Kirpal Singh

Am Vorabend des Geburtstages

Der Meister hielt diese Ansprache beim Abendsatsang am 5. Februar 1973.

Liebe Brüder und Schwestern!

Wem gebührt die Ehre für all das, was ihr gehört habt?

Christus sagte:

Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.

Dies ist die Beziehung zwischen dem Guru und Seinem Schüler. Der Sikh oder Schüler ist der, welcher vom Guru als solcher angenommen worden ist. Es ist nicht Sache des Schülers; es ist alles das Werk meines Meisters.

Er sagte zu mir:

Siehe, ich habe so viel getan, das Übrige hast du zu tun.

Ich weinte vor Schmerz.

Meister, wie kann ich es tun?

und Er sagte:

Ich bin bei dir.

Wenn also die Identität des Schülers im Guru aufgeht und er Eins mit Ihm wird, ist es die Gurukraft, die wirkt, denn es ist Sein Werk.

Hafiz sagte:

Ich bin befreit von aller Furcht, denn ich bin in meinem Wahren Freund, meinen Meister, eingebettet. Welche Furcht sollte der vor dem Tod haben, der sich selbst im Wasser des Lebens ertränkt hat?

Ramakrishna zeigte einmal Vivekananda einen Teller, der mit Honig gefüllt war, und sagte:

Dies ist das Meer der Unsterblichkeit und du bist eine Biene. Wie willst du es in dich aufnehmen?

Vivekananda antwortete:

Ich werde am Rand beginnen, um zu verhindern, dass ich darin kleben bleibe.

Ramakrishna erwiderte:

Es ist das Meer der Unsterblichkeit! Stürze dich kopfüber hinein.

Wer ist der Guru? Im Gurbani heißt es:

Er, Welcher Einer ist von Anfang bis Ende, ist mein Guru.

Ihn, in Dem Gott offenbart ist – den offenbarten Gott im Menschen – nennen wir Guru. Es bedeutet, dass kein anderer als Gott der Guru ist. Wir verehren auch den Menschlichen Pol, in dem das Licht Gottes offenbart ist. Wir schätzen die Birne, weil sie uns Licht gibt. Der Guru ist personifiziertes Licht. Der Sikh oder Schüler sollte zuerst ein Gurusikh werden. Wie? Indem er Ihm unbedingten Gehorsam leistet und das tut, was der Guru von ihm verlangt. Dies ist der erste Schritt. Er sollte ihm buchstäblich folgen, hundertprozentig.

Wenn ihr mich liebt, so haltet meine Gebote.

Das ist der Prüfstein. Aber wir handeln nicht so; wir ändern Seine Gebote gemäß dem Diktat unseres Gemüts und des Intellekts ab. Der Intellekt ist eine bittere, süße Sache. Er ist gut und er ist schlecht. Er ist etwas, was wir genau verstehen sollten. Er hält uns versklavt. Was bedeutet Maya buchstäblich? ‚Ma’ heißt ‚messen’ und ‚ya’ ‚Werkzeug’ – so ist es also ein Werkzeug zum Abwägen. Das ist es, was unser Gemüt oder der Intellekt sein sollte. Wir müssen dies verstehen, um den besten Nutzen daraus zu ziehen. Es ist eine Frage des rechten Verstehens. Aber die Beziehung zwischen Guru und Schüler ist etwas, was darüber hinaus geht und jenseits davon steht.

Ein Moslem-Heiliger sagte:

Ich bin der Körper und Du bist das Leben, das mich beseelt; Du wirst ich und ich werde Du, sodass die Menschen nicht sagen können, dass Du und ich getrennte Wesen sind.

