Die Schmerzen der Trennung

von Stanley und Edna Shinerock

Vor einem Jahr bestiegen wir das Flugzeug, das uns von unserem geliebten Meister forttrug, zurück in den Westen. Sechs wundervolle Jahre lang durften wir uns Seiner Gesellschaft, der Ausstrahlung des offenbarten Gottes erfreuen. Jetzt würden wir sehen, welchen Vorteil wir aus diesem Vorrecht gezogen hatten und in welchem Ausmaß wir die vom Meister in Seinen Rundbriefen so sehr betonte Empfänglichkeit entwickelt hatten. Hatte sich unsere Wesensart einigermaßen umgewandelt, von unedlem Metall in Stahl, oder hatten wir verborgene Fehler, die unter verschiedenen Umständen und Drangsalen hervorkommen würden? Nur die Zeit würde es zeigen.

Die Maschine hatte zwei Stunden Verspätung, und so blieb uns eine Menge Zeit zum Überlegen. Am Abend vor unserer Abreise hatten wir den Vorzug, mit dem Meister Tee trinken zu dürfen. Er goss uns den Tee ein und füllte die Tassen fast bis zum Rand. Nachdem wir Zucker hinzugegeben hatten, sah Er uns mit einem Zwinkern in Seinen Augen an und sagte:

Ich denke, ihr braucht etwas, um ihn zu versüßen,

und indem Er nach der Schüssel mit süßem Reispudding griff, der unser Dessert gewesen war, gab der Meister zuerst zwei große Löffel in Seine und dann in unsere Tassen.

Wir hatten nur etwas Tee getrunken und dachten nun, dass der Inhalt der Tassen nach dem Hinzufügen von der reichlichen Gabe des Meisters auf den Tisch überlaufen würde, aber kein Tropfen ging daneben.

Da saßen wir nun, einmal tranken wir, ein andermal löffelten wir aus unseren Tassen. Ermutigt durch diese ungewöhnliche Art von Parshad, kehrten wir nach dem Tee in unsere Zimmer zurück, um noch den Rest zu packen und dies und das noch aufzuräumen, was übrig geblieben war. Wir neigen dazu, die Dinge durch den Gegensatz in größerer Perspektive zu sehen. So kommt es, dass ein westlicher Schüler, indem er einige Jahre lang die Spirituellen Übungen praktiziert hat, ohne den Meister physisch gesehen zu haben, sein Bestes versuchen und doch den Begriff der Empfänglichkeit für die Meisterkraft nicht richtig verstehen kann. Bis jetzt hat er noch keinen Maßstab zur Beurteilung, den er anwenden könnte. Er ist sich seiner Anstrengung, die er täglich macht, im Streben, nach den Lehren zu leben und in der liebevollen Erinnerung an den Meister zu verweilen, zu bewusst oder sollte es sein, und dies ersetzt alles andere.

Wenn er dann das Glück hat, für einige Zeit in der Gemeinschaft des Meisters zu verweilen, findet er, dass keine Anstrengung erforderlich ist, um die liebevolle Erinnerung zu bewahren, denn er wird von der Ausstrahlung des Meisters ständig durchdrungen.

So war es mit uns. Fast jeden Tag erhielten wir die Blicke der Liebe und des Lebens durch die Augen des Meisters; fast jeden Tag hörten wir auf die geladenen Worte, die der Meister sprach. Die Ehrfurcht, die wir empfanden, bevor wir Ihm physisch begegneten, wurde durch die Liebe gemildert, die sich in unserer Brust erhob, als uns der Meister in die Augen schaute.

