Kirpal Singh

Der einzigartige Stein der Weisen

Heute unterbreite ich euch nichts Neues, außer der uralten Wahrheit, die schon in den vergangenen Jahrhunderten in die Welt gekommen ist. Wann immer Meister kamen, haben Sie dieselbe Wahrheit verkündet. Sie kommen mit Licht, und Sie geben dieses Licht jedem, der danach verlangt; in der Tat bringen Sie das Licht nicht nur, sondern Sie Selber sind das Licht … die Kinder des Lichts. Für wie lange? Solange Sie auf dieser Erde leben. Jedoch das Licht stirbt niemals, es währt immer, und wenn eine Birne ausbrennt, wird eine andere an ihre Stelle gesetzt. Wenn die zweite ausbrennt, wird die dritte entzündet und so weiter. Dieses Licht oder diese Kraft nennen wir Gott oder Guru, und Es währt ewig.

Wenn die Meister kommen, bringen Sie Licht in die Welt, welche in tiefer Dunkelheit liegt. Durch ein wenig Licht wird die Dunkelheit vertrieben. Unglücklicherweise fehlt das rechte Verständnis, denn die Nebel der Täuschung sind so dicht, dass eine Hand die andere nicht findet, obwohl sie zum selben Körper gehört! Die Meister haben immer sehr offen gesagt:

Wir bringen nichts Neues, sondern das, was von Anbeginn existiert hat – nämlich rechtes Verstehen.

Was ist rechtes Verstehen? Es ist, einfach ausgedrückt, eine Sache des gesunden Menschenverstandes, eine Sache des Wissens – wer man wirklich ist. Habt ihr je einen Gedanken daran verwendet?

Der Mensch hat großes Wissen erworben – er hat intellektuelle Riesen hervorgebracht. Hochinformative Lektionen sind gegeben worden, und unzählbare Bücher stehen uns zur Verfügung. Viel wurde über die physische Gestalt gelernt, und mit Hilfe des Intellekts wurden viele Entdeckungen auf den verschiedensten Gebieten gemacht. Die Welt kann in einigen Stunden umkreist werden, als wäre sie eine kleine Stadt; auf dem Mond ist man gelandet, und nun wird das bisher verborgene Wissen über den Mond allmählich der Menschheit enthüllt. Ist es nicht eine Ironie und bedauerlich, dass wir bei all diesem Wissen dennoch nicht wissen, wer wir wirklich sind? Durch systematische Ernährung des Körpers sind wir physisch stark geworden, und auch intellektuell sind wir stark, weil wir unser Gemüt mit allerhand Wissen gefüttert haben, aber welche Nahrung haben wir der Seele gegeben?

Ist ein Mensch, wenn er geboren wird, ein Hindu, ein Moslem, ein Sikh, ein Christ, ein Buddhist oder ein Jain usw.? Er ist einfach ein menschliches Wesen – ein Mitglied der Menschheit. Guru Gobind Singh, der zehnte Guru der Sikhs, sagte:

Die Wahre Religion der Menschen ist nur eine.

Der äußere und innere Bau des Körpers ist überall der gleiche. Gott hat den Menschen nicht mit dem Zeichen einer bestimmten Religionszugehörigkeit gesandt, sondern Er hat ihn vielmehr in die Religion des Menschseins gesandt, und die verschiedenen Etiketten wurden erst später vom Menschen selbst angeheftet.

Als die Welt erschaffen wurde, gab es keine Religionen. Der Sikhismus zum Beispiel entstand nach Guru Nanak, als später der zehnte Guru die Nachfolger bestimmte und den Khalsa aufstellte. Vor 1500 Jahren gab es keinen Moslem, und vor 2000 Jahren gab es keine Christen. Wenn wir 5000 Jahre zurückgehen, finden wir keine Buddhisten oder Jains – alle kamen erst im Laufe der Zeit nach den Großen Erlösern, die zur Führung der Menschenkinder erschienen waren.

Obwohl Gott allen Menschen gleiche Rechte gegeben hat, was Geburt und physische Zusammensetzung betrifft, ist der Mensch dennoch unwissend darüber, was er wirklich ist. Wir alle haben einen Körper, aber wir sind nicht der Körper – wir sind an ihn gebunden – wir sind der Bewohner.

Alles ist gut, solange die beiden Gefährten zusammenwohnen, aber wenn einer das Haus verlässt, wird der andere zu Staub.

Der Körpergefährte bleibt in dieser Welt nur so lange lebendig, wie wir, die Seele, bei ihm sind; aber wenn wir getrennt werden behält ihn niemand, auch nicht für eine halbe Stunde; er wird aus dem Haus gebracht. Wenn ein Mensch stirbt, ist jeder darauf bedacht, schnell den Körper herzurichten und ihn wegzubringen. So lehren uns die Meister, dass wir wirklich Bewusste Seelen sind und der Körper nur so lange verherrlicht wird, wie diese Bewusste Seele in ihm wohnt.

Die physische Gestalt ist ein wunderbares Haus, in dem wir leben. Es hat neun Ausgänge – Augen, Nasenlöcher, Ohren, Mund, Genital- und Ausscheidungsöffnungen, aber der Bewohner kann aus keinem dieser Ausgänge hinaus. Eine Kraft hat ihn an den Körper gebunden, und er ist darin gefangen. Wenn diese Kraft zurückgezogen wird, muss auch der Bewohner den Körper verlassen.

Dieselbe Kraft kontrolliert Millionen von Welten in der Schöpfung, welche in vollkommenem Rhythmus bleiben und nicht aneinanderstoßen. Es gibt Sterne, die auf ihrer Bahn erst nach 5000 Jahren gesichtet werden können. Diese Kraft wird Naam oder das Wort genannt, und wenn Sie sich zurückzieht, gibt es eine Auflösung, und zur vorgesehenen Zeit des Göttlichen Plans tritt die Große Auflösung ein.

Guru Nanak Sahib sagt:

Naam kontrolliert alles; wessen Schicksal gut ist, der wird Naam erreichen.

Der Höchste Herr ist namenlos, aber Er brachte sich zum Ausdruck, und dieser Ausdruck wird Naam genannt; es durchdringt jedes Atom – es gibt keinen Ort ohne Naam. Wenn wir im menschlichen Körper forschen, werden wir darüber Kenntnis erlangen. Es ist ein tiefgründiger Gegenstand – wert, tief darüber nachzudenken.