Wenn eine solche Beziehung zwischen dem Meister und dem Schüler einmal hergestellt ist, tut der Meister alles. Es hängt nur davon ab, ob der Meister den Schüler annimmt. Vielleicht war ich ein Verschwender. Mein Meister Hazur Maharaj Ji sah, dass dieser Verschwender den Reichtum freimütig an alle und jeden weggeben würde. Und dies war es, was Er wünschte; denn Sein Schatz von Naam ist unerschöpflich und wird für immer vollständig bleiben. Deshalb haben Tausende Vorteil von Seiner Großmütigkeit. Es ist nicht mein Reichtum. Dies ist der Grund, warum ich sage, dass ich nur der Deckmantel bin. Ihr steckt so sehr in der Täuschung, dass ihr mir selbst dann nicht glaubt, wenn ich es euch sage. Trotzdem ist es eine Tatsache.

Welchen Vorteil ihr auch immer haben mögt, es ist nicht mein Verdienst. Vor einigen Jahren während der Feierlichkeiten des Diamantenen Jubiläums, wurden so viele Dinge über mich gesagt. Ich erklärte, dass ich all die Dinge, die hier gesagt worden sind, an Ihn, Dem die Ehre gebührt, weitergegeben habe. Wenn ein Kassierer einhunderttausend Rupien auf das Konto seines Meisters deponiert, gehört das Geld nicht ihm; er ist nur ein Untergebener, der im Monat einhundert Rupien verdient.

Die Kraft (Gurukraft, Christuskraft, Gotteskraft, nennt sie, wie immer ihr wollt) vergeht nie. Sie offenbart Sich immer wieder in verschiedenen Menschlichen Polen, um die Menschenkinder zu führen. Wir achten alle, die von Gott beauftragt wurden, Seine Kinder in das Haus des Vaters zurückzubringen. Es ist das Licht Gottes, das in Ihnen wirkt. Und was sagen Sie über Ihre Mission?

Ich bin in diese Welt gekommen, auf dass die da nicht sehen, sehend werden, und die da sehen, blind werden.

Johannes 9:39

Nur wenn die Aufmerksamkeit von den äußeren Dingen abgezogen und nach Innen gelenkt wird, wird die Innere Schau geöffnet und man ist fähig zu sehen. Die Beauftragten, Die kommen, sind Leuchttürme; Sie sind das Licht Gottes, das sich aus dem menschlichen Körper enthüllt. Sie haben eine Ausstrahlung, die denen Nutzen bringt, die in Ihren Einflussbereich gelangen. Alle Ehre gebührt Ihnen.

Hazur Maharaj sagte zu mir:

Wenn ich bei dir bin, brauchst du keine Furcht haben.

Ich kann nur sagen, dass alles durch Seine Gnade geschieht; durch mich kommt nichts. Heute morgen sagte ich beim Satsang, dass, wenn Gottmenschen kommen, Sie laut rufen:

Kommt alle und kehrt zurück in eure Wahre Heimat.

Christus sagte:

Ich verlasse die Welt und gehe zum Vater.

Andere Meister sagten dasselbe auf ihre eigene Weise. So kommen die Meister, um die Kinder Gottes in ihre Wahre Heimat zurückzubringen. Dies ist Ihre Aufgabe. Und wem gebührt die Ehre? Ihm, der Sie sendet.

Die Bevollmächtigten, Die von Zeit zu Zeit gekommen sind, beziehen Sich alle auf Ihre Mission und Ihren Auftrag, einige direkt, andere in der dritten Person.

Kabir sagte:

Ich kenne die Geheimnisse der Ewigen Heimat und wurde von Ihm beauftragt, Sein Werk auszuführen.

Einige sagten (wie Guru Nanak und Guru Gobind Singh): 

Ich bin Sein Diener.

Andere (wie Christus und Mansur):

Ich und der Vater sind Eins.

So sollte ein Sikh oder Schüler zuerst ein Gurusikh (ein Mensch des Gurus) werden; und was ist ein Gurusikh?

Im Gurbani heißt es:

Wahrlich, der Guru ist ein echter Sikh, und ein echter Sikh ist der Guru, und beide von Ihnen wirken, um die uralten Lehren der Meister wiederzubeleben.

Von einem Gurusikh sollte man zu einem Gurumukh werden.

Ich lebe; doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir.

Wenn er Ihn wirken sieht, vergisst er, wer spricht. Ein Moslem-Heiliger sagt:

Wenn Er spricht, spricht Gott, obwohl es scheint, dass die Stimme aus einer menschlichen Kehle kommt.

