Kirpal Singh

Stirb vor dem Tod

Diese Welt ist blind – wie kann ich es erklären?

Die Färbung der Welt durch die Augen eines gewöhnlichen Menschen betrachtet, ist eine andere als für eine Persönlichkeit, die von der Vorherrschaft des Gemüts und der Sinne frei wurde und die sich selbst und Gott verwirklicht hat. Sein Blickwinkel ist ein anderer, und er sieht die Welt in einem anderen Licht. Er kennt den Wahren Zustand der Seelen, die sich, beeinflusst durch Gemüt und Sinne, mit der physischen Hülle identifiziert haben. Diese falsche Gleichsetzung ist so tief verwurzelt, dass die Seele nicht unterscheiden kann: Bin ich dieser Körper, oder bin ich sein Gebieter? Bin ich das Haus, oder bin ich der Bewohner des Hauses?

Das Auge, das die Welt betrachtet, sieht sie mithilfe grober Sinne, solange das Spirituelle oder Innere Auge nicht geöffnet wurde, um die Wahre Natur der Dinge zu schauen. Alles äußere Wissen erwirbt man durch diese groben Sinne; der Mensch weiß nicht, wie man sich über sie erhebt, denn obgleich die äußeren Tore alle offen sind, bleibt doch die Innere Tür geschlossen, und er kann von der groben Materie der physischen Form nicht befreit werden. Die feinstoffliche Form und die feinstofflichen Sinne liegen in ihm, aber er kann seine gröbere Hülle nicht abschütteln und sein höheres Selbst erfahren. Kann man gegen diese missliche Lage irgendetwas tun?

Maulana Rumi sagt, dass wir lernen müssen, den äußeren Betrieb zu schließen und den Inneren zu öffnen. Jene, die das getan haben, entwickelten ein subtiles Auge und sehen deshalb alles mit einem begrenzt genauen Blick. Kabir Sahib sagt uns, dass die Welt, wo immer Er auch hinsieht, von Blinden bevölkert ist. Jene, die äußere Augen haben, und jene, die kein Augenlicht haben, sind in der Tat alle gleichermaßen blind, denn ihr inneres oder feinstoffliches Auge ist nicht geöffnet
worden.

Wir mögen vielleicht mit unserem normalen Auge in der Luft nichts erblicken, aber bedeutet dies, dass es darin nichts gibt? Unsere Atmosphäre ist voller Mikroben, die für das normale physische Auge unsichtbar sind. Diese Wesen kann man sehen, wenn das Auge ebenso subtil wird, wie sie sind, oder wenn sie so vergrößert werden, dass sie in den Bereich des gewöhnlichen Blickes kommen.

Guru Nanak hat sich auf diesen blinden Menschen bezogen, indem Er sagte:

Nenne nicht den blind, der keine Augen im Gesicht hat. Blind ist der, o Nanak, dessen Inneres Auge nicht geöffnet ist, um den Herrn zu sehen.

Die Veden, Shastras und viele andere Heilige Schriften sagen uns, dass Gott alle Dauer ist und in jeder lebenden Form wohnt. Er vibriert in jedem Atom. Aber Er ist außerordentlich subtil –  Agam -, für den Verstand oder die Sinne unbegreiflich und unerkennbar. Unser Auge ist grob, und wir können Ihn nicht sehen, aber Guru Nanak  sagt:

Werdet so erhaben, wie Er ist, nur dann könnt ihr Ihn erkennen.

Wenn wir danach verlangen, Ihn zu sehen, müssen wir so subtil und unfassbar werden wie Er.

So sieht Kabir Sahib die Lage der Welt und erklärt, dass alle blind sind. Wenn es nur wenige wären, die nicht sehen könnten, wäre es ihm möglich, es ihnen verständlich zu machen; aber alle befinden sich in der gleichen Lage, ob sie gebildet oder ungebildet sind, die Reichen wie die Armen, die Herren und die Diener gleichermaßen. Wie kann ein Blinder einen Blinden führen? Beide werden sicherlich in die Grube fallen.

Es war einmal ein Heiliger, der zu einem bestimmten Dorf ging. Sein Herz strömte über vor Mitleid und er warnte die Dorfbewohner:

Morgen wird ein Wind kommen, und alle, die der Wind berührt, werden verrückt.