Man braucht Handwerkzeuge und Maschinen, um etwas herzustellen, aber welche Werkzeuge sind im Mutterleib, um Augen, Ohren, Nase, Hände und Füße zu erschaffen? Habt ihr jemals darüber nachgedacht? Es gibt eine Kraft, die die Kontrolle hat; ist es nicht so? Diese Kraft müssen wir erkennen – den Erhalter allen Lebens im Mutterleib und außerhalb.

Wir alle sind Kinder desselben Herrn. Wenn der Lebensspender, obwohl unter verschiedenen Namen bekannt, Ein und Derselbe ist, warum bekämpft man sich dann gegenseitig? Das ist eine wichtige Lektion, die immer wieder von der Menschheit durch die Zeitalter hindurch vergessen wird; und die Meister kommen weiterhin, um uns daran zu erinnern.

Hunderte Liebende, aber der Geliebte ist Derselbe. Gesellschaftsschicht und Religion sind verschieden, aber das Werk ist das gleiche.

Es heißt auch:

Jeder wird in seinem Freund verherrlicht; es gibt nur eine Zielscheibe, aber viele Pfeile schießen darauf.

Das ist das höchste Mysterium des Lebens, welches wir enträtseln müssen. Die Meister haben es verwirklicht und auch jene, die mit Ihnen in Verbindung kamen. Eine religiöse Gemeinschaft wurde gegründet in dem Wunsch, die Lehren eines bestimmten Meisters lebendig zu erhalten, und damit immer mehr Menschen die Wahrheit verwirklichen. Solange diese selbstverwirklichten Persönlichkeiten hier lebten, um jene Lehren zu erfüllen, gediehen diese religiösen Gemeinschaften, aber nach Ihrem Hinscheiden verwandelten Stagnation und Zerstörung die lebendigen Praktiken langsam in bloße Formen und Rituale.

Wer kann Gott erkennen? Er kann nicht mit dem Gemüt, dem Intellekt, mit den Sinnen oder mit den Pranas, die den Atemprozess umfassen, erkannt werden. Er kann nur durch die Seele erkannt werden; und solange die Seele sich nicht selbst erkannt hat, kann sie nicht Gott erkennen.

Aus diesem Grunde betonten alle Rishis, Munis, Mahatmas und Meister, die jemals in diese Welt bis zur Gegenwart gekommen sind, gleich, zu welchem Land oder zu welcher Religion sie gehörten, das gleiche Gebot:

O Mensch, erkenne dich selbst!

Ist es eine wahrhaft wissenschaftliche Erkenntnis durch tatsächliche Selbstanalyse, wenn wir durch

Theorie, durch Anwendung des Intellekts, zum Glauben gekommen sind, dass wir die Seele sind und einen Körper bekommen haben? Ist es uns gelungen, uns willentlich über die Sinne zu erheben? Wenn ein Wahrer Meister in die Welt kommt, gibt Er den Suchern bei vollem Bewusstsein eine Demonstration, wie man sich über das Körperbewusstsein und noch weiter über die Sinne und das Gemüt erhebt – nicht von der Ebene des Intellekts aus, sondern praktisch. Das kann nur mit der Hilfe und der Gnade eines selbstverwirklichten und gottverwirklichten Menschen erfahren werden.

Bis das geschieht, bleibt unsere Seele in ihrem bedauernswerten Zustand – sie ist so sehr vom Gemüt und den Sinnen umgeben, dass sie zum Abbild von Körper und Welt geworden ist. Sie hat sich selbst und den Erhalter des Lebens vollkommen vergessen und hat auch den Weg zurück zum Wissen darüber vergessen. Gott wohnt mit uns im selben Körper, aber die Tragödie ist, dass wir nicht miteinander sprechen.

Wessen Seele stark ist, wird bemerken, dass sein Herz, Gemüt und der physische Körper in Harmonie miteinander wirken, weil Körper und Intellekt ihre Kraft von der Seele bekommen. So hängt das Leben des Gemüts und des Körpers von der Spirituellen Gesundheit ab. Der Meister speist die Seele mit dem Brot des Lebens. Das ist die Grundlage des rechten Verstehens.

Es heißt:

Er ist unser Wahrer Freund; wenn wir Ihn sehen, hört alles falsche Verstehen auf.

Ein solcher Meister ist selten zu finden, und wenn man das Glück hat, Einem zu begegnen, verblassen die weltlichen Reize – alle Engstirnigkeit schwindet.

Als Guru Nanak Sahib und Kabir Sahib kamen, bekämpften sich die Moslems und Hindus. Es war, als läge ein dichtes, dunkles Tuch über Indien. Guru Nanak beschrieb diesen Zustand einmal und sagte, dass der Mond der Wahrheit durch schwarze Nacht verdeckt sei. Die Prinzen waren zu Metzgern geworden, und jegliches ehrenhafte Verhalten war wie mit Flügeln entflohen. Welche Lehre verbreitete Guru Nanak?

Er sagte:

Wir sind weder Hindus noch Moslems – Allah und Ram sind der Atem dieses Körpers‘; das bedeutet, dass es nur eine Kraft gibt, und Ihre Ergebenen sind wir – ob sie nun Allah oder Ram genannt wird – und diese Kraft wahrlich der Atem unseres Lebens ist. Hindus und Moslems haben erst wir dazu gemacht.

Kabir Sahib drückte diesen Gedanken in ähnlicher Weise aus:

Wir sind weder Hindu noch Moslem – denkt, dass beide eins sind. Ob wir Puja oder Namaz (Hindu- und Moslem-Gebetsmethoden) ausüben, beides ist für Ihn.

Ein Moslem-Maulvi oder Priester forderte einst Guru Nanak heraus, indem er sagte:

Wenn du behauptest, Hindus und Moslems wären gleich, dann komme und lies Namaz mit uns!

Guru Nanak war gleich bereit und begleitete ihn zur Moschee. Der Maulvi Sahib las den Namaz, und der Kazi Sahib (mohammedanischer Richter) und alle anderen taten dasselbe, nur Guru Nanak nicht. Es wurde hinterher gefragt, warum Er nicht mit den anderen gebetet habe, und Er sagte:

Mit wem hätte ich beten sollen?

Er wurde daran erinnert, dass der Maulvi Sahib die Gebete durchgeführt hatte, aber Guru Nanak antwortete:

Aber in Wirklichkeit hat er es nicht getan; seine Gedanken waren zu Hause bei seinem Kalb, und er war besorgt, dass es in den Brunnen fallen könne.

