähren die Erlösung. Es gibt viele Gefängnisse in der Welt, und nehmen wir an, ein Mann besucht eines von ihnen und hält eine erhebende Ansprache an die Insassen. Er bemerkt den Mangel an gutem Essen dort, und so trifft er Vorkehrungen, das Essen auf seine eigenen Kosten zu verbessern. Ein anderer Mann besucht das gleiche Gefängnis und sieht, dass die Kleider der Gefangenen zerrissen und zerlumpt sind; er stellt freundlicherweise große Mengen neuer Kleidung für ihren Gebrauch zur Verfügung. Ein dritter Besucher findet, dass die Zellen der Gefangenen dunkel und unbelüftet sind, und so stellt er freiwillig Mittel zur Verfügung, um die Gebäude zu erneuern und bessere Quartiere zu schaffen. All diese Dinge haben das Leben der Gefangenen in hohem Maße verbessert, aber leider sind sie noch Gefangene.  Zuletzt kommt noch ein Mann, und er öffnet die Gefängnistore und sagt:

Ihr seid alle frei, ich befreie euch.

Wer, glaubt ihr, ist der größte Wohltäter von all diesen Männern?

Wenn Wahre Meister kommen, befreien sie die Seele vom Rad der Geburten und Tode. Ein vollkommener Meister ist nichts Geringes. Er ist die höchste Kraft, weil Gott selbst in ihm wirkt. Obwohl man sehen kann, dass die Stimme aus seinem physischen Körper kommt, ist es nicht er, der spricht, sondern Gott in ihm.

Kabir Sahib sagt:

Verlasst diese Welt und geht nach Sat Lok. Das ist eure Wahre Heimat.

Soami Ji Maharaj sagt:

Eure Wahre Heimat ist ein unzerstörbarer Ort, aber ihr habt euch an diese Erde gebunden, die nur aus vergänglicher Materie besteht.

Er fährt fort:

Geht in eure Wahre Heimat- warum wollt ihr dort bleiben, wohin ihr nicht gehört?

Es ist die Höchste Form unter all den 8 400 000 Arten. Während dieses Lebens müssen wir die Wahrheit in uns entfalten und einen Weg finden, um während dieses Lebens aus dem Körper herauszukommen.
 
Maulana Rumi Sahib hat gesagt, dass diese menschliche Form ein Gefängnis ist und wir alle Gefangene sind, dass der Körper lebt, wir aber das Leben sind und dass wir auf der Oberseite des Gefängnisses ein Loch machen sollten, um herauszuklettern! Er bezieht sich auf die neun Öffnungen im Körper und auf die zehnte Öffnung, die zwischen und hinter den beiden Augenbrauen verborgen ist, wohin sich die Seele zur Zeit des Todes zurückzieht. Diese Meister wünschen, dass wir erkennen, dass dies der einzige Ausweg aus dem Körper ist, um die Wahre Sonne zu erfahren.
 
Kabir Sahib sagt:

Ich habe noch niemand gesehen, der einen Körper bekam und glücklich ist.

Und wieder:

Die Bettler sind unglücklich, die ganze Welt ist voller Unglück. Die Sorge der Asketen ist doppelt so groß wie die der anderen. Hoffnungen und Neigungen – niemand ist ohne sie. Nur ein Heiliger, Der Sein Gemüt besiegt hat, erfreut sich Wahren Friedens und Wahrer Glückseligkeit.

Guru Nanak sagt ähnlich:

Wir sind alle Wahre Schüler in der einen oder anderen Klasse, aber wir können diese Wonne nicht erlangen, ohne das Gemüt zu besiegen.

Wie können wir das Gemüt dazu bringen, sich zu ergeben? Dies ist eine Sache, die wir ganz verstehen müssen, bevor wir auf dem Spirituellen Pfad weiter fortschreiten können. Das Gemüt liebt anziehende und köstliche Dinge. Guru Nanak erklärt dies, indem Er sagt:

O Mensch, du isst eine Süßigkeit, die mit Zucker überzogen, aber innen sehr giftig ist.

Die Folgen sind sehr schlecht, und wir kommen wieder und wieder auf diese Welt. Die Wahre Glückseligkeit ist innen. Je mehr wir nach Glückseligkeit suchen, desto unglücklicher werden wir. Wir sind alle Wonne. Wenn wir hier überhaupt irgendeine Glückseligkeit erlangen, dann nur für die kurze Zeit, da wir unsere Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Sache lenken und bei der Sache selbst sind, was offen zeigt, dass die Aufmerksamkeit und die Glückseligkeit Innen liegen.

