Kirpal Singh

Der Zweck des Manav Kendra

Die Ansprache des Meisters zur Begrüßung von Präsident Giri

Eure Exzellenz, ich begrüße Sie herzlich anlässlich Ihres Besuches im Manav Kendra!

Von frühester Jugend an, als Junge schon, war ich ein unersättlicher Leser von Büchern – meistens abstrakten Inhalts – und Biographien. Von diesen lernte ich, dass Gott es war, Der die ganze Schöpfung erschuf. Es gibt in Wirklichkeit keinen Osten und keinen Westen – wir haben den Osten und den Westen gemacht. Wir sind alle Brüder und Schwestern in Gott.

Ich bin von 1957 an bis heute Präsident der Weltgemeinschaft der Religionen. Es gelang uns, Anhänger verschiedener Religionen auf einer Plattform zusammenzuführen – und das war gut, denn der größte Teil der Engstirnigkeit und Bigotterie wird vermindert, wenn man erklärt, dass Gott den Menschen und der Mensch die Religionsgemeinschaften schuf. Diese Religionsgemeinschaften entstanden nur nach dem Erscheinen der Meister und der Großen Heiligen, um Ihre Lehren lebendig zu erhalten. Solange es Praktiker gibt, entsteht rechtes Verstehen, aber aus Mangel an praktisch erfahrenen Menschen stagniert das für diesen edlen Zweck Entstandene, und auf den Stillstand folgt der Verfall.

Meister sind von Zeit zu Zeit gekommen, um rechtes Verstehen zu geben. Zur Zeit von Kabir, Guru Nanak und den Rishis gab es im Ganzen zwei Glaubensbekenntnisse, und Engstirnigkeit war sehr verbreitet, aber sie brachten die Botschaft, dass es keine Hindus und keine Mohammedaner gibt, sondern dass wir alle nur einer Menschheit angehören und somit Erben aller Religionen und der ganzen Schöpfung sind. Wir sind also das Höchste in der ganzen Schöpfung, haben die gleichen Vorrechte von Gott, sind auf die gleiche Art geboren und haben den gleichen äußeren und inneren Aufbau. Wir haben den menschlichen Körper bekommen, aber wir sind Bewusste Wesen, und das ist der Grund, weshalb der Körper arbeitet. die Meister, die von Zeit zu Zeit kamen, gaben die Lehre aus:

Mensch, erkenne dich selbst! – Wer du bist, was du bist. Wir sind Bewusste Wesen, ein Tropfen vom Meer allen Bewusstseins. So gesehen sind wir alle Brüder und Schwestern in Gott. Als Menschen sind wir alle Eins mit denselben Vorrechten von Gott, und als Seele sind wir auch vom gleichen Wesen wie Gott, obwohl wir Ihn mit so vielen Namen verehren.

Als Seele, als Verehrter der gleichen Kraft, sind wir schon Eins: die Einheit besteht bereits, aber wir haben sie vergessen.

Guru Nanak und Kabir sagten:

Ich bin weder Hindu noch Mohammedaner.

Die Leute fragten:

Wer seid Ihr?

Sie sagten:

Mein Körper ist aus fünf Elementen gemacht, und ich bin das Bewusste Wesen, das durch ihn wirkt.

Die Upanishaden fragen:

Wer ist der wunderbare Schöpfer, Der dieses herrliche Haus geschaffen hat, in dem wir leben?

Dieses Haus hat so viele Öffnungen, aber wir können nicht aus ihm weglaufen. Der Körper wirkt so lange, wie wir in ihm sind, aber wir sind so lange im Körper, wie wir darin durch eine höhere Kraft überwacht werden. Als die Heiligen, die das Mysterium des Lebens gelöst hatten, den Schauplatz verließen, entstanden die sozialen Gemeinschaften, um ihre Lehren lebendig zu erhalten. Solange es Praktiker gab, zogen die Menschen Nutzen aus ihnen, aber dann, aus Mangel an praktisch erfahrenen Menschen, hörte diese große Lehre in allen Gemeinschaften auf zu bestehen, und das hat sich verheerend ausgewirkt.

Die Zeiten haben sich geändert. Ich war zweimal im Westen, das erste Mal sechs Monate und dann acht Monate lang. Dort war ich einmal zu einer Versammlung ‚Osten und Westen‘ eingeladen. Alle, die daran teilnahmen, hielten ihre Reden; und in meiner Rede sagte ich:

Seht, man sagt, dass der Osten für den Osten da ist und der Westen für den Westen und dass die beiden nie zusammenkommen, aber ihr seid es, die das so gemacht haben. Gott hat nur eine Heimat: die ganze Schöpfung ist Seine Heimat, in der Er lebt.

Der größte Tempel der Welt ist die Erde unten und der Himmel darüber. In dieser kleinen Höhle des menschlichen Körpers ist der Miniaturtempel Gottes, in dem Er ebenfalls wohnt. Gott wohnt nicht in Tempeln aus Stein, von Menschenhand erbaut. Gott lebt in den Tempeln, die Er im Leib der Mutter mit Seinen eigenen Händen erschaffen hat. Es ist wahr, dass der Körper, den wir tragen, der wirkliche Tempel Gottes ist – wir haben es nur vergessen.