Der Maulvi schwieg vor Schreck, aber gleich fragte der Kazi Sahib:

Warum hast du nicht mit mir gebetet?

Guru Nanak wandte sich ihm zu und lächelte:

Du? – Du hast gerade Pferde in Kabul gekauft!

Vor Furcht und Scham flüsterten sie:

Wer bist du?

Guru Nanak sagte:

Wenn ich sage, ich sei ein Hindu, werdet ihr mich töten, und ein Moslem bin ich nicht!

Er meinte damit, dass sie Ihn nach Seiner äußeren Erscheinung als Hindu und nicht nach Seiner Seele beurteilen würden – und dass Er nicht ihrer Vorstellung eines Moslem entspräche.

Die äußeren Formen und Rituale sind in Ordnung, aber sie sind oberflächlich, sie sind wie Monogramme, die zeigen, welche Schule ein Kind besucht. Offensichtlich ist nur jene Schule lobenswert, in der viele Kinder den Abschluss machen – das Ziel ihrer Studien erreichen.

So fragten sie Guru Nanak noch einmal:

Sage uns, wer bist du?

Er antwortete:

Wenn ihr die Wahrheit wissen wollt – Nanak ist eine Marionette, die aus fünf Elementen besteht; in ihr spielt der Unsichtbare – das bin ich.

Das bedeutet, dass der Körper aus fünf Elementen zusammengesetzt ist, und jene unsichtbare Kraft wirkt in diesem Körper – den die Leute Nanak nannten.

Als Guru Nanak nach Bagdad ging, gab Er eine Erklärung ab, nämlich:

Ich habe alle Religionen aufgegeben.

Die Leute fragten ihn:

Was ist dann dein Glaube?

Er sagte:

Liebt Gott, Er ist in jedem Menschen, also liebt jeden.

Das ist die Wahre Lehre, die von allen verwirklichten Seelen verkündet wird. Wir haben politische Sorgen, Länder bekämpfen sich, und es gibt nur eine Lösung für dieses traurige Problem – wir müssen herausfinden, wer wir wirklich sind. Es ist eine Sache des gesunden Menschenverstandes, und man braucht keine Philosophie, um zu verstehen, dass die Einheit bereits vorhanden ist als menschlicher Körper, Seele und als dieselbe Kraft, die wir anbeten, aber wir haben es vergessen, das ist alles. Es geht um die praktische Selbstanalyse, bei der das Bewusstsein von der Materie getrennt werden muss. In der Vergangenheit war die Verbreitung dieser Lehre immer die freie Arbeit selbstverwirklichter Seelen, aber heutzutage leben wir in einer Welt bezahlter Prediger und materieller Motive. Wenn wir in der Geschichte zurückschauen, finden wir Menschen wie Maharaja Ranjit Singh; ihm wurde von seinem Priester Akali Phula Singh im heiligen Tempel befohlen:

Gehe zurück, du hast eine Sünde begangen – du bist nicht geeignet einzutreten.

Er war ein König, aber er gehorchte stillschweigend – kann ein Priester heutzutage irgendeinem etwas befehlen und auf Gehorsam hoffen? Nein, denn jeder befasst sich mit seinen eigenen selbstischen Motiven.

Kabir Sahib sagte:

Alles wird vergessen, wenn es um den Magen geht,

das bedeutet, dass alle guten Vorsätze beiseitegelassen werden, wenn man den Magen befriedigen will.

Er sagte auch:

Einige haben die heiligen Schriften verwendet, und andere haben Esel benutzt (oder andere Lasttiere, um ihr Geld zu verdienen).

O Bruder, wenn du die menschliche Gestalt bekommst, ist es deine Aufgabe, Gott zu finden. Nichts sonst wird dir von Nutzen sein – bleibe in der Gemeinschaft eines Heiligen, und wiederhole das Heilige Naam.

Es ist ein großes Glück, dass ihr diese menschliche Gestalt habt, und es ist eure Aufgabe, Gott zu finden. In der Rig Veda (Teil der alten indischen Schriften) wird die menschliche Gestalt als Brahmpuri bezeichnet – der Ort, an dem Gott verwirklicht werden kann. Er wird auch der Wahre Ayodyapuri (Lord Ram Chandas Geburtsort) mit sechs Zentren und neun Toren genannt, wo Ram wohnt. Während wir in dieser Menschengestalt leben, ist es unsere wichtigste Aufgabe, Gott zu verwirklichen. Alle anderen Geschöpfe leben nur ein Leben der Sinne – sie haben keinen freien Willen. Der Mensch hat – gemäß dem Akash-Tattwa-Element in sich – ein Bewusstsein, mit dem er die Wahrheit von der Unwahrheit unterscheiden kann, und dadurch ist er fähig, die Wahrheit anzunehmen und aus der Unwahrheit oder Täuschung zu lernen. Wir alle haben diese menschliche Gestalt schon eine Anzahl von Jahren, aber wie weit haben wir Fortschritte gemacht, um unser Ziel zu erreichen? Wir müssen solchen Dingen, die uns helfen, sorgfältig Aufmerksamkeit schenken.

Es wird uns geraten, mit einem Vollendeten Meister Verbindung zu halten und nur Naam zu wiederholen. Wer ist ein Vollendeter Meister? Guru Arjan Sahib hat Seiten über Seiten mit der Beschreibung eines Vollendeten Meisters gefüllt.

Ein Meister ist ein Mensch, geboren wie wir alle, aber es besteht auch ein großer Unterschied zu uns, denn Er hat Seine Seele vom Gemüt und den Sinnen befreit, und Seinem eigenen Willen gemäß kann Er durch die Sinne wirken. Er ist in ständiger Verbindung mit Gott – Er sieht Ihn, so wie ich euch sehe und ihr mich.

Der Meister hat die menschliche Gestalt angenommen

und

es gibt keinen Unterschied zwischen Gott und dem Meister, dem Fleischgewordenen Wort.

Meister ist nicht ein Name, der jenen gegeben wird, die eine bestimmte Kleidung tragen, sondern einem, der Gott verwirklicht hat. Und was schenkt uns eine Gottverwirklichte Seele?

Durch die Gemeinschaft mit einem Meister bekommt man die himmlische Gabe.

Er gibt die Verbindung mit Gott selbst – Er führt euch ein in das Heilige Naam. Man mag an viele

Pilgerorte gereist sein, man mag ständig zum Lobe des Herrn gesungen haben, aber welchen Wert hat das alles, wenn man Ihn nicht gesehen hat?

