Kirpal Singh

Die tausendköpfige Schlange

I

Ein Wahrer Mensch ist, wer sich in seinem Herzen um die Leiden anderer sorgt. Wer das nicht tut, ist kein Mensch.

Als König Nadir Shah in Indien einfiel, gab es Blutvergießen und Kampf. Einige Leute gingen zu einem Weisen und fragten ihn, was dem Lande geschähe, denn ohne irgendeinen ersichtlichen Grund würden die Menschen gepeinigt und getötet.

Der Weise erklärte ihnen:

Die Rückwirkung unserer eigenen schlechten Handlungen hat Unglück in Gestalt von Nadir Shah gebracht.

Indien war ein Land der Rishis und Munis, rein, sauber und unberührt von den Giften der Städte – Laster, Korruption und Unrecht. Aber heute ist es überflutet von diesen Übeln und die ganze Atmosphäre ist verdorben worden.

Ich erinnere mich auch, dass es vor wenigen Jahren, um 1915, nur wenige Geschäfte in der heiligen Stadt Hardwar, die von Wäldern umgeben war, gab. Die Menschen verrichteten ihre Meditation an den Ufern des heiligen Ganges, an abgesonderten Plätzen hier und dort verstreut. Als ich nach ein paar Jahren, um 1920, an diesen Ort zurückkehrte, fand ich die Lage verändert. Bei einem weiteren Besuch im Jahre 1926 sah ich, dass jemand zwei Kinos eröffnet hatte; die Atmosphäre dieses heiligen Ortes war vergiftet. Eine willkommene Veränderung für die weltlichen Menschen. Wenn sich die heiligen Orte verändert haben, kommt das von den sündhaften Handlungen der Menschen dort. Es hat keinen Zweck, auf Durst zu warten, bevor eine Quelle gegraben ist. Während einer Zeit kriegerischer Auseinandersetzungen kann wenig getan werden. Wir können nur Sympathie in unseren Herzen für die Unschuldigen haben, die mit den anderen zusammen leiden und zu Gott um Seine Barmherzigkeit beten. Im Voraus bereit zu sein, ist der einzige Weg, Schwierigkeiten zu vermeiden, und in Zukunft sollten wir eine Lektion lernen und nicht die Reinheit unserer Umgebung durch unsere sündigen Handlungen zerstören – besonders jener Orte, die für die Meditation gedacht sind. Swami Vivekananda sagte, dass Gott uns vergeben wird, wenn wir die Sünden bereuen, die wir an weltlichen Orten begehen, aber Er wird niemals die Sünden vergeben, die an heiligen Orten begangen werden. Wenn ihr also an eine heilige Stätte geht, haltet eure Gedanken rein und allein auf Gott gerichtet.

Ein Gott Liebender sagt:

Ich hatte nur ein Gemüt, das Shyam (Krishna) genommen hat; wer ist nun da, den Namen Gottes zu nehmen? Geliebter, ich habe nicht zehn oder zwanzig Gemüter, nur eines.

Alles ist ein Spiel des Gemüts, und am schwierigsten ist, es vollkommen an jemanden zu übergeben. Unser Hazur sagte einmal beim Satsang – die Heiligen verwenden sehr wenige Worte:

Gebt heute euer Gemüt und ihr werdet direkt zu Gott gehen.

Ein Mann stand auf und sagte:

Maharaj, ich bin bereit, mein Gemüt aufzugeben,

aber der Meister antwortete:

Werde zuerst Herr deines Gemüts, dann kannst du es geben.

Wir können nur das geben, was unser ist. Gegenwärtig werden wir vom Gemüt von einem Ort zum anderen gezogen; wir sind in seiner Gewalt. Das Gemüt steht wiederum unter der Herrschaft der Sinne, und die Sinne sind auf äußere Freuden und Sinnesobjekte aus. Unser Zustand ist entartet.