Tatsache ist, dass alle Ehre Ihm gebührt. Alles geschieht durch Seine Gnade. Ich sagte euch heute beim Morgensatsang, dass die Sonne im Untergehen begriffen ist. Seid wachsam, ehe es zu spät ist. Jene, die durch die Gnade des Meisters ein Anfangskapital erhalten haben, sollten versuchen, es zu vermehren.

Mein Meister Hazur Baba Sawan Singh Ji Maharaj pflegte zu sagen:

Wer während seines Lebens studiert und einen akademischen Grad erlangt hat, wird ihn auch nach dem Tode behalten. Aber wer während seines Lebens ungebildet blieb, kann nicht hoffen, nach dem Tode einen akademischen Grad zu erhalten.

So wacht auf, bevor es zu spät ist. Ihr dürft nicht vom Leben abhängig sein.

Was ist eine wirkliche Geburt? Wenn man im Hause des Gurus geboren wird.

Guru Nanak wurde gefragt:

Wann habt Ihr Euer Kommen und Gehen beendet?

Er sagte:

Als ich im Hause des Wahren Meisters geboren wurde, beendete ich mein Kommen und Gehen.

Die eine Geburt ist die physische; die zweite Geburt liegt über dieser.

Lernt zu sterben, damit ihr zu leben beginnen könnt.

Dies ist die zweite Geburt – zum zweiten Mal geboren werden: Ihr müsst wiedergeboren werden. Die Meister, Die kompetent sind, euch die zweite Geburt zu geben, sind Fleischgewordenes Wort. Sie verbinden euch mit dem Wort oder der zum Ausdruck kommenden Gotteskraft. Wohin wird es euch bringen? Es wird euch mit dem Wortlosen (Anami) vereinen, von dem es ausgegangen ist. Dies ist der direkte Weg zurück zu Gott. Die Meister, die uns auf diesen Weg stellen, gehören der ganzen Menschheit. Sie sind nicht das Monopol irgendeiner besonderen Religionsgemeinschaft oder eines Landes; sie kommen für die ganze Menschheit. Sie sind das Licht der Welt, solange Sie in der Welt sind (Johannes 9:5). Wir können nur dann vollen Nutzen aus Ihrer Inkarnation ziehen, wenn wir ein Gurusikh werden und weiter fortschreiten, um ein Gurumukh oder das Sprachrohr Gottes zu werden. Dies ist der wirkliche Gewinn des menschlichen Lebens.

Die Bücher und Schriften zeigen uns viele Wege der Befreiung; aber nur einer, der die Verbindung mit einem Lebenden Meister hat, wird Erlösung erlangen.

Mein Meister pflegte zu sagen:

Lebend oder tot, wir sind im Schoß des Gurus; wo ist da die Trennung?

Die Gotteskraft offenbart sich in einem Menschlichen Pol, um dem Schüler die Verbindung – etwas Kapital, um damit beginnen zu können – zu geben; Sie wohnt in ihm und verlässt ihn nicht oder gibt ihn auf, bis Sie, wie mein Meister zu erklären pflegte, die Seele des Schülers Schritt für Schritt zu ihrem letzten Ziel, zu Sat Purush oder Sat Naam, gebracht hat.

So gebührt die ganze Ehre den Erleuchteten, Die gekommen sind, uns auf den Weg zurück zu Gott zu stellen. Sie sind die Wahren Freunde des Menschen.

Im Gurbani steht:

O Nanak, meide die Gesellschaft von falschen Freunden und suche die Gesellschaft der Heiligen, deiner Wahren Freunde. Die Falschen werden dich während des Lebens verlassen, während die Heiligen dich selbst nach dem Tod nicht aufgeben.

So ist dieser Menschenkörper eine goldene Gelegenheit, die ihr bekommen habt. Jetzt liegt es an euch, Gott zu finden. Macht das Beste aus dieser Gelegenheit und hört nicht auf, bis das Ziel erreicht ist.