Guru Amar Das Ji Sahib, der siebzig Jahre damit zugebracht hat, nach der Wahrheit zu suchen, sagte:

Wie kann ein Mensch, dessen Inneres Auge nicht geöffnet ist, die Augen anderer öffnen? Wenn ich zum Lobe des Herrn singe, ohne Ihn zu sehen, ist das einem Blinden vergleichbar, der behauptet, das Licht der Sonne sei sehr stark.

Gottes Gestalt ist das Licht, aber der Mensch hat Es nicht gesehen. Der ist ein Wahrer Anbeter, der Es erst sieht und dann zum Lobe des Herrn singt.

Wenn man das Licht gesehen hat und dann Loblieder singt, werden die Gesänge Frucht tragen.

Und wer gesehen hat, kann andere sehend machen, denn

niemand kennt den Vater denn der Sohn und wem es der Sohn will offenbaren.

Die Ihn sahen, haben Seinen Schoß erreicht. In der allerletzten Strophe des Guru Granth Sahib heißt es:

O Gott, möge ich fähig sein, Dich zu sehen.

Es ist eine dringende Bitte an Gott, Er möge Sich enthüllen. Denkt darüber mit kühlem Verstande nach – wenn ihr etwas erreicht habt, beglückwünsche ich euch, wenn nicht, dann sucht jemandes Hilfe.

Heute haben wir eine Fülle heiliger Schriften von vielen Meistern; so ist es von größter Wichtigkeit, dass man genau und ernsthaft nach einem Wahren Meister sucht, Der die Gottverwirklichung erlangt hat – Dessen Inneres Auge geöffnet ist und Der die Augen anderer öffnen kann, dass sie Gottes strahlendes Licht sehen können. Es ist dieser Gott – dieses Licht, das in der ganzen Menschheit wirkt und das Innere Auge öffnet, aber in all seiner Fülle im Vollendeten Meister leuchtet.

In der Sikh-Religion gibt es ein Gebet:

Einem Gurmukh zu begegnen – eines Meisters Gemeinschaft zu haben – von der Farbe von Naam durchtränkt zu sein –, o Herr, das ist die Begegnung voll Inniger Liebe, in welcher Dein Name aus dem Herzen kommt.

Guru Nanak betet auf diese Art.

Nanak, Dein Diener, betet nur um diese eine Glückseligkeit – dass Du mich zu einem Heiligen bringen mögest.

Was ist ein Heiliger?

Mein Geliebter ist ganz erleuchtet, und (ohne es zu sagen) Er ist als Heiliger bekannt.

Er ist Gott, offenbart im Menschen.

Nichts ist ohne Ihn. Voller Freude werfe ich mich vor den Einen hin, in dem Er Sich offenbart hat.

Der Meister bringt nichts von außen in uns hinein, denn Gott ist schon in uns – Er zieht nur unsere nach außen gerichtete Aufmerksamkeit zurück, so dass sie die Wahrheit sehen kann. Mit dem Auge Seiner Barmherzigkeit zeigt Er euch einen Weg nach oben, oberhalb des Körpers und des Gemüts und öffnet euer Inneres Auge. Sich der Gemeinschaft eines solchen Menschen zu erfreuen, wird Satsang genannt.

Lebt irgendwo, gehört irgendeiner Religion an, aber haltet euch in der Gemeinschaft eines Erleuchteten auf. Hört genau auf das, was Brahmanand, ein Meister der Vergangenheit, sagt:

Heute, Sakhi (eines Mädchens enge Gefährtin), lasst uns im Satsang sitzen und zum Lobe Gottes singen.

Wir alle sind ‚Sakhis‘, seht ihr:

Ein Mann – und alle anderen sind die Gefährtinnen (Gott und alle Seelen).

Er sagt:

O Sakhi, wir wollen zusammen im Satsang sitzen und zum Lobe Gottes singen.

Bei einem Wahren Satsang ist man vereint mit der Wahrheit. Gott ist Wahrheit. Wenn die Seele sich vom Gemüt und von den Sinnen löst und sich mit der Wahrheit verbindet und wirklich eins wird mit der Wahrheit, dann kann das wahrhaftig Satsang genannt werden.

Guru Arjan Sahib sagt:

Wer den Wahren Herrn verwirklicht hat, dessen Name ist Satguru. Ein Schüler, der in Seiner Gemeinschaft bleibt, kann wirklich zum Lobe des Herrn singen.

Erlösung wird durch eine solche Gemeinschaft erreicht. Warum?

Wenn du einem Satguru begegnest, wird Er dein Inneres Auge öffnen, damit du die Wahrheit sehen kannst.

Wieder sagte Er:

Nur ein Satguru kann einen Satsangat (Leute, die zusammen Gemeinschaft mit der Wahrheit halten) bilden

und

durch den Vollendeten Meister wird ein Satsang gebildet.

Unglücklicherweise verstehen die meisten Menschen dieses Wort falsch und glauben, dass Satsang irgendein Gespräch sei – intellektuell oder über Schriften oder die verschiedenen Yoga-Arten. In diesem Eisernen Zeitalter liegt der Weg zur Erlösung für alle lebenden Wesen nur in Naam. Guru Nanak betont diesen Punkt:

Jetzt, da das Eiserne Zeitalter begonnen hat, sät den Samen von Naam. Es gibt keinen anderen Weg – verschwendet eure Zeit nicht mit Illusionen.

Es hat nichts zu bedeuten, welcher Kaste oder Religion ihr angehört, Wahre Freiheit kann nur durch das Heilige Naam oder das Wort erlangt werden. Was ist Naam? Denn Gott ist namenlos und absolut.

Der zehnte Guru der Sikhs sagt: 

Ich verneige mich vor Ihm, Der keinen Namen hat.

Jedoch als Gott wünschte, von dem Einen zu vielen zu werden, brachte Er Sich zum Ausdruck, und diese zum Ausdruck gebrachte Gotteskraft wird Naam genannt.

O Herz, wiederhole den einen Namen – diesen Schatz, den der Satguru gegeben hat.

Naam ist diese zum Ausdruck kommende Kraft, und derjenige, der diese offenbarte Kraft ist, kann euch davon eine Erfahrung geben. Es ist der Meister, die Gestalt der Wahrheit, Der euch diese Erfahrung in aller Bewusstheit gibt, und es ist der einzige Weg für alle Seelen in diesem Zeitalter – es gibt keinen anderen Weg.

