Im Garten der Liebe

Ein Rückblick von Michael Raysson

Hungrig nach Seinem Blick, kamen wir zu Ihm. Die Atmosphäre war bei Seinem Nahen von Liebe durchdrungen, bis sie wie Wein überfloss. Und dann saß Er vor uns und erklärte uns das Mysterium von Leben und Tod, und die Geschichte der Liebe begann sich in unseren Herzen zu regen. Seine Augen waren eine magische Brücke, wo die Zeitlosigkeit auf die Zeit schaut. Alle Krankheit und Sorge waren bald vergessen (oder wenn sie leidvoll und quälend auftraten, wollte das Herz nichts anderes als die ursprüngliche Reinheit, die in aller Herrlichkeit vor uns schien). In dieser Bezauberung fiel die Welt von einem ab, und nur der Geliebte war da.

Manchmal gingen die Leute bald wieder, und der Meister fragte dann, ob sie die Stunden nicht ausdehnen könnten, damit der Abschied entfiele und diese glücklichen Stunden verlängert würden? Und tatsächlich, die Stunden dehnten sich aus. Aber leider, die Abschiedsstunde kam doch.

Könnte etwas von den Augen gesagt werden, die vor uns tanzten, oder von der Schönheit, die unsere Herzen entzückte?

Einmal sprach Er vom Wert, vor dem Meister zu sitzen. Die Worte waren so von Berauschung und Liebe beladen, dass unsere Herzen überflutet waren von dieser Liebe, obwohl wir nur ein bisschen begriffen. Als Er von Seiner Liebe zu Seinem Meister sprach, sahen wir Tränen aus Seinen Augen fließen. Mutter Tai Ji sang ein Liebeslied vom Meister, und Er bat jemanden, es zu übersetzen – aber sie wagte nicht zu sprechen.

Einmal erzählte Er die Geschichte von Gunga, dem Ringer. Er war der größte Ringer. Die Leute dachten, dass er auf natürliche Art und Weise so geworden wäre. Er war sehr einfältig, und als Junge schickte sein Vater ihn ohne Kleider in die kalte Nacht hinaus. Er schickte ihn zum Fluss, um zu baden, und um warm zu werden, übte er die ganze Nacht. So wurde er stark und ein großer Ringer. Der Meister war auch am Fluss, wo Er die ganze Nacht meditierte. Dort sah Er Gunga und erfuhr seine Geschichte.  Ein starker Mensch schwelgt in seiner Stärke, und ein Schwacher wundert sich, wie er sie bekam.

Er erzählte uns, dass es zwei Wege gibt – der eine sehr schwierig und zeitraubend, der andere sehr einfach und sehr leicht. Der erste ist:

Gott hilft denen, die sich selbst helfen,

der zweite:

Gott hilft denen, die sich nicht selbst helfen 

der Weg der Selbsthingabe an Ihn.

Er sagte einmal, dass die Größe Seines Meisters sich darin zeigte, dass Er jedem auf seiner Ebene entgegenkam. Wir sahen den Meister mit so vielen Leuten – Er verhielt sich immer so.

Je näher wir hinsahen, desto vollkommener erschien Er uns; je mehr wir sahen, dass alles in Seinen Händen liegt, desto weniger wurden wir. Diese Dinge sind natürlich, ob nah oder fern, wahr, selbst über die Meere hinweg.

Zur Initiation kommen gewöhnlich Hunderte zu dem Meister. Er sitzt dann vor ihnen und erklärt die alte Wissenschaft, wie es die Meister seit undenklichen Zeiten getan haben. Dann verblassen Zeit und Ort, und Er verbindet jeden mit dem Heiligen Naam.

Als wir da waren, kam ein Mann von einer rivalisierenden Splittergruppe zur Initiation, um den Meister zu schmähen. Als ihm aber eine Sitzung gewährt wurde, erhob er sich über das Körperbewusstsein so sehr, dass er wiederbelebt werden musste. Trotzdem begann er, den Meister zu verhöhnen. So wurde ihm eine zweite Sitzung gewährt, und schließlich musste er zugeben, dass er das Innere Licht im Übermaß gesehen hatte. Der Meister sagte:

Er ist in den Klauen von einem sehr starken Löwen. Er kann nicht davon loskommen.

Tag für Tag setzte Er sich vor uns in all Seiner Größe. Trotz unserer Niedrigkeit waren wir von Ehrfurcht ergriffen und von Liebe durchdrungen. Und Er sagte, dass Er nur ein Schüler sei. Einer von uns eiferte:

Meister, wie könnt Ihr nur ein Schüler sein?

Er ist ein großes Rätsel.

Unter denen, die von fern kamen, war damals ein kleines Mädchen. Der Meister überschüttete sie mit Parshad, soviel sie halten konnte und noch mehr. Und sie war glücklich, so glücklich.

Ein König mit all seinen Königreichen war niemals so glücklich,

tsagte der Meister. Einmal abends, als Er zum Darshan zu uns herauskam, lief sie zu Ihm, ergriff Seine Hand, und Er ließ sich von ihr zurück zu seinem Platz führen. Dann drehte Er sie schließlich um, und sie kamen wieder zurück. Mit dem liebenswürdigsten Lächeln sagte Er:

Manchmal wird der Vater zum Kind und das Kind zum Vater.

Am Tag, als sie ging, gab Er ihr ein Kleid. Und als man ihr das Kleid anzog, tanzte sie stundenlang in Ekstase und rief nur Seinen Namen.

Jemand sagte:

Es ist ein Loch, durch das das Universum fließt.

Ein anderer sagte:

Er ist so viel! Er ist so viel! Wie können wir es aufnehmen?

Und ein anderer sagte:

Er ist das Meer, und wir stehen am Ufer und versuchen, kleine Tropfen aufzufangen.

Er sagte uns, dass Ihn, als Er Schüler war, jemand fragte, wie groß Sein Meister sei; und Er sagte einfach:

Ich weiß nicht, wie groß der Meister ist – aber, Er ist mehr als genug für mich!

So ging, im weltlichen Sinn gesprochen, die Zeit zu Ende, und auch wir mussten gehen. Er stach unsere Herzen mit dem Messer der Liebe, und wir spürten den Schmerz.