Solche Zustände, die als das Ergebnis der Negativen Kraft anzusehen sind, werden uns nie berühren, wenn wir ein reines Leben führen. Die Negative Kraft ist ein großer Richter und sehr gerecht in ihrer Bestrafung. Ihre Feder schreibt gemäß unserer Karmas. Was ist alsdann Reinheit und Güte? Es ist ein Gemüt, das völlig an Gott übergeben worden ist. Alle Unannehmlichkeiten und aller Kampf werden dadurch beendet. Wenn sich das Gemüt vom Herrn zurückzieht und mit etwas anderem verbindet, dann wird alles, was der Mensch tut, ihn weiter von Gott abbringen, und je weiter er sich entfernt, desto größer ist die Sünde. Dies ist die wahre Erklärung der Sünde.

Die Negative Kraft sagt:

Ich werde nie irgendjemanden strafen, wenn die Menschen rein werden.

Somit ist am Hofe der Heiligen die größte Lehre, das Geheimnis aller Geheimnisse: Gott wird von dem gewonnen, der sein Gemüt übergibt.

Durch die Gnade des Meisters erhaltet ihr eine Erfahrung bei der ersten Meditation, wie wenig es auch immer sei, um zu beweisen, dass innen etwas ist. Aber ehrlich gesagt, der Schüler wird nur Erfolg haben, wenn er sein Gemüt übergibt. Wohin immer das Gemüt geht, dorthin wird der Körper folgen und so auch das Herz und der Intellekt. Ihr könnt es auch als Spiel des Herzens bezeichnen. Wie ich schon zitiert habe – Ich hatte nur ein Gemüt, das Shyam weggenommen hat, wer kann nun den Namen Gottes nehmen? –, ihr könnt nicht zwei Aufgaben auf einmal bewältigen. Die weltlichen Pflichten sind so wichtig wie die spirituellen, und wenn ihr den besten Gebrauch von ihnen in einer losgelösten Weise macht, ist alles gut; wenn aber nicht, werdet ihr euch Tag für Tag weiter von Gott entfernen. Um den größten Nutzen aus diesem menschlichen Leben zu ziehen, das uns mit solch Großem Segen gegeben wurde, ist das Gemüt der Preis, den wir bezahlen müssen. Hazur Maharaj (Baba Sawan Singh Ji) pflegte zu sagen, dass ein Wäscher nie verschmutzte Kleidung ablehnen wird, ganz gleich, wie unsauber sie ist, selbst die eines Kohlenträgers nicht. Er betrachtet es als seine Arbeit, sie zu säubern, selbst wenn es mehr als eine Wäsche erfordert.

Wenn das Gemüt schmutzig ist, ist alles schmutzig; sich körperlich zu waschen, reinigt das Gemüt sicher nicht. Die Welt lebt dahin in Vergessenheit; unter Millionen wird nur einer die Wahrheit entdecken.

Die Welt ist wirklich von der Täuschung durchdrungen. Wir sollten außen und innen rein sein, denn diese physische Form ist der Tempel Gottes, in dem das Licht der Wahrheit brennt.

Selbst wenn der Fisch Gemüt in das klare Wasser des heiligen Ganges geht, kann er den üblen Geruch nicht loswerden.

Das Gemüt geht immer dorthin, wo ihr es haben wollt.

Der Meister sagt:

Ich gab den Körper dem Heiligen; ich gab den Reichtum dem Heiligen; ich gab das Gemüt dem Heiligen. Was geschah? Ich erhielt den Höchsten Gott.

Es gibt welche, die den Körper geben, nicht viele, aber es gibt einige. Ihr werdet Tausende finden, die bereit sind, ihren Reichtum aufzugeben – obwohl es solche gibt, die zögern: ‚Du kannst meine Haut haben, aber ich möchte nicht einen Pfennig mit dir teilen.‘ Aber ihr werdet nicht einen finden, der bereit ist, sein Gemüt zu geben. Wer den Mut hat, das zu tun, würde sofort Gott erkennen.