Wer mit Naam in Berührung kam, ging zu seiner Wahren Heimat; o Nanak, Sein Antlitz war strahlend, und durch Ihn wurden viele erlöst.

Mit einem sehr guten karmischen Hintergrund und durch die überfließende Gnade Gottes kann man mit Naam in Verbindung kommen. Wie erkennt man, dass man Naam bekommen hat? Nanak sagt, nur dann durchdringt Ewige Wonne jenes ‚Haus‘, in welchem man die Musik der Sphären hört.

Wieder sagt Er:

Durch Naam ist das Licht, die zwei Aspekte von Naam – der eine ist Licht, der andere ist Ton –, und wenn man diese beiden sieht und hört, erfährt man wirklich Naam.

Das Wiederholen der Heiligen, geladenen Namen, die vom Meister gegeben wurden, (Simran) ist der erste Schritt, denn durch diese Worte können wir ihre Quelle erreichen.

Ram, Ram sagt jeder – aber indem man das Wort Ram sagt, wird man nicht Ram (Gott).

Wenn der Innewohnende Ram mit der Gnade des Satgurus Innen offenbart wird, trägt das Aufsagen des Wortes ‚Ram‘ Frucht. Ihr könnt Ram, Allah, Gott oder irgendeinen Namen, der Gott bedeutet, aufsagen, aber wie könnt ihr euch an Ihm erfreuen, wenn ihr nicht in Berührung kommt mit der Gotteskraft, die durch diese Worte benannt wird? Wenn ihr es reiflich überlegt, erkennt ihr, dass gute oder schlechte Taten belohnt oder bestraft werden, solange ihr der Handelnde seid, und der Zyklus der Geburten und Tode wird solange bestehen, bis ihr fähig seid, zu sehen und zu erkennen, dass Er der Handelnde ist und nicht ihr. Viele sind als Mahatmas oder Meister bekannt, welche die verschiedenen Praktiken auf der Ebene der nach außen gehenden Kräfte, des Gemüts und des Intellekts, lehren, aber diese erheben uns nicht über die Sinne, und so kann unser Kommen und Gehen in dieser Welt nicht beendet werden. Wie kann einer die Lampe anderer entzünden, dessen eigene Lampe noch nicht entzündet ist? Wie viele Meister gibt es, die wirklich kompetent sind, diese Spirituelle Operation durchzuführen?

Guru Ram Das Sahib sagt, dass man einen riesigen Holzstoß mit einem winzigen Feuerfunken zu Asche verwandeln kann. Auf ähnliche Weise kann ein wenig Licht von einem Meister all unsere Sünden aus vergangenen Leben zu Asche verbrennen. Naam reinigt die Unreinen.

Es heißt:

Wenn Hände, Füße und der Körper schmutzig sind, werden sie mit Wasser reingewaschen, wenn die Kleider beschmutzt und fleckig sind, werden sie mit Seife gereinigt. Ist das Gemüt durch die Sünden unrein geworden, kann es nur durch die Verbindung mit dem Wort wieder rein werden.

Das heißt nicht durch Worte, sondern durch die praktische Verbindung mit Naam, die von dem Guru gegeben wurde, der das Fleischgewordene Wort ist, in dem Gott Sich Selbst offenbart hat.

Ohne die Gemeinschaft eines Heiligen wird Jnana (Wissen) nicht erreicht; ohne das Wissen kann man keine Erlösung erlangen.

Das ist kein akademisches Wissen, das durch den Intellekt und die Sinne erworben wird – es ist das Wissen um die Verwirklichung bei voller Bewusstheit.

Das Wissen des Gurus erhält man durch das Innere Auge; es nimmt den dunklen Schleier der Unwissenheit hinweg.

Des Gurus Wissen ist wie Spirituelle Medizin; wenn sie ins Auge geträufelt wird, nimmt sie den dunklen Schleier weg und befähigt uns, das Licht zu sehen. Wenn die Seele nicht von den Sinnen lässt und sich nicht von den nach außen gehenden Kräften zurückzieht, kann das Innere Auge nicht geöffnet werden; so enthüllt der Meister das verborgene Licht Gottes in anderen, indem Er Seine Aufmerksamkeit lenkt. Ein anderer Name für jenes Licht ist Jnana – Wissen.

Der Meister wird das unschätzbare Juwel jedem enthüllen, Der Sein Wort als Wahrheit nimmt – als die Wahrheit selbst.

Das Wahre Wissen ist unerreichbar ohne einen Vollendeten Meister. Andere Lehren können mit ein wenig Übung erläutert werden, aber sie führen nicht zur völligen Befreiung von Geburt und Tod. Die Ichheit wird nur dann verschwinden, wenn man ein Bewusster Mitarbeiter am Göttlichen Plan wird und dadurch klar erkennt, dass Er alles tut.

Alle Praktiken, die auf der Ebene des Intellekts und der Sinne ausgeführt werden, sind gute Handlungen und bringen Lohn, aber es gibt keine Befreiung durch sie. Man mag eine Kerze anzünden und eine Glocke läuten, aber dies sind nur schwache Nachahmungen der Inneren Übung.

Jeder hat den Bewusstseinsfunken in sich; erkenne ihn und übe beständig Konzentration.

Das Ewige Naam hat eine unvergleichliche Süße, aber ihr könnt davon nicht kosten, während ihr unter dem Einfluss der Sinne steht. Diese Botschaft ist für die ganze Menschheit, ungeachtet der Religion oder der Lebensweise und alle Menschen sollten sich anstrengen, sie zu verwirklichen.

Brahmand sagt, der Guru entfernt alle Zweifel, indem Er uns die Wahrheit in unserem Körper zeigt; lauscht immer auf des Gurus Wissen, mit dem ihr den Fluss des Lebens überquert.

Ihr habt alles gehört, was ich gesagt habe, aber gibt es wirklich Innen ein Licht? Wenn ihr Es nicht seht, könnt ihr nicht wirklich daran glauben. Wenn ihr wirklich seht, werden alle eure Zweifel beseitigt; da ihr die große Gnade einer menschlichen Gestalt erhalten habt, geht jetzt und sucht einen Wahren Meister, und bittet Ihn inständig, euch über das Meer des Lebens zu bringen.