Im Westen hielt ich alle Reden ohne Bezahlung. Die Menschen fragten mich:

Möchten Sie kein Geld für Sich?

Ich sagte ihnen:

Nein.

Sie fragten:

Was wollen Sie dann?

Ich sagte:

Ich bin nur hier, um die Wahrheit wiederzubeleben, dass der menschliche Körper der Wahre Tempel Gottes ist und wir es vergessen haben! 

Ich habe eine Anzahl Bücher geschrieben; es sind keine Urheber-Rechte eingetragen. Als ich von Amerika zurückkam, bot man mir Tausende von Dollars an, aber ich lehnte sie ab.

Ich sagte:

Ich initiiere einfach.

Das Ergebnis ist, dass ungefähr 185 Zentren in Amerika und ungefähr 80 in Indien entstanden sind. Ihr Hauptzweck ist, alle Kinder Gottes auf einer Plattform zusammen zu bringen. Wir sind bereits eins als Menschen, als Seelen, als Verehrer der gleichen Kraft, die wir mit verschiedenen Namen bezeichnen, wir haben es nur vergessen.

Gute Arbeit wurde durch die Weltgemeinschaft der Religionen geleistet, sowohl außerhalb wie in Indien: in Delhi und Kalkutta; in Persien, Frankreich und auch in Deutschland; wir haben sie zusammengebracht, und sie sind sich näher gekommen.

Nun können alle miteinander verkehren, jedoch liegt eine Gefahr vor uns. Welche? Nun, alle Anhänger der Religionen – Hinduismus, Jainismus, Sikhismus, Islam, Christenheit, Buddhismus usw. – wollen sich zusammentun, um große Blöcke zu bilden. Wie kann es da zu einem echten Zusammenschluss kommen? Wie weit können wir einander ertragen?

Dieses Menschenzentrum beginnt mit den Grundsätzen von Kabir, Guru Nanak, Christus und den Rishis von ehedem; wir sind in erster Linie Menschen – zuerst Menschen Gottes. Wir sind zuerst Menschen – physisch gesehen -, dann sind wir Bewusste Wesen, Tropfen vom Meer allen Bewusstseins und Verehrer desselben Gottes. Als Mensch, Seele und Gott sind wir alle Eins. Der Hauptzweck des Manav Kendra ist es, nach diesen Grundsätzen zu beginnen. Sein wichtigstes Ziel ist die Heranbildung des Menschen. Ich rühre nicht an den sozialen Gemeinschaften. Zur Zeit von Kabir und Guru Nanak gab es nur zwei Religionsgemeinschaften, nun gibt es über 700. Der Mensch ist ein soziales Wesen, und er muss eine Gemeinschaft haben, um in ihr zu leben. Lasst ihn dort bleiben – er wird das bekommen, wofür er ihnen beigetreten ist. Und wofür tat er das? – um Gott zu erkennen. Um Gott zu erkennen, müssen wir uns zuerst selbst erkennen – wer wir sind, was wir sind. Als Körper sind wir alle auf die gleiche Art geboren. Unser Hauptziel ist also die Heranbildung zum Menschen.

Für diese Heranbildung zum Menschen habe ich draußen ein Wasserreservoir: die Erde unter uns – es ist sehr freundlich von ihr – gibt uns Wasser, ohne dass wir pumpen müssen, und es entstand dort dieser große Sarovar. Dieser große Teich ist über 100 m lang und über 60 m breit – oval geformt. Er fließt von Wasser über, und an einer Seite kann man baden. Davor und um ihn herum sind Sitzplätze zum Meditieren, und davor liegt das Satsang-Gelände. Wir haben hier also keinen Tempel. Die Erde unten und der Himmel darüber sind der größte Tempel, und der menschliche Körper ist der Miniaturtempel, den wir vergessen haben. Hier wird es keinen Tempel geben. Es wird eine große Bibliothek über die Lehren und das Leben großer Menschen geben. Es gibt einen Versammlungsraum. Für den Dienst am Menschen haben wir den Krankenhausblock eben fertig gestellt, und für jene, die tatsächlich niemanden haben, der sie versorgt, gibt es ein Altersheim. Es gibt ein Gästehaus, einen Versammlungsraum und andere Räume. Diese sind für den Dienst am Menschen da. Wir sind dabei, mit einer Universität in bescheidenstem Rahmen zu beginnen, und wenn Gott will, wird sie alle Geistesrichtungen umfassen. Zusammen damit wird es Viehzucht und Landwirtschaft geben.

Sie werden sich sicher freuen, zu hören, dass Guru Nanak gegen Ende seines Lebens ein vorbildlicher Landwirt war. Die gleichen drei Dinge liegen vor uns.

  • Menschwerdung,
  • Dienst für den Menschen und
  • Dienst durch Landwirtschaft.

Im Westen wird dies sehr geschätzt, und man hat auch dort mit einem oder zwei solcher Projekte wie diesem hier begonnen. Dies alles ist die Zielsetzung, mit der man hier in Indien das Manav Kendra gegründet hat.