Guru Amar Das Ji hatte einen Schüler mit Namen Jetha Ji, der später Guru Ram Das wurde; aber viele von Seinen Schülern hatten den Wunsch, der Nachfolger des Gurus zu sein. Alle Meister haben Ihre eigenen Wege des Prüfens und Erwählens, und Guru Amar Das Ji sagte zu Seinen Anhängern, sie sollten viele Terrassen aus Erde bauen. Sie kamen alle – ihr seht, sie waren sehr gehorsam – und sie bauten die Terrassen. Sie gefielen dem Guru nicht, deshalb errichteten sie sie von neuem. Dies ereignete sich immer wieder und der Guru sagte schließlich, dass der Boden nicht geeignet sei und ein anderer Platz für diesen Zweck gewählt werden sollte. Nach dem Neuaufbau wurde die Erde wieder als unpassend befunden, deshalb wurde neue von einem anderen Ort gebracht. Diese Arbeit wurde ebenfalls vom Guru abgelehnt und ein anderes Gelände ausgewählt. Mit der Zeit hatten die Schüler begonnen, miteinander zu sprechen und einer fragte den anderen: Was will Er? Auf dem Weg zum nächsten Bauplatz gaben einige auf und gingen nach Hause, und während des Aufbauens verließen noch viel mehr die Arbeit. Zuletzt einigten sich die Verbliebenen wenigen, dass Guru Amar Das Ji alt geworden sei und nicht mehr richtig denken könne – Er ist über hundert Jahre alt, und dies ist keine vernünftige Sache – Terrassen bauen und sie immer wieder einreißen! Sie dachten, dass aufgrund des Alters des Gurus ein gewisser Verfall eingetreten sei. Sie versuchten Jetha Ji zu überreden, mit dem Bauen aufzuhören, aber er, dessen Augen für die Wahrheit offen waren, hörte dies und fing an zu weinen.

Er sagte: Meine Arbeit ist es, dem Meister zu gehorchen, und wenn Er mir auftragen würde, diese Arbeit mein ganzes Leben lang zu tun, wäre ich darüber glücklich. Guru Amar Das suchte nach einem, der sein Gemüt übergeben hatte, um das geeignete Gefäß für die beschwerliche Aufgabe des Meisters zu sein, und er fand einen in Jetha Ji. Das ist mit Aufgabe des Gemüts gemeint.

Gott ist nicht weit weg, aber das Gemüt ist das Hindernis. Wenn ihr einen sehr starken Wunsch habt, Gott zu erkennen, dann setzt einen Fuß auf euer Gemüt und der nächste Schritt wird zur Türe Gottes sein. Wer sein Gemüt gibt, wird das Geheimnis aller Geheimnisse erhalten. Früher pflegte der Meister nicht eher die Initiation zu erteilen, bis Er etwas aus dem Schüler gemacht hatte; so wie ein Töpfer den Topf erst formt und brennt und ihn dann mit etwas füllt.

Die Meister pflegen die Schüler für einige Zeit bei Sich zu Ihren Füßen zu behalten, bis sie reif waren, die Initiation zu erhalten. In diesem Kali Yuga – dem Eisernen Zeitalter – brauchen die Menschen die Barmherzigkeit des Meisters in Überfülle; wer kann heutzutage jahrelang zu Füßen des Meisters sitzen?

Kabir Sahib sagt:

Ich bin das schlechteste Wesen von allen; alle anderen sind gut. Wer genauso denkt, ist mein Wahrer Freund.

Das Gemüt steht uns im Weg und wenn ihr es aufgeben könnt, habt ihr alles aufgegeben. Wohin immer das Gemüt geht, dorthin gehen der Körper und die Seele. Das Herz wurde von Gott in unsere Obhut zur sicheren Verwahrung gegeben und wir hätten Ihn einladen sollen, dort zu sitzen, aber stattdessen haben wir der Welt erlaubt, diesen Platz einzunehmen.

Wo immer unser Verlangen ist, dorthin werden wir gehen.

Deshalb sollten die Gedanken eines Menschen zur Zeit des Todes auf Gott gerichtet sein. Aber wessen Aufmerksamkeit kann bei Gott verweilen, wenn unsere Gedanken immer mit jenen Dingen beschäftigt sind, denen unsere Aufmerksamkeit unser ganzes Leben hindurch galt? Ein Brunnen kann nicht an einem Tag gegraben werden. So ist der unschätzbare Rat des Meisters: Wenn ihr Gott zu verwirklichen sucht, dann gebt euer Gemüt auf. Das Kali Yuga ist auf seiner Höhe und wirkt in voller Stärke, und deshalb ebenfalls des Meisters Gnade und Barmherzigkeit.