O Herr, zeige mir einen Meister, Der ein Stein der Weisen ist; Der auch aus mir einen Stein der Weisen machen kann. Ich war nicht einmal aus gutem Metall, sondern nur aus Rost; als ich meinem Guru begegnete, verwandelte Er mich – nicht in einen Stein der Weisen, sondern in Sich Selbst.

Versteht den großen Unterschied zwischen einem Stein der Weisen und einem Meister; der erstere verwandelt Eisen in Gold – der Letztere macht uns Sich gleich.

Himmel und Hölle sind die Wünsche aller; täglich leben sie in dieser Hoffnung. Die Wahren Schüler Gottes bitten nicht einmal um Erlösung; sie erwünschen sich nur einen Blick des Herrn.

Kein König möchte, dass sein Sohn bloß ein Minister, sondern dass er ein König wird. Ein Meister wünscht, dass Sein Schüler wie Er Selbst wird. Die Menschen wünschen entweder die Glückseligkeit des Himmels oder des Jenseits – oder sonst weltliche Vergnügen. Täglich beten wir zu Gott um der Kinder willen, wegen der täglichen Bedürfnisse, gestorbener Verwandter, Prozessen usw., indem wir die Gunst dieser oder der nächsten Welt erflehen. Wir müssen entscheiden, was unser Wahrer Wunsch ist. Wenn wir wirklich Gott wollen, dann werden wir Ihn ganz sicherlich erreichen, denn was immer wir ehrlich wünschen, erfüllt Er uns aus Seinem alles umfassenden Überfluss.

Der barmherzige Vater hat angeordnet, dass das Kind alles bekommt, was es wünscht.

Im Koran heißt es:

Was ein Mensch auch von mir wünscht, werde ich ihm ganz bestimmt geben.

So Brüder, stellt die Frage eures Herzens. Herz, Zunge und Gemüt – alle drei – sollten nach demselben verlangen.

Der Pfeil, der stark den Bogen spannt, wird geradewegs ins Ziel treffen.

Wenn der Lebensspender, Der im menschlichen Tempel wohnt, sieht, dass Sein Kind sich qualvoll nach einem Blick von Ihm sehnt, dann ermöglicht Er es dem Kind, zu dem Menschlichen Pol zu gelangen, in dem Er Sich Selbst offenbart hat. Wer sind diese überaus glücklichen Kinder? Es sind jene, die ohne Arg und Falsch nur dienen wollen; die bescheiden sind und Liebe für alle in ihren Herzen empfinden. Wenn Er ein solches Kind sieht, heißt es:

Als du kamst, erschien der Guru.

Wie kann sonst ein Blinder jemanden mit Sehvermögen ausfindig machen? Wie können wir, die Blinden, die wir in unserer Blindheit verloren sind, wandeln, wie es der Guru begehrt? Warum sind wir die Blindesten der Blinden? Weil das Gift der Täuschung uns in seinen Schmutz getaucht hat, und wer das Gift genommen hat, ist weder im Geist noch im Herzen rein. Wie kann so ein Mensch in die Fußstapfen des Gurus treten?

Als Beispiel gibt es die Geschichte von einem kleinen Kind, das allein in einem Zimmer spielte; es fiel hin und verletzte sich. Voller Schreck versuchte es, sich an der Wand festzuhalten und aufzustehen, aber es fiel wieder hin. Es hielt sich an der Tischdecke fest und dann an einem Stuhl, der umkippte, und es fiel nochmals. In hilfloser Verzweiflung rief es: O Mutter! Seine Mutter war in der Küche und kochte Milch, aber als sie den verzweifelten Schrei hörte, stürzte sie hinaus, hob es auf, beruhigte es und nahm es in die Küche mit. Während dieser Zeit war die Milch übergekocht, und mehr als die Hälfte war übergelaufen. Als das Kind dies sah, fragte es: Mutter, hast du mich sehr lieb? Und die Mutter sagte: Ja. In seiner einfachen Denkweise überlegte das Kind, dass es sehr leicht sei, seine Mutter herbeieilen zu lassen, indem es sie nur rief; und nach ein paar Tagen versuchte es, die Aufmerksamkeit seiner Mutter durch lautes Rufen auf sich zu lenken: Mutter, o Mutter; aber sie kam nicht. Enttäuscht ging es in die Küche und fragte sie: Mutter, was machst du? Sie sagte:

Ich koche Linsen (ein sehr billiges Essen).

Es war erstaunt und sagte:

Neulich hast du die Milch überkochen lassen, und heute, wo du nur Linsen kochst, bis du nicht zu mir gekommen – hast du mich nicht mehr lieb?

Sie antwortete:

Doch, mein Kind, aber neulich war Schmerz in deiner Stimme.

So fragt euer Herz, was es will, und wenn ihr Gott wirklich wollt, wird Er kommen. Er wohnt nicht jenseits des Himmels, sondern in euch selbst – Er ist der Erhalter eures Lebens.

Nun erhebt sich die Frage, wie wir diesen Wunsch steigern oder ihn entstehen lassen können, wenn er noch nicht erwacht ist? Indem ihr mit dem Gemeinschaft haltet, der hat, was ihr wollt. Wenn ihr Ringkämpfer werden wollt, dann haltet euch in der Gesellschaft eines Ringkämpfers auf; wenn ihr an Bildung interessiert seid, haltet euch in der Gesellschaft eines gebildeten Menschen auf. Die Ausstrahlung, die ihr aufnehmt, während ihr in der Gemeinschaft eines Heiligen seid, bringt unermesslichen Segen. Behaltet eure eigenen Sitten und Gebräuche bei, und bleibt in eurer Religion – es ist nicht nötig, die äußere Lebensweise, das Aussehen oder die Sprache zu ändern.

Hazrat Mussa (bekannt als Moses) ging einst durch einen Wald, als Er bei einem Hirtenknaben vorüber kam, der ganz versunken war im Gebet zum Herrn.

Er sagte:

O Herr, wenn Du ein Kind wärst, würde ich Dir Milch von den Schafen geben – wenn Dir kalt wäre, würde ich Dir wollene Kleider machen, und wenn Du Läus in Deinem Haar hättest, würde ich sie Dir entfernen!

Das waren die ehrlichen Worte der Liebe, die aus seinem Herzen kamen. Als Hazrat Mussa das hörte, wurde Er sehr böse und rief:

Du Heide, was sagst du da? Deine Worte sind Ketzerei.

Das Kind, welches die Worte aus großer Liebe geäußert hatte, schluchzte unglücklich:

Vergebt mir, vergebt mir.