Einige Dorfleute, die Ihm Glauben schenkten, nahmen Seine Worte ernst, und als die Zeit herankam, versteckten sie sich in ihren Häusern und schlossen Fenster und Türen fest zu. All jene, die die Warnung nicht beachteten, erfasste der Wind, und sie wurden verrückt. Als die Glücklichen aus ihren Verstecken kamen, sahen sie, dass jedermann außer ihnen verrückt war. Aber da die verrückten Leute in der Mehrzahl waren und sahen, dass sich die Minderheit von ihnen unterschied, bestanden sie darauf:

Sie sind verrückt!

Die Lage der Welt ist ähnlich dieser. Verwirklichte Menschen, deren Seele frei von Gemüt und Materie ist, die sich über die grobe Umwelt erhoben haben, deren Blick rein und ungetrübt ist und die Gott im kleinsten Teilchen sehen können, sind äußerst selten; wen gibt es also, der die Wahrheit versteht?

Wenn es einen oder zwei gäbe, würde ich es erklären; alle haben (es) vergessen, über ihrer selbstischen Arbeit für den Magen.

Alle Handlungen dieser verstrickten Menschheit sind für den Magen. Jeder meint, dass die physische Gestalt und alles, was mit dieser zusammenhängt, das Einundalles des Lebens darstellt. Ob jemand ein Arbeiter oder ein Geschäftsmann ist, sein Ziel ist das gleiche – Geld verdienen. Auch die meisten jener, die vorgeben, sich zur Spirituellen Aufgabe zu bekennen, die die Verantwortung auf sich nehmen, vollkommene Menschen heranzubilden und die Seelen für Gott zu gewinnen, haben das gleiche Ziel. Sie hätten das Wort lehren sollen, aber sie verloren sich selbst in der Welt.

Kabir sagt, dass der Mensch erwacht, wenn der Herr des Todes zu seinen Häupten steht.

Wenn das Bewusstsein erst in diesem letzten Stadium erwacht, welchen Nutzen hat das dann? Es hat keinen Sinn, zu klagen, wenn die Vögel alle gesteckten Samen aufgefressen haben. Es ist eine tragische Tatsache, dass Gelehrte und Reiche gottverwirklichte Menschen, die in die Welt kommen, um zu helfen und die Seelen zu führen, Atheisten nennen und sie beschuldigen, die Leute zu verführen. Guru Nanak wurde daran gehindert, die Stadt Kasur zu betreten. Selbst die großen Organisationen im Namen der Religion gehören keiner besseren Kategorie an. Die Korruption ist verbreitet, und jene, die vorgeben, Spirituell zu sein, sind weltlicher als die weltlichen Menschen.

Das Motto eines jeden heißt:

Iss, trink und sei fröhlich,

und kein anderes Leben wird anerkannt außer dem des Körpers und seiner Beziehungen, das zu ihrem Gott und Grundprinzip wurde. Wann werden sie beginnen, die Wahren Tatsachen des Lebens zu verstehen?

Die Luft ist das Pferd, und die Seele ist der Reiter.

Geradeso wie bei einer Seifenblase die Luft von einem dünnen Schleier aus Wasser eingeschlossen ist; wie lange kann sich das halten? Ein kleiner Lufthauch kann sie wegblasen – so ist der Zustand des menschlichen Lebens. Es gleicht einem Pferd, das die Seele reitet. Ein kleiner Lufthauch oder etwas Wärme bringt, die Seifenblase zum Verschwinden, so dass sie keine Spur hinterlässt, ebenso lebt der Mensch nur so lange, wie der Atem und die Seele im Körper sind. Wenn sich der Begleiter des Körpers von ihm trennt, fällt der Körper leblos um. Dann tragen sie ihn schnell fort zum Verbrennungsplatz. Dies geschieht täglich direkt vor unseren Augen, aber die Welt ist in der Täuschung verloren und weigert sich, zu glauben, dass alle eines Tages gehen müssen. So sind wir gleich der Seifenblase nur für eine kurze Zeit hier, und die letzte Wandlung, die man Tod nennt, wird der Reihe nach zu jedem von uns kommen.

Der König und der Untertan werden nicht bleiben – nicht der Ruchlose noch der Entsagende; jeder wird der Reihe nach gehen – nichts ist von Dauer.

