Die Weisen, die Tapferen und die Liebenden

Ein englischer Vortrag von Swami Gitanand Ji

Ich betrachte diesen Ashram als mein Zuhause, obwohl ich den Vorzug hatte, in vielen Ashrams in diesem Lande zu leben und wir unser ständiges Hauptquartier im Süden Indiens, in Pondicherry, haben. Dennoch ist, wie ich Gyani Ji neulich erzählte, nach Delhi zu kommen wie nach Hause zu kommen, besonders zu dieser geweihten Stätte. Ich möchte euch sagen, warum.

In meinem Leben fühlte ich mich zu drei Typen von Menschen hingezogen. In der Jugend zu einem Typ, und jetzt im Alter fühle ich mich zu zwei anderen Typen von Menschen hingezogen. Als Kind fühlte ich mich irgendwie, fast natürlich, zu den Weisen hingezogen. Meinen frühesten Erinnerungen an meines Vaters Haus im nördlichen Uttar Pradesh sind die, dass ich auf dem Treppenaufgang oder auf dem Balkon im zweiten Stock saß und dem Gespräch von Weisen mit meinem Vater und dem Großvater zuhörte. Ich glaube, ich bin der meistbegünstigte von allen lebenden Menschen, denn ich saß zu den Füßen aller großen Männer und Frauen dieses Landes und vieler anderer Länder. 1938 hatte ich den Vorzug, bei diesem guten Menschen sein zu dürfen (er zeigte dabei auf den Meister) und auch bei Baba Sawan Singh Ji, Aurobindo, Ramana Maharshi, Sivananda Saraswati, Ram Das und Atamananda Saraswati. Als junger Mann zog es mich zu diesen Menschen hin. Es ist nur natürlich, nach dem Satsangat, der Gesellschaft von weisen Menschen, zu suchen und sich dort einfach ihre Weisheit zu eigen zu machen und auch wegen des erhabenen Gefühls, das sie verbreiten und das man in der Gegenwart großer Menschen empfindet.

Im späteren Leben zog es mich beinahe so natürlich wie zu den Weisen, zu den Tapferen hin, und ich leistete sechs Jahre Militärdienst. Während dieser Zeit lernte ich, die Beherzten und die wahrhaft Tapferen zu bewundern. Selbst bis heute habe ich ein offenes Herz für einen, der beim Militär dient. Er hat eine besondere Stellung in der Gemeinschaft, da er sein Heimatland, seine Lieben und die Dinge, um die es sich in der Gesellschaft dreht, schützt. Aus diesem Grund ging ich zum Militär hier in Indien, und ich freue mich, diesem Lande ein bisschen geholfen zu haben. Tapferkeit ist natürlich in den Herzen der Menschen, wie wir bei der gegenwärtigen asiatischen Lage – zum Beispiel in Bangla Desh – sehen. Ich bin stolz, ein Mensch zu sein, aber ich vermeide Gewalttätigkeit, die ich nicht verstehe. Wenn ein Hang zu Gewalttätigkeit in mir ist, ist er mir unbewusst. Im zweiten Weltkrieg wurde ich überwältigt durch die Gewaltanwendung. Es gibt keinen Platz mehr für Gewalt. Ich kam aber aus dem Krieg mit der höchsten Achtung vor tapferen Menschen zurück.

Die dritte Gruppe von Menschen, zu denen ich mich hingezogen fühlte, waren die liebenden Seelen dieser Welt. Zweifellos wurde ich durch das Karma in eine liebevolle Familie geboren – die Mutter, der Vater und die Großeltern, mein ganzes Leben stand unter dem Schutz von Leuten – selbst heute steht es unter dem Schutz von Tausenden und Abertausenden lieber Menschen. So zog es mich zu den Weisen, den Tapferen und zu den Liebenden hin. Es ist kein Wunder, dass meine Füße den Weg zu diesem Einen (er zeigt dabei wieder auf den Meister) fanden, denn Er stellt in Seiner Person diese Weisen, die Tapferen und die Liebenden dar.

Von Jugend an suchte mich eine Personengruppe auf – jene, die Not litten – und zweifellos wurde ich durch das Karma auf eine medizinisch-psychiatrische Laufbahn geleitet. Ich kann etwa zwei Millionen Patienten in 38 Jahren zählen, und denen, die mich aufsuchten, um ihrem kranken Körper und Gemüt zu helfen, glaube ich, etwas geholfen zu haben. Als ich älter wurde, begann ich, indem ich mir das Wissen der Weisen, Tapferen und Liebenden zu eigen machte, zu verstehen, was sie zu geben hatten, und vielleicht wegen des guten Rates und der Weisheit und Liebe, die sie mir gaben, suchten mich nun andere wegen des Wissens auf, um die Gesetze des Lebens ein wenig zu verstehen. In den letzten Jahren wurde ich mit der verantwortlichen Aufgabe meines Lebens bis jetzt betraut, nämlich Hunderttausende junger Menschen in meiner Obhut zu haben und mit der Verantwortung, sie im Inneren Leben zu führen und zu schulen.

Ein großartiges Wiederaufleben der Spiritualität findet hier in Indien statt. Ich bin beinahe am Ende meiner fünften Reise durch ganz Indien, die uns durch jeden Staat und jedes Land der Union mit Ausnahme von Manipur führte, überall besteht ein großes Interesse für das Innere Leben, besonders für den Wissenschaftlichen Aspekt des Yoga. Dieses Jahr hatten wir jedoch die größte Zuhörerschaft, sprachen wir zu den größten Gruppen und hatten in den Semestern die größten Klassen, die wir je gesehen haben. Zweifellos befinden wir uns mitten in einer Gegenrevolution gegen die Gewalttätigkeit und das Böse in der Welt. Große Volksmassen suchen, inmitten von Gewalt, nach Frieden, und große Gruppen sind in dieser vom Krieg zerrissenen und gefährlichen Zeit für den Frieden. So wie Bapu Ji (Mahatma Gandhi) es ausdrückte:

Inmitten von Dunkelheit ist Licht, inmitten der Unwahrheit ist Wahrheit, inmitten des Todes ist Leben.

Ich glaube aber, das wir etwas erleben, was einzigartig in dieser Zeit ist: dass hier, in diesem Land, so arm, wie wir sind, und in der Gefahr, in der wir schweben, Leute nach den Bereichen des Geistes zu suchen wagen, dass die Leute von Innen geführt werden, dass sich eine Masse zum Höheren Bewusstsein wendet.

Ich habe mit euch heute Anteil an einem ganz besonderen Tag, an dem zum ersten Mal nach nahezu drei Monaten der geliebte Sant Ji einen Satsang abhalten kann. Als Arzt sehe ich nicht gerne jemand krank, sondern möchte alle immer gesund sehen.

Ihn in einer ausgezeichneten Stimmung zu sehen, Seine Gesundheit sich so bessern zu sehen ist für mich Medizin.

Ich hatte den großen Vorteil, in diesem Ashram zu sein und zu euch Satsangis zu sprechen, und ich möchte meine Anmerkungen beschließen, indem ich anrege, treu zur Spirituellen Entwicklung zu stehen im Bewusstsein, dass wir ergriffen sind von einer weltweiten universalen Bewegung des Inneren Lebens. Einige von euch sind schon viele Jahre auf dem Weg und sind dankbar dafür: Bitte seid Pfeiler der Stärke für die jungen Leute unter euch. Ich bitte euch, gebt den vielen jungen Leuten ein Beispiel, sie brauchen ein Beispiel. Und zu den jungen Leuten: Spirituell betrachtet war die Zeit noch nie so günstig für eine Spirituelle Umwälzung. Wo immer ich hinkomme, rufen die Leute aus:

Kali Yuga, Kali Yuga, Zeitalter der Finsternis. Zeitalter der Finsternis wir sind am Ende, es ist aus mit uns.

Ich sage:

Sagt so etwas nicht.

Bedenkt, dass unmittelbar nach dem Kali Yuga das Zeitalter der Wahrheit kommt und dass es von Natur aus immer ein harmonisches Ineinanderübergehen gibt. Es gibt kein plötzliches Ende des Kali Yuga und dann ein Hervorbrechen des Sat Yuga oder des Zeitalters des Lichts. So wie niemand unterscheiden kann zwischen der Dunkelheit, die vor der Dämmerung kommt, und der Dämmerung, so gibt es Verkünder der Dämmerung: Die Heiligen, Die immer ein Licht in der Dunkelheit waren. Erinnert euch, dass in den vergangenen Zeiten einige unserer großen Rishis Hunderte, ja sogar Tausende von Jahren gebraucht haben, um sich zu entwickeln. Im Jahrhundert der Wahrheit mussten einige Rishis tausend Jahre Buße tun, um gewisse Fehler in ihrem Wesen zu überwinden. Muss ich euch sagen, dass auch heute Buße notwendig ist? Im Kali Yuga ist Buße notwendig. Es sind keine tausend, fünfhundert oder hundert Jahre Buße nötig; indem man sich an die Gnade des Inneren Geistes wendet, ist Buße getan. Was Hunderte von Jahren brauchte, um es zu erreichen, kann in einem Moment von denen erreicht werden, die dafür bereit sind.

Jene, die sich dem Zeitalter des Lichtes zuwenden, können schnell etwas erreichen, obwohl wir noch in der Dunkelheit sind. Einige von euch älteren Satsangis wissen, dass es im ersten Teil der Spirituellen Entwicklung langsam vorangeht. Nun erreichen es die jungen Leute in ein paar Tagen, sie kommen auf die gleiche Stufe. Ich bitte die Älteren, nicht eifersüchtig zu sein. Manchmal höre ich die Klage:

Ich habe mich dreißig Jahre bemüht, wie kommt er oder sie dazu, zu denken, so gescheit zu sein, dass er nur zwei Wochen dazu braucht!

Gestattet mir zu sagen, dass es im Kali Yuga so ist. Wir nähern uns der Zeit, wo der Mensch den Gipfel seiner eigenen Inneren Spiritualität in einem Augenblick erreicht. Es ist schön, dass wir in diesem besonderen Zeitalter, in dieser besonderen Zeit leben. Wir haben diesen Punkt erreicht. Wir sind zweifellos auf dem Kurs, der zum Gipfel führt. Ich fordere euch auf, dem Selbst im Innern zu dienen. Hari Om Tat Sat.