Der Mensch ist skeptisch: ‚Ist innen tatsächlich etwas?‘ Wir zünden in den Tempeln Lampen an und verrichten alle Arten äußerer Zeremonien, aber selten kommt es uns in den Sinn, dass es etwas im Menschen selbst geben könnte.

Ich begegnete einmal einem Mahatma – ich bin es gewöhnt, mit allen religiösen Oberhäuptern zusammenzukommen, nur um sie zu hören. Dieser betreffende Führer hatte von mir und von der Wissenschaft, die ich lehre, gehört.

Er sagte:

Was ist innen im Körper? Nichts als Schmutz, Fleisch, Blut und Knochen. Sie sagen, dass innen eine Sonne ist; können wir sie nicht außen sehen?

Wenn einer nicht selbst gesehen hat, wie kann er wissen, ob innen Licht ist oder nicht? Ihr Leute, die ihr etwas gesehen habt, solltet es erweitern. Bedenkt, ihr werdet soviel Fortschritt machen, wie ihr von eurem Gemüt geben könnt. Das Alphabet der Spiritualität beginnt, wenn ihr den Körper verlasst, euch von außen zurückzieht und euer Gesicht nach innen wendet. Welche Erfahrungen euch am Anfang auch immer gegeben wurde, ist für euch, damit ihr wisst, dass innen etwas ist. Solange ich nicht mit meinen eigenen Augen sehe, will ich selbst die Worte des Gurus nicht glauben. Das ist der Grund, weshalb es jetzt, wo wir auf der Höhe des Eisernen Zeitalters sind, verhältnismäßig mehr Gnade gibt; so sollten wir den besten Gebrauch davon machen, solange wir können.

Wie kann das Gemüt beherrscht werden? Durch äußere Handlungen könnt ihr es nur für eine kurze Weile überwachen. So wie ein mit Asche überdecktes Feuer erloschen zu sein scheint, wird doch ein kleiner Windstoß die Asche wegblasen und die glühenden Kohlen darunter offenbaren. Wenn man jedoch zu Wasser greift, wird selbst der wildeste Sturm keine Hitze entfachen können. Um das Gemüt zu kontrollieren, gibt es nur eine Lösung, und das ist Naam.

Wenn man mit Naam in Verbindung kommt, wird das Gemüt kontrolliert.

Warum? Weil das Gemüt dann eine weit größere Freude erhält, als sie die Sinne bieten können.

Dieser Wald der äußeren Freuden ist geschmacklos; verlasse ihn und trinke den Nektar von Naam.

Die weltliche Sphäre ist mit der Verworfenheit äußerer Freuden erfüllt, die alle keinen wahren Reiz oder Wert haben. In Gott, Der Ewig ist, liegt der unvergängliche Nektar, und das ist die Nahrung für die Seele. Solange unsere Seele durch den Mangel am Brot und Wasser des Lebens darbt, wird sie nie ständige Glückseligkeit haben. Und wenn das Gemüt eine Kostprobe davon bekommt, beruhigt es sich und wird still. In den Hindu-Schriften steht geschrieben, dass man es eventuell glauben kann, wenn sich jemand brüstet, ein ganzes Meer austrinken zu können, ohne dass man es tatsächlich gesehen hat. Auch wenn einem jemand versichert, dass die Berge und Bäume laufen, könne man das glauben. Aber wenn irgendjemand behauptet, sein Gemüt unter Kontrolle zu haben, könne man dies unmöglich glauben, solange man es nicht mit eigenen Augen gesehen habe.

Guru Nanak sagt:

Das Gemüt kann beherrscht werden, o Nanak, mit der Barmherzigkeit Gottes im Meister.

Die Behandlung liegt alsdann darin, den Nektar vom Allerhöchsten zu trinken, wodurch der Wein äußerer Freuden schal wird; oder darin, Gemeinschaft mit Einem halten, Der den Nektar des Lebens in Sich hat.

Wenn ihr eure Aufmerksamkeit auf einen Wahren Meister richtet, wird das Gemüt gesättigt.

