Der Tag der Einheit der Menschen

von Jeffrey Broadbent

Mit den nachfolgenden Worten ist beabsichtigt, etwas von der Fülle und Schönheit des ‚Tages der Einheit der Menschen‘ zu vermitteln, der in liebevoller Erinnerung an Param Sant Baba Sawan Singh Ji Maharaj im Manav Kendra am 21. März, 1. und 2. April 1973 abgehalten wurde – wobei der 2. April der Jahrestag ist, an dem Baba Sawan Singh 1948 den Erdenplan verlassen hat.

Der Begriff ‚Einheit der Menschen‘ erläutert das Werk, das im Manav Kendra, dem Zentrum für den Menschen, vollbracht wird: es ist ein weiteres Aufblühen des großen Geistes, der durch die physische Form des Meisters Satguru Kirpal Singh Ji beständig am Werk ist, und es ist eine wunderbare Offenbarung für uns, für die wir dauernden Dank schulden.

Leider konnte der Schreiber – in die Täuschung verstrickt – nur oberflächlich wahrnehmen, was wirklich vor sich ging. Darüber zu schreiben, kommt deshalb dem Versuch einer Auster gleich, das Meer zu beschreiben, indem sie über das Wasser in ihrer Schale spricht. Wenn man in die Gegenwart des Meisters kommt, ist es, als besteige man einen steilen Berg; doch irgendwann beim Aufstieg, wenn unsere Herzen verwirrt werden oder verzweifeln, erscheint ein Engel, uns Hoffnung zu geben und uns zu erinnern, dass das Ziel, das wir so weit entfernt vermuteten, wirklich hier ist. Wir können dann freudig weiter hinaufsteigen.

In Rajpur, des Meisters Zufluchtsort, können wir Westler unser Gemüt und unsere Anschauungen in Ordnung bringen. Wenn sich das intellektuelle Geschwätz etwas beruhigt hat, kommt Seine Gnade tropfenweise auf uns herab wie das Echo in einem stillen Brunnen. In dem mit Bäumen dicht bestandenen Garten hinter dem Haus und in der bloßen Luft ist Seine Stärke, der Duft und die feine Ausstrahlung zu spüren.

Wenn etwas von unserem Schmutz durch die kristallklaren Wasser der Meditation weggewaschen wurde und die Eisen Wahren Lebens die hässlichen Falten des weltlichen Lebens geglättet haben, können wir unser Haupt erheben und unsere Augen reinigen, um genügend wahrzunehmen.

Oft ist der Meister physisch gegenwärtig im neuen Wohnsitz im Manav Kendra. Er sagte: Ich habe kein Heim, aber Seine ergebenen Schüler errichteten einen Aufenthaltsort für Seine Besuche, der mit Simran gefestigt wurde. In der Tat ist die Spirituelle Grundlage der Materie – jene unerfassbare, unerklärliche, strahlende Grundlage der Energie, die letztlich selbst das Elektron umwandelt – nirgends mehr offenbar als in den einfachen Backsteinen und dem Mörtel, die das klare Wasser des ‚Mansarovar‘ des Manav Kendra – den schönen, elliptisch geformten See, der das Wasser des Lebens im Menschen symbolisiert – fassen. Beim stillen Sonnenuntergang strahlt das Wasser – so wie Gott Frieden auf das turbulente Spiel unseres Lebens ausstrahlt.

Am Abend des 31. März verließen wir Rajpur und fuhren durch das Marktgetümmel von Dehra Dun, und die Laute der ringenden Welt drangen an unsere Ohren – in der Generation um Generation ihre Existenz auf Kosten der anderen erhält – die wie im Traum entfaltete Geschichte der meisten dieser Welt. Ein schwerfälliger schwarzer Büffel kreuzte unseren Weg, der Volkswagenbus kam quietschend zum Stand und jeder wurde nach vorne geworfen in eine überraschte Menge. Der Büffel, unbekümmert darüber, dass er einige Zentimeter vor dem vollen VW stand, stapfte mit geduldigem Blick langsam weiter.