Es war so verzweifelt, dass sich seine Aufmerksamkeit in diesem Zustand zurückzog und es Innen Gott sah, Der sagte:

Fürchte dich nicht, ich will deine Milch trinken und deine Kleider tragen.

Der Herr erschien auch Hazrat Mussa und sagte zu Ihm:

Ich habe dich gesandt, dass du die Seelen wieder mit mir verbindest und nicht jene von mir entfernst, die mich lieben.

Wenn das Herz rein und der Wunsch stark ist, mögt ihr ein Steinidol oder sonst etwas anbeten, aber Gott wird euer ehrliches Gebet erhören, und Er selbst wird euch zu dem Menschen bringen, in dem Er Sich offenbart.

Maya (Täuschung) und Verhaftetsein umgeben alles; ihre Flecken sind unauslöschbar.

Täuschung ist ein anderer Name für Vergesslichkeit, und wir selbst haben uns vergessen an dem Tag, an dem wir in diese Welt geboren wurden.

Es macht nichts, wie klug ihr seid, ihr werdet schmutzig werden, wenn ihr in einem Raum voller Ruß eingeschlossen seid!

Unsere Augen sind offen, und die äußeren Eindrücke werden unwissentlich aufgenommen – jeder ist auf einer materiellen, physischen Ebene, und alle Menschen denken und betrachten alles von dieser Ebene aus. Wie ist es einem Menschen möglich, unbeeinflusst von dieser Vergesslichkeit zu bleiben? Ein Moslem-Heiliger drückte es auf diese Weise aus:

O Gott, Du hast uns auf ein schmales Brett auf einem schnell fließenden Fluss gesetzt und gesagt: Seid vorsichtig, lasst eure Kleider nicht nass werden.‘ Wie soll das möglich sein?‘

Unsere Augen, Ohren und alle Türen der Sinne sind weit geöffnet, um alles aufzunehmen – es scheint eine hoffnungslose Lage –, es erscheint unmöglich, dass wir gerettet werden können. Aber es gibt eine Lösung.

Die Schüler meines Geliebten sind ohne Flecken und frei; wie eine Ente, deren Flügel nicht nass werden.

Die Wahren Schüler des Herrn leben in der Welt, aber sie nehmen ihren Einfluss nicht auf – sie kontrollieren die Aufmerksamkeit. Nach ihrer Wahl gebrauchen sie ihre Sinne oder beachten sie nicht; sie leben in der Welt, bleiben aber uninteressiert an ihr.

So wie die Lotosblume im Wasser ist, aber nicht davon berührt wird; wie die Ente, die im Wasser trocken bleibt. Durch die Aufmerksamkeit und den Ton könnt ihr über das Meer des Lebens schwimmen, Lob sei dem Naam, o Nanak.

Wenn die Aufmerksamkeit von Innen auf Gott oder Naam gerichtet ist, wird sie nicht beeinflusst von der Welt und ihren Angelegenheiten. Wenn ihr euch selbst erkannt habt, – wenn ihr der Kontrollierende geworden seid – dann werdet ihr die Sinne unter Kontrolle haben, wie ihr wollt, das heißt, mit offenen Augen werdet ihr nicht sehen und mit offenen Ohren werden ihr nicht hören. Es ist ganz natürlich, dass der, der diese Stufe erreicht, unberührt bleibt von kleinen, weltlichen Angelegenheiten. Es ist wahr, dass sein Boot im Wasser ist, aber das Wasser nicht in seinem Boot!

Der Sandelholzbaum ist umgeben von tödlichen Schlangen – wie kann man sich ihm nähern? Schlage dir einen Weg hindurch mit der Klinge des Gurus Wissens; das Gift wird beseitigt, damit der Nektar getrunken werden kann.

Die Täuschung ist wie eine Schlange, selbst durch Gewohnheiten. Wenn kleine Schlangen aus den Eiern kriechen, werden sie von der Mutter aufgefressen – nur wenige entkommen.

Die Täuschung ist wie eine Schlange, die sich um die Welt ringelt; wer immer sie füttert, wird von ihr gefressen.

Es heißt, dass ein Gurmukh (Wahrer Schüler), der bei einem Gottverwirklichten Menschen sitzt, sein Sprachrohr geworden ist und dessen Auge geöffnet wurde, so dass er Gott in jeder Seele und alle Seelen in Gott sieht, der einzige ist, der sich von der Täuschung freimachen kann. Um sich also den Weg freizuschlagen, braucht man das Schwert des Wissens.

Da ist ein riesiger Holzhaufen, in einer Sekunde kann ein kleiner Funke ihn zu Asche werden lassen; groß sind die Sünden, die vom Menschen begangen wurden – nimm den Funken, den der Meister gibt.

Manche Menschen vollführen ein äußeres, symbolisches Ritual; sie lassen ein kleines, aus Blättern gefertigtes Boot auf einem heiligen Fluss schwimmen. Das Boot ist mit Blumen gefüllt, und darinnen ist ein kleiner Docht angezündet. Das Innere Heilige Licht ist unerlässlich, um fähig zu sein, sicher über das Meer des Lebens zu schwimmen. Wer kann dieses Licht geben? Wer Selbst das Licht ist – der Ewige Glanz von Naam –, und das ist das Kriterium eines Wahren Meisters. Die anderen sind Redner, Propagandisten usw., und davon gibt es viele – aber Wahre Meister sind sehr selten. Wenn man eine Erfahrung des Lichtes bekommen hat, hegt man natürlich Hoffnung auf weitere Erleuchtung.

In einem Wahren Meister vibriert Naam, und Er kann andere mit Gott wiedervereinigen; des Meisters Ergebene, die von Ihm, Der Gott sieht, berührt sind, werden auch sehen.

Wenn Eisen von Schmutz bedeckt ist, kann es nicht von einem Magneten angezogen werden; erst wenn man es säubert, zieht der Magnet es an, auch wenn er sich in einiger Entfernung befindet. Wenn er bleibt und auch der Gedanke an euren Körper nicht mehr besteht, werdet ihr von seiner Farbe durchtränkt sein. Es ist nur notwendig, dass ihr eure Aufmerksamkeit von den äußeren Dingen zurückzieht.

Ein selbstverwirklichter Mensch hat Seine Aufmerksamkeit unter Kontrolle; Er kann eure Seele hinaufziehen.

Bhai Nand Lal Ji sagt:

Ein Blick von Dir genügt, um mein Leben mit Leben zu erfüllen.

Es mögen zehn, hundert oder fünfhundert zur Meditation zusammensitzen; mit ein wenig Aufmerksamkeit von einem Vollendeten Meister werden alle erfahren, dass ihre Aufmerksamkeit über das Körperbewusstsein gezogen wird und dass ihr Inneres Auge geöffnet wird, um das Licht Gottes zu sehen.

Der Meister hat mir einen Vorgeschmack gewährt.

Diese Probe ist eine Erfahrung der Seele – man muss Ihm nur das Gesicht zuwenden – es spielt keine Rolle, ob man physisch Tausende von Meilen entfernt ist.

Wie kann Baumwolle, wenn sie ganz verheddert ist, zu einem Faden gesponnen werden? Es wird nichts Gutes dabei herauskommen, verbringe deine Zeit nicht damit.

Jene, die weit entfernt von Gott sind, sind wie verhedderte Baumwolle. Ohne Faden gibt es keinen Stoff, so hütet euch vor solchen Leuten, in welchen Er nicht offenbar ist, denn sie erfüllen euch mit weiteren Zweifeln. Obwohl man schon ein wenig Wahrheit erkennen mag, wird Zweifel aufsteigen, wenn man mit solchen Leuten zusammen kommt, und man wird sich darüber wundern. Kabir Sahib sagt:

Laufe vor diesen Leuten weg.

Wenn ihr Gemeinschaft braucht, sucht einen guten und wahrhaftigen Menschen – andernfalls seid zurückhaltend und führt ein einsames Leben. Die Gesellschaft eines jeden Menschen übt einen sehr großen Einfluss aus, und in Gesellschaft jener, deren Aufmerksamkeit unstet ist, wird man weiter abgetrieben. Die Gemeinschaft eines Menschen, der seine Aufmerksamkeit unter Kontrolle hat, wird uns außergewöhnliche Stille bringen.

Die den Meister begleiten, vibrieren durch das Gute in Ihm, wenn sie solch einem Meister begegnen, in Dem Gott vibriert.

Die Gemeinschaft eines Menschen, Der Selbst zur Wahrheit geworden ist, ist Reinheit – ist ein erhebender Impuls, denn Er ist durchdrungen von Gott, und so werdet auch ihr durchdrungen von Ihm. Seine Gemeinschaft ist die allerbeste, die man haben kann.

Kabir Sahib sagt:

Versuche, viele Darshans (des Meisters Blick) an einem Tag zu bekommen; wenn es dir nicht möglich ist, dann versuche, zweimal am Tag einen Darshan zu bekommen, falls das nicht geht, zweimal in der Woche – wenn das nicht möglich ist, dann alle 14 Tage oder einmal im Monat. Wenn du ein Jahr lang ohne Seinen Darshan bist, dann wird die Verbindung mit Ihm schwach.

So sehr betont Kabir Sahib die Bedeutung, die die Gemeinschaft eines Meisters hat. Einst geschah es, dass ein Mann, der sechs oder sieben Jahre in Afrika gelebt hatte, zu Baba Sawan Singh Ji kam. Ich war an diesem Tage da, und er sagte zum Meister:

Maharaji, Kabir Sahib hat gesagt, dass eines Schülers Verbindung mit dem Meister breche, wenn er nicht einmal im Jahr seinen Darshan habe.

Baba Sawan Singh Ji antwortete:

Kabir Sahib hat das gesagt, nicht ich.

O Brüder, wenn ein einziger Blick von einem Gottverwirklichten Menschen auf irgend jemanden fällt, kann diese Verbindung niemals abbrechen. Euer Gesicht sollte Ihm zugewandt sein, dass ist alles – ob ihr nah oder weit entfernt seid, das spielt keine Rolle, ihr werdet den Segen auf die gleiche Weise bekommen – werdet nur empfänglich für Ihn.

Kabir sagt:

Wenn der Meister jenseits der Meere und der Schüler auf dieser Seite lebt – richtet den Surat (die Aufmerksamkeit) auf Ihn.

Ihr werdet den Segen durch Empfänglichkeit erhalten. Warum solltet ihr durch Empfänglichkeit keinen Segen erhalten können, wenn ihr durch einen Fernsehapparat hören könnt, was gesprochen wird, und sehen könnt, wer spricht?

Mein Hazur pflegte das Beispiel vom Kalb zu geben, das von den Feldern kommt, um die Muttermilch zu trinken; und die Zecken, die Tag und Nacht am Euter der Kuh sitzen, bekommen diesen Nektar nicht, sondern saugen nur das Blut.

Innen ist ein wertvolles Juwel, aber nur mit des Meisters Gnade kann es erreicht werden.

Ihr braucht nur des Meisters einzigen, bedeutungsvollen Blick, um einen kurzen Anblick von diesem Juwel zu erhaschen – Er wird niemals sagen, tut dies oder jenes, und dann werdet ihr etwas bekommen. Bei der ersten Meditationssitzung wird der Meister euch eine Erfahrung geben, und dann wird Er euch sagen, dass ihr von dort aus fortschreiten sollt. An diesem Zeichen könnt ihr Seine Kompetenz erkennen. Wer den dunklen Vorhang entfernt, damit das Licht Innen enthüllt werde – eine Wahre Erfahrung des Jenseits –, Der wird ein Sadh, Sant, Mahatma oder Meister genannt. Seine Gemeinschaft wird Satsang genannt.

Gott ist das Höchste des Höchsten – jenseits aller Zeit und allen Raumes. Können wir, die wir in die nach außen gehenden Kräfte, Gemüt und Intellekt vertieft sind, Ihm nahe kommen? Es geschieht nur durch die Gnade Gottes, Der im Menschen offenbart ist und eure Seele zu Ihm emporheben und euch vollkommen machen kann.

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[...] Wenn sich das Wort irgendwo offenbart und ihr Ihm gegenüber empfänglich werdet, wird euer Gemüt ruhig. Ihr könnt dann euch selbst und auch Gott in euch widerspiegeln. Das einzige, was zwischen Gott und euch steht, ist das Gemüt. Ihr braucht nichts von außen hinzuzufügen. Er ist bereits in euch. Wenn die stürmischen Wogen des Gemüts geglättet sind, könnt ihr euer Wahres Gesicht darin sehen. [...]

Aus ‚Morgengespräche‘1

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Anmerkung der Redaktion 2010: Kapitelangabe: ‚XXX. Wie Empfänglichkeit entwickelt wird – Teil II‘, von Kirpal Singh.