Ein Moslem-Heiliger sagt:

Man sollte mit Dem Gemeinschaft halten, Der den Zustand unseres Gemüts kennt und sieht, wie wir im Strom treiben. Sitzt unter dem blühenden Baum, dessen erfrischender Duft die Luft mit süßer Kühle erfüllt; wer durch die Sonne ausgedörrt ist, erfreut sich sicher des lindernden Balsams, wenn er dort sitzt. Wir sollten nicht ziellos in den Marktstraßen umherstreifen, sondern in dem Geschäft sitzen, wo es reinen Honig gibt. Es mögen köstliche Suppen in den Töpfen brodeln, über die viel geredet wird. Aber sitzt nicht dort mit eurer Schale; denn wer weiß, ob es reine Milch ist, die da gekocht wird, oder nur die selbstsüchtigen Wünsche und Gedanken des Kochs?

Alles Wissen der Welt ist nutzlos, denn das Gemüt kann nur mit dem Nektar von Naam – Gottes eigener Süße – kontrolliert werden.

Das Geheimnis aller Geheimnisse ist Gott, Der bis jetzt nie gesehen wurde und in Den wir uns vertiefen müssen. Als Er Sich Selbst zum Ausdruck brachte, wurde Er aus einem zu vielen, und aus der Großen Sonne in Maha Brahmand kam der Ton. Diese Lehre wurde von Rishi Ingris an den Sohn von Devki, als Krishna gekannt, weitergegeben. Die Upanischaden beziehen sich darauf. Man erhält die wirkliche Wahrheit, wenn man das Gemüt gibt, und je mehr ihr gebt, desto mehr Wahrheit werdet ihr erhalten. Viele große Rishis und Munis der Vergangenheit sind durch das Gemüt von erhabenen Höhen gefallen. Aber warum jene erwähnen: Sie mögen in ihrem Leben nur einmal gefallen sein, aber wir fallen täglich.

Was verlangte Ashtavakra von König Janaka, als Er ihm das Wissen vom Jenseits gab? Den Körper, den Wohlstand und das Gemüt. Entschuldigt, aber wo fingen all diese Schwierigkeiten an? Dieser Körper ist der Anfang der Täuschung. Die Täuschung ist ein anderer Name für Vergessen und alles fing an, als wir zu denken begannen, wir seien der Körper. Wir glauben, er sei beständig, aber er ist nur eine sehr kurzlebige Daseinsform, die bald vergangen ist, und wir verschwenden all unsere kostbare Zeit damit, für ihn zu sorgen, und ignorieren das unschätzbare Juwel Innen. Wir sind der Bewohner des Körpers – nicht der Körper selbst. Durch uns werden die Sinne und der Intellekt erhalten, und durch uns arbeitet die ganze Maschinerie unseres Seins, bis wir uns davon zurückziehen. Gott wohnt in uns und muss nicht von anderswoher gebracht werden. Um zu lernen, wie man sich über den Körper und die Sinne erhebt, haben Yogis Hunderte von Jahren gebraucht, aber ihr Leute lerntet dies am allerersten Tag, als ihr die Verbindung bei der Initiation bekamt, und ihr solltet danach streben, vorwärtszugehen, denn das Ziel ist noch sehr weit.

Ein anderer Moslem-Prophet sagt:

Ohne Unterlass wogt das Meer der Liebe – endlos.

Was würde geschehen, wenn jemand in dieses Meer fallen würde? Er sollte sich hingeben und gehen, wohin es ihn auch immer trägt. Anzuhalten und zu denken: ‚Wohin geht es? Möglicherweise führt es mich, wohin ich nicht will‘ – ist falsch, denn die Seele wird durch den Herrn zu Sich gezogen, in welcher Richtung sie auch gehen mag. Das ganze Panorama der Schöpfung wurde durch Ihn geschaffen, und wenn sich unsere Seele Ihm zuwendet, wird alles unser sein. Der Mangel an Kontrolle ist die einzige Schwäche in uns. Ich kann es euch in einem oder in hundert Worten sagen, aber was ich betone, ist: Wenn ihr Gott verwirklichen wollt, müsst ihr euer Gemüt aufgeben. Achtet nicht auf das Gemüt und gehorcht einfach dem Einen, in Dem Gott offenbart ist. Es ist wahr, ihr habt Gott nicht gesehen, aber dem Meister zu gehorchen heißt, Gott zu gehorchen.