Wenn wir uns von dem Gemüt und den Sinnen lösen, verlieren alle diese illusorischen Dinge ihre Bedeutung. diese Loslösung, verbunden mit der Verbindung mit dem Herrn in uns, wird Wahre und beständige Glückseligkeit bringen. Unsere Aufmerksamkeit ruht auf kleinen und unbedeutenden Dingen, und wenn diese von uns genommen werden, sind wir unglücklich. Jene, die beständige Glückseligkeit wollen, werden sie nur zu den Füßen des Herrn finden.

Wo ist Gott? Es gibt keinen Ort, wo Er nicht ist, aber Er ist uns in unserem eigenen Tempel des menschlichen Körpers am nächsten. Wir sind in ihm und Gott ebenfalls. Die tatsächliche Ursache unseres Elends ist, dass Gott Innen ist und wir im Äußeren verstreut sind. Unsere Seele ist ein Teil von Ihm – Seine eigene Natur, aber die Seele und das Gemüt sind miteinander verbunden. Die arme Seele weiß nicht; wie sie sich befreien soll, und so ist mehr Leid das Ergebnis.

Die heiligen Schriften beinhalten weise Ratschläge über helfende Faktoren und Hindernisse, die von jenen gegeben wurden, die nicht nur diesen Knoten gelöst, sondern sich selbst und Gott erkannt haben. Wir können sagen, dass diese Schriften die früheren Meister sind, die durch Bücher zu uns sprechen. Ihre Worte sind unschätzbar, aber um sie richtig zu verstehen, müssen wir uns einem Wahren Spirituellen Meister nähern, denn wen ein intellektueller Mensch etwas liest, wird er durch Seinen Intellekt Schlussfolgerungen ziehen. Ich erkläre euch, dass immerwährende Glückseligkeit in allen Menschen ist, aber ihre Aufmerksamkeit auf vergänglichen Dingen ruht. Durch die große Vergessenheit sind wir in der Bindung gefangen und können keinen Ausweg finden. Welch eine betrübliche Gefangenschaft – zum einen die Welt und dann dieser Körper!

Wie ich schon berichtete, müssen wir durch das zehnte Tor hinausgehen, wozu wir nicht das Wissen besitzen. Die schöne Seele hat vergessen, dass Gott selbst am zehnten Tor sitzt und sie erwartet; aber das arme Wesen ist leidenschaftlich im Zauber der anderen neun Tore verloren und kann nicht ihren Herrn erfahren.

Dieser Körper ist in Wahrheit der wirkliche Tempel des Herrn. Die äußeren Tempel wurden als Nachbildungen dieses Tempels gebaut, und darin zünden wir Lampen an und läuten Glocken. Sie wurden geschaffen, um uns daran zu erinnern, dass das Licht in uns hell erstrahlt. Wer diese Innere Lampe während des Lebens entzündet, sieht die Wirklichkeit. Wir können sagen, diese Wirklichkeit ist Gott, der sich selbst zum Ausdruck gebracht hat, denn den höchsten Gott kann niemand sehen. Er ist namenlos und formlos, und Er ist der eine, mit dem wir uns verbinden und eins werden müssen.

Der Gott Innen ist der Gott aller – der Moslems, der Hindus, der Christen usw. Alle Menschen sind einander gleich. Wir mögen uns selbst unterschiedlich bezeichnen, aber in erster Linie sind wir Menschen mit der gleichen Seele, der gleichen Kaste wie Gott oben.

Die Religion ist die höchste, in der mehr Wahre Gottergebene geboren werden, aber in Wahrheit sind wir alle Kinder Gottes. Alle Meister haben das gleiche in Ihrer eigenen Sprache gesagt. Die Moslem-Weisen sagten in ihrer Sprache, dass alle Menschen eine so enge Beziehung zueinander bekommen haben wie die verschiedenen Teile eines Körpers und alle auf die gleiche Weise geboren werden.

Wann wird der Mensch erkennen, dass uns dieses menschliche Leben eine goldene Gelegenheit bietet? Denn nur in dieser und in keiner anderen Form ist es möglich, sich selbst und Gott zu erkennen.