Viele große Persönlichkeiten sind auf die Welt gekommen, aber auch sie mussten ihren Körper schließlich verlassen. So besteht die einzige Lösung für dieses unausweichliche Ereignis darin, dass man lernt, wie man diesen Körper willentlich verlässt und in die oberen Regionen aufsteigt. Wenn wir das tun, werden wir auf zweifache Weise Nutzen haben. Erstens werden wir wissen, wie man den Körper verlässt, da wir gelernt haben, es täglich zu tun, und wenn der Tod kommt, wird es keinen Schmerz und keine Frucht geben. Zweitens wird, da wir regelmäßig in die höheren Regionen reisen und willentlich auf die Erde zurückkehren, die Furcht vor unserem unbekannten Schicksal schwinden, und wird werden einen unerschütterlichen Glauben an das Wahre Leben entwickeln; sein Geheimnis ist enthüllt. Es hat keinen Sinn, auf den Tod zu warten, um die Tatsachen des Lebens zu entdecken.

Christus sagte uns:

Wer sein Leben findet, der wird´s verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird´s finden.

Er sagte auch:

Es sei denn, dass jemand von neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen.

Welchen Wert hat die physische Form? 

Ist nicht das Leben mehr denn die Speise und der Leib mehr denn die Kleidung?

An dem Tag, da die uns zugemessene Anzahl der Atemzüge zu Ende geht, wird dieser Körper vergehen wie eine Seifenblase. Und dieser Zeitpunkt kann jede Minute da sein, was sollten wir also tun? Wir sollten sofort diese Wissenschaft vom Verlassen des Körpers erlernen, damit die Frucht vor dem Tod ausgelöscht wird.

Unsere Seele treibt in einem tiefen Fluss dahin, der Kapitän wird eine Rettungsleine auswerfen.

Die ganze Welt ist einem schnell dahinfließenden Fluss gleich, auf dem unsere Seele hilflos umhertreibt. Sie muss irgendwie ein Ankertau erfassen, sonst geht sie unter.

Das Gemüt ist ein Meer, auf dem sich unaufhörlich riesige Brecher erheben.

In immerwährender Bewegung erheben sich die Wellen von Lust, Ärger, Gier, Verhaftetsein und Ego. Inmitten von ihnen wird der Mensch herumgestoßen, und welche Chance hat er, sich selbst zu retten? Niemand kann das Meer des Gemüts ohne einen Kompetenten Meister überqueren.

In der Gemeinschaft von Einem, Der Sein Gemüt unter Kontrolle gebracht hat und Sich selbst vor der Zerstörung retten konnte, können auch andere errettet werden.

Das, was wir suchen, liegt in uns – es ist wahrlich die Seele unserer Seele -, aber mit einer entzündeten Lampe in der Hand suchen wir draußen danach.

Was im Haus liegt, scheint niemals nahe zu sein; wie ein Blinder suchen wir außen. Manchmal in heiligen Büchern, manchmal an Flussufern, zuweilen auf den Gipfeln der Berge und gelegentlich in äußeren Übungen. Und die ganze Zeit über bleiben wir gegenüber der Wahrheit unwissend. Das Gemüt wird von den Rössern der Sinne in den Bereich der Vergnügungen gezogen – der Mensch hat keine Zeit, sich nach Innen zu wenden und zu schauen, was in seinem tiefsten Wesen, ihm näher als das Leben selbst, verborgen liegt.

Ich traf in Kanpur einmal einen Mann, der mir erzählte, dass er auf seiner Suche nach der Wahrheit das heilige Wasser von Gangotri zu Fuß nach Kanyakumari gebracht und auf dem Rückweg das Wasser von Kanyakumari nach Gangotri getragen habe – eine Gesamtentfernung von vielen hundert Kilometern – und dennoch nicht erkannt habe, wonach er suchte. Wie kann man die Wahrheit auf diese Weise erkennen?

Die Sache liegt an dem einen Ort, und du suchst sie an einen anderen; Kabir sagt, du wirst sie finden, wenn du den annimmst, der weiß.

Wie suchen beständig am falschen Ort.

Wir können nicht glauben, dass es in diesem Körper liegt – verflucht sei ein solches Leben; o Tulsi, diese Welt leidet am grauen Star.

Unser Innerer Blick ist bereits da, aber er ist verdeckt, und es bedarf eines fähigen Arztes oder Meisters, der die Operation ausführt und den Schleier entfernt.

Gott wohnt jeder Form inne – alle Heiligen erklären dies.

Als Swami Ram Tirath in Lahore wohnte, sah er eines Abends beim Verlassen seines Hauses eine alte Frau mit einer Lampe, die den Boden nach etwas absuchte.