Es war einmal ein Mädchen, das äußerlich sehr einfach zu sein schien, in Wirklichkeit jedoch sehr intelligent war. Eines Tages hörte sie, dass der König des Landes ein Fest veranstaltete, bei dem viele wunderbare Geschenke frei an jedermann gegeben würden. Jeder der Untertanen des Königs konnte ein Geschenk wählen. Als das Mädchen bei dem Fest ankam, ging es in der wunderbaren Ausstellung umher und fand das eine schöner als das andere, aber sie beeilte sich nicht bei der Wahl. Sie überlegte sorgfältig, und als sie dann an einem Ende den König von seinem Hofstaat umgeben sitzen sah, lief sie auf ihn zu. Der König hatte die Vorgänge mit großem Interesse beobachtet und wusste ganz genau, dass das kleine Mädchen noch nicht sein Geschenk ausgewählt hatte, so sagte er, als es sich vor ihm verneigte: Unwissendes Kind, das Fest wird bald beendet sein, du solltest dich lieber beeilen und etwas auswählen. Ohne Zögern legte das Mädchen seine Hand auf das Haupt des Königs und fragte: Nun, wem gehört ihr? Der König lächelte und antwortete: Jetzt gehöre ich dir. Es lachte fröhlich und fragte: Und all die Dinge des Festes? – Sie sind mein, aber nun sind sie dein, antwortete der König, der in seinem Herzen außerordentlich glücklich war, dass wenigstens einer seiner Untertanen ihn allem anderen vorzog.

‚Wenn du mein wirst, ist die ganze Welt dein.‘ Um euch dem Herrn, Den ihr bis jetzt noch nicht gesehen habt, zu übergeben, müsst ihr zu Einem gehen, in Dem Er offenbart ist. Zu Seinen Füßen zu sitzen ist, als säßet ihr bei Gott, und je mehr ihr euch Ihm übergebt, desto erfolgreicher werdet ihr sein. Dies ist nicht eine Frage des Opferns – ihr solltet das verstehen.

Ihr habt das unschätzbare Juwel um einer Muschel willen beiseitegelegt!

Umwölkt von der Täuschung haben wir die Frucht weggeworfen und erfreuen uns an den Schalen. Wir haben die physische Form erhalten, und Gott zu verwirklichen ist das Größte Ziel im Leben. Euch wurde der Bhajan gegeben und euch wurde aufgetragen, ein Tagebuch zu führen. Es ist leichter, einen Baum zu fällen, wenn man zuerst die Zweige abschneidet. Wir müssen zuerst das Ego wegschneiden, um Fortschritte zu erlangen.

Ego und Verhaftetsein werden durch Shabd verbrannt, wenn man Jyoti oder das volle Licht erhält, indem man durch völlige Ergebenheit an den Guru ein Gurumukh wird.

Täglicher Kontakt mit Gott ist das einzige Heilmittel, bis ihr seht, dass Er der Handelnde ist und nicht ihr selbst. Solange die Ich-haftigkeit bleibt, werden alle Handlungen, ob gut oder schlecht, weiterhin dazu führen, dass ihr Belohnung und Bestrafung erntet. Aber wenn der Schüler der Bewusste Mitarbeiter am Göttlichen Plan wird und erkennt, dass er nichts ist, dann hat er den Strom des Lebens durchquert.

Soami Ji hat gesagt, dass wir nicht zögern sollten, alles zu tun, um das Gemüt zum Schweigen zu bringen. Wir erfassen nicht in vollem Umfang, dass das Gemüt jedermann zum Verhängnis wird. Es ist wie eine tausendköpfige Schlange, die ständig bei jedem ist. Es hat tausend verschiedene Wege, um einen Menschen zu zerstören; die Reichen mit dem Reichtum, die Armen mit der Armut, den Redner mit seinen schönen Ansprachen – es fasst jeden an seiner schwachen Stelle und spielt darauf, um ihn zu zerstören. Was ist das Ergebnis? ‚Wer ist so groß wie ich? Ohne mich gäbe es Misserfolg! Außer mir gibt es keinen.‘ In solch einer traurigen Lage wird die Wahrheit zerstört.