Aber wie bei anderen vor und nach uns, neigte sich unser Aufenthalt beim Meister eines Tages seinem Ende zu, und wir kehrten in den Westen zurück. Erst dann, durch den Gegensatz, konnten wir den Wert der Empfänglichkeit richtig einschätzen. Bevor wir den Meister gesehen hatten, war dieser wichtige Aspekt der Spiritualität eher nur halb da, die Anstrengung, das Leben zu meistern, hatte all unsere Aufmerksamkeit in Anspruch genommen. Als wir in die persönliche Aura des Meisters kamen, hörte diese Anstrengung auf, denn in des Meisters Gegenwart verlangten solche Dinge nach einer anstrengungslosen Anstrengung im Gegensatz dazu, wenn man von Ihm getrennt ist. Als wir den Meister verließen, sahen wir die Dinge wie sie waren. Wir erkannten nämlich, dass wir etwas sehr Wertvolles verloren hatten. Trotz all unseres Strebens konnten wir die anstrengungslose Empfänglichkeit nicht wiedererlangen, mit der wir in der Gegenwart des Meisters gesegnet waren. Mit der physischen Trennung verloren wir auch den persönlichen, vertrauten Umgang, dessen wir uns erfreut hatten. Es war eine Vertrautheit, die nicht auf Worten, sondern auf der Ausstrahlung des Meisters fußte. Es gab kaum eine Notwendigkeit, irgendein besonderes Problem oder eine Schwierigkeit vorzubringen. Der Meister zeigte nur durch ein Wort oder einen Blick, dass Er über die Umstände der Sache Bescheid wusste. Und zu wissen, dass Er es wusste, gab uns die Kraft und die Entschlossenheit, weiter zu kämpfen.

Gelegentlich brachte der Meister Selbst irgendetwas auf. Nur ein paar Worte wurden gewechselt, aber das reichte aus. Ein anderes Mal wollte ich mit Ihm irgendetwas besprechen, und während ich zu Ihm aufschaute, wurden das Gesicht und der Bart des Meisters größer und immer prächtiger, und ich verlor mich ganz in diese Ausdehnung. Diese Art von vertrautem Umgang ist unmöglich zu erlangen, wenn man nicht beim Meister ist.

Aber wenn solche Erfahrungen nicht gemacht werden können, während man vom physischen Meister getrennt ist, gibt es doch eine Entschädigung, wenn man sieht, wie die Meisterkraft im Leben am Werk ist, da man nicht länger bei Ihm ist. Es ist natürlich dieselbe Meisterkraft, die in unserem Leben wirkt, ob wir in Seiner Gegenwart sind oder entfernt von Ihm, aber man sieht die Dinge genauer durch den Abstand.

Wie auch mit anderen Aspekten des Pfades, ist zunächst große Anstrengung nötig, ehe ein Erfolg, ein Einstimmen auf die Meisterkraft im Innern, erlangt werden kann. Natürlich möchten wir fähig sein, die anstrengungslose Anstrengung zu vollbringen, von der der Meister spricht, aber ich glaube nicht, dass dies mit einem Male möglich ist, denn es ist nur die bewusste Anstrengung, die zur anstrengungslosen Anstrengung führen kann. Aber die Anstrengung muss gemacht werden und ist der Mühe wert. Wir haben bei uns selbst gesehen wie, so drückt es der Meister aus, die Meisterkraft in allen Phasen unseres Lebens wirkt, sowohl materiell als auch spirituell. Dies ist die Entschädigung, die klarer gesehen werden kann durch den Gegensatz, nicht physisch beim Meister verweilen zu können.

Drei Monate, nachdem wir nach Kanada zurückgekehrt waren und ich eine vorübergehende Büroarbeit bekam, machte es die Meisterkraft möglich, dass ich eine feste Anstellung erhielt, und seit Oktober 1970 habe ich glücklicherweise eine interessante Arbeit als Buchhalter. Ebenso wunderbar ist es zu berichten, dass einen Monat später, nachdem ich meine neue Stelle angetreten hatte, sich für Edna die Möglichkeit bot, eine Stelle als zu Hause wohnende Organisatorin beim Blutspendedienst des Roten Kreuzes von Toronto zu bekommen. Als wir dem Meister schrieben und Ihm unser gutes Geschick mitteilten, erwiderte Er:

Seine Wege sind wunderbar.

Nichts jedoch kann einem Seine physische Gegenwart ersetzen. Wir sind immer noch wie zwei durstgeplagte Reisende, die sich durch sandiges Wüstenland kämpfen in der Hoffnung, dass uns jeder Schritt dem kühlen Wasser und der erfrischenden Brise näher bringt, die in der Oase der physischen Gegenwart des Meisters gefunden werden können, damit Er noch einmal in unsere Augen schauen möge und wir die Erfahrung machen dürfen, die wir so sehr vermissen, seitdem wir Ihn verlassen haben.