Er fragte sie: ,Mutter, wonach sucht ihr?‘ Sie erwiderte: ,Sohn, ich habe meine Nadel verloren, und ich suche sie wiederzufinden.‘ Er begann sogleich ihr zu helfen, aber nach einer Zeit ergebnisloser Suche fragte Er: ,Mutter, wo genau habt Ihr die Nadel fallen lassen?‘ Sie sagte darauf: ,Oh, ich ließ sie in meinem Zimmer fallen.‘ Natürlich machte Er ihr klar: ,Aber wie könnt Ihr hoffen, sie hier zu finden, wenn Ihr sie im Haus verloren habt? Ihr mögt über diese Geschichte lächeln, aber was tun wir, genau genommen?

Solange der Herr die Seele erhält, bleibt sie im Körper. Jenes Göttliche Bindeglied ist in jedem, und jeden erhält es am Leben, dennoch suchen wir es in der ausgedehnten Welt der Sinne, unter äußeren Dingen.

Das Feuer wird den ganzen Wald verbrennen; ohne das Wissen des Gurus wird der Mensch in die Irre gehen.

Das Feuer des Begehrens verzehrt die Welt – jedes Haus wird ihm geopfert, jede Gemeinschaft, jede Stadt und jedes Land. Wie eine Infektion breitet es sich von Mensch zu Mensch aus, denn ein Mensch wird von dem Umgang, den er pflegt, geprägt. Haltet ihr Gemeinschaft mit einem weltlichen Menschen, wird sein Einfluss euch Nachteil bringen, da jedes seiner Worte in einer weltlichen Färbung getönt ist, und bald werdet ihr seinem Lebensstil voll und ganz folgen. Deshalb sagt Kabir Sahib, dass dieses Feuer die ganze Welt verbrennt, und nur jene, deren Inneres Auge geöffnet ist, können da sehen; die physischen Augen können diese Dinge nicht erkennen. Wenn sich der Mensch nur still hinsetzen und in sich hineinsehen wollte, würde er ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass ihn etwas aufzehrt. Das verborgene Feuer des Begehrens frisst sich in die tiefsten Tiefen unseres Wesens hinein, und nur durch das Wissen des Gurus kann man errettet werden.

Im Gurbani steht:

Das Feuer verzehrte jeden Grashalm, aber eine abgesonderte Pflanze bleibt grün.

Diese Pflanze muss die Gemeinschaft einer selbstverwirklichten Seele haben – sie muss mit der immer grünen Quelle verbunden sein. Maulana Rumi sagt, dass das Herz in der Gemeinschaft mit jemandem sein sollte, der die Lage des Herzens kennt. Er rät uns auch, unter dem Baum zu sitzen, der mit duftenden Blüten überladen ist – der eine wohlriechende Kühle ausströmt. Er fragt dann:

Was ist das?

und antwortet:

Es ist die Gemeinschaft einer verwirklichten Seele, deren Inneres Auge geöffnet ist.

Jemand, der sich viele Stunden lang in der brennenden Sonne aufgehalten hat, wird einen schattigen Baum aufsuchen und sich in seiner Kühle erholen. In der Gegenwart des Gurus wird das Gemüt still und gesammelt. Wenn ihr euch retten wollt, ist dies der einzige Weg.

Der Satguru verströmt nicht nur Kühle, sondern Er kann auch das Wissen geben. Dieses Wissen ist nicht von der Art der Welt. – Erfahre Gyan und Dhyan als den unbeschreiblichen Ton, die Musik der Sphären.

Wahres Wissen und Wahre Aufmerksamkeit ist dieser Ton – das Lied des Lebens -, der jede Pore durchdringt und die ganze Schöpfung erhält. Ihn zu erkennen ist erlangt. Es ist bereits da, aber wir nehmen es nicht wahr.

Sie geht in die Täuschung  verloren, indem sie durch die neun Tore schaut, und sie erwirbt nicht den köstlichen Schatz.

Jene, die sich nicht (durch die Verbindung mit dem Guru) nach Innen wenden, werden von dem Feuer verzehrt.

Äußere Praktiken können euch nicht retten. Man mag einige Minuten lang entrInnen, aber es ist nicht von Dauer, und wiederum gerät man in die Gefahr. Das Feuer der Täuschung greift einen über die Sinne an, und wenn man einmal gelernt hat, sich über sie zu erheben und den kühlen Frieden im Inneren aufzunehmen – den Nektar der Wahrheit -, dann verliert die äußere Hitze ihre Wirkung, so als wenn man in einem Raum mit einer Klimaanlage sitzt. Es ist ohne Bedeutung, wohin ihr geht; wenn eure Aufmerksamkeit gesammelt ist, kann euch die Hitze nichts anhaben. Das Elend das weltliche Lebens quält uns, weil wir keine Kenntnis von dieser natürlichen Wissenschaft – dem Wissen vom Jenseits – haben.