Als wir durch das Tor des Manav Kendra fuhren, sahen wir ein Schild, auf dem stand: Denkt liebevoll an Gott, während ihr hier seid. Wo waren die lärmenden Leute des Marktplatzes? Wo die Unannehmlichkeiten durch den Büffel? Die Ketten der Materie schienen abzufallen wie die Last des Christen in ‚Die Pilgerreise‘, die beim Anblick des Kreuzes abfiel. Auch wir Pilger fühlten uns, als wenn ein Zufluchtsort, ein Rastplatz erreicht worden wäre. Wir fuhren hinein, von Blumen jeder Farbe umgeben, zu unserer Linken in unbeschreiblicher Lieblichkeit der sich leise kräuselnde Mansarovar – der silbrige See, von einem Steinweg umrandet, an dem die Meditation bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang Menschen und Natur eins werden lässt. Nach der ersten Wegbiegung sahen wir zu unserer Rechten das erbaute Podium mit Glasfenstern und Vorhängen umrahmt und dahinter die ausgedehnten Segeltuchzelte, die die ungeheure Menge vor der Sonne schützen. Es ist Abend, als wir ankommen. Die Dämmerung senkt sich auf den ruhigen See, und eine kühle Brise bewegt die Luft. Mein Herz, voll von Angst und Täuschung, Stolz und Verwirrung, kreist ununterbrochen um sich selbst.

Wer bin ich?

denke ich.

Warum habe ich so viele Fehler gemacht? Warum schaffe ich mir so oft meine eigene Hölle? Warum falle ich immer und immer wieder? Welch seltsamer Zusammenfluss von Qual hat diese Knoten meines Maya-schaffenden Gemüts geschlungen?

Solcherlei Fragen tauchen beständig in meinem Innern auf.

Auf der Vorderseite des Podiums steht: ‚In liebevollem Gedenken an Param Sant Baba Sawan Singh Ji Maharaj‘ und darunter: ‚Integration of Mankind Day‘ (Der Tag der Einheit der Menschen). Ich frage mich, was ‚Integration‘ wirklich bedeutet? Und dann – wie der Engel auf dem Berg, der kommt, um uns in unseren Mühen zu trösten – besteigt der Meister das Podium und beginnt zu sprechen. Ich bin so erschöpft; aber irgendwie beginnt in dieser nicht fassbaren Schwäche von Wille und Gemüt die ruhige Stimme vom Podium einzuströmen:

[…] Zwanzig Minuten in die Augen des Lebenden Meisters zu schauen mit keinem anderen Gedanken im Herzen ist soviel wert wie hundert Jahre guter Meditation – aber nur wenn der Schüler empfänglich wird, kann er die Wellen der Gnade, die vom Meister ausströmen, empfangen. Die Schale muss unter den Krug gehalten werden, um etwas zu erhalten. Wenn der Schüler durch seinen Stolz aufgebläht ist, kann er nicht vollen Nutzen daraus ziehen.

Der Heilige Augustinus sagte:

Die drei Vorbedingungen für die Spiritualität sind erstens Demut, zweitens Demut und drittens Demut.

Was finde ich auf dem Grunde, wenn ich in den Sumpf der Entmutigung sinke? Sein sanftes Gesicht, das mich wieder nach oben zieht, heraus aus meinem alten kleinen Ich in eine einfache Welt, frei von den verwickelten Problemen, die dann auftauchen, wenn wir das kleine Ich so wichtig nehmen.

Der Meister fährt fort:

Wenn man die Dinge von der Höhe der Spiritualität aus betrachtet, erscheinen die wahnwitzigen Bestrebungen der Welt nutzlos und fruchtlos. Wir denken, die anderen seien nicht normal, und sie denken, wir seien nicht normal.

Der feine Humor seiner Worte beruhigt mich. Er sagt:

Ihr habt nur zwei Aufgaben – Meditation und selbstloser Dienst. Spiritualität ist nicht intellektuelles Lernen, sondern ist Praxis und Leben.

Die Nacht war hereingebrochen, als viele Tausende mitten im Paradies der Rede des Meisters lauschten. Der Abend war voller Frieden, und wir waren sehr glücklich.

*****

Am 2. April 1948 verließ Baba Sawan Singh diese irdische Ebene. Aus diesem Anlass wurde am 1. und 2. April 1973 ein Morgen- und ein Abendsatsang von je drei Stunden abgehalten, wobei der am Morgen des 2. April am eindringlichsten war. Man sah Tausende von aufmerksamen Ergebenen, die unter den großen Zelten auf Matten saßen. Davor war das schön errichtete und überdachte Podium, dessen rechtwinklige Linien in pastellgelben, hellbraunen und hellblauen Vorhängen einen freundlichen Rahmen gaben für die Reihe der einfach gekleideten und heiteren religiösen Oberhäupter und Philosophen, die darunter saßen. Der Meister, Der in ihrer Mitte saß, strahlte innerhalb dieser heiteren Ruhe eine besondere Stille und Reinheit aus. Hinter dem Podium waren Reihen von Blüten in kräftigem Gelb, Orange, Purpur, Rot und Blau, die laut die ‚Freude Gottes’ hinaus riefen; und drüben kräuselte sich der Mansarovar in einer Brise und reflektierte das helle Lachen der aufgehenden Sonne.