Als Guru Nanak beschloss, dem weltlichen Leben zu entsagen, brachte Seine Schwiegermutter Moolo-Ji Seine beiden Söhne zu Ihm und sagte:

Wenn dies deine Absicht war, warum brachtest du dann diese beiden in die Welt?

Nanak erwiderte:

Mutter, ich bin gekommen, um die Welt von eben jener Kerkerhaft zu befreien, in der du mich festhalten willst. Ich bin gekommen, um das Feuer, das die Welt verzehrt, auszulöschen.

Dann betete Er:

O Gott, in Deiner Barmherzigkeit errette die Welt von dieser Feuersbrunst; sie kann nur durch die Quelle gelöscht werden.

Alle Meister haben versucht, der Menschheit verständlich zu machen, dass Sinneserfahrungen nur Elend bringen können.

Ich habe keinen glücklichen Menschen in der physischen Form gesehen; jeder, den ich sehe, ist unglücklich.

Indem man sich über die Sinne und das Physische erhebt, kann man ein besseres Leben erfahren. In den astralen und kausalen Regionen gibt es größeres Glück als auf der Welt; sie sind jedoch nicht frei von Elend – für das vollkommene Glück muss man sich über die physischen, astralen und kausalen Ebenen erheben.

Um die Seelen zu erwecken, nehmen die Meister selbst die Bürden auf sich. Sie hassen wohl die Sünden, die begangen werden, aber die Sünder lieben Sie von Herzen. Sie sagen uns, dass es für jeden eine Hoffnung auf Besserung gibt – für den Sünder wie für den Frommen -, aber nur durch den Gehorsam gegenüber des Meisters Gebote. Wir sollten unsere Ergebenheit und Hingabe geben und den Rest der Arbeit Ihm überlassen. Jene, die nicht wissen, wie man liebt, werden niemals den Herrn erkennen.

Wer nicht liebt, kennt Gott nicht, denn Gott ist Liebe.

Unsere Seele ist von demselben Wesen und auch Liebe. Wenn die äußeren Hüllen entfernt sind, wird die Liebe, die unter deren Last verborgen liegt, erwachen und erblühen. Man wird dann der Liebe wert und des Wissens um jenes höhere Selbst, welches Gott oder Gott in jenem Pol ist, in dem Er Sich offenbart hat.

Kabir sagt:

Hört, o Brüder, der Tag wird kommen, da der Mensch sogar sein Leintuch ablegen wird.

Wir müssen erkennen, dass wir am Ende alles verlassen müssen, auch die allernotwendigste Bedeckung für unseren Körper. Es gibt von dieser Regel keine Ausnahme; ein jeder wird schließlich die Welt verlassen müssen. Wenn nur die rechte Erkenntnis dafür von uns Besitz nehmen würde, änderte sich unser gesamter Blickwinkel, und man würde das Leben in der rechten Perspektive sehen, das seine Wahren Werte enthüllt hat.

Wenn diese Gelegenheit verloren geht, kehrt sie niemals zurück; wir haben dieses unschätzbare Leben vergeudet.

Wenn wir die Chance dieses Lebens verspielen, wo ist die Garantie für eine andere? Wir können nur im menschlichen Leben lernen, uns über den physischen Körper zu erheben und frei von Gemüt und SInnen zu sein. Welche Folge hat es, wenn wir unser Leben damit vertan haben, die weltlichen Dinge zu genießen? Wo immer eure Aufmerksamkeit ist, dahin werdet ihr gehen; und so werdet ihr immer wieder auf die Welt kommen müssen in der einen oder anderen Form. Den Körper zu verlassen ist kein Schreckgespenst, wenn wir unsere Intelligenz dafür einsetzen, die Lage dieses
Lebens und auch des Lebens danach zu verbessern.

Es gibt eine Geschichte von einem Königreich, in dem man alle fünf Jahre einen neuen König wählte. Während dieser fünf Jahre war der König der höchste Herrscher, und man gehorchte jedem seiner Worte, aber am Ende dieser Zeit pflegten die Leute den König zu einem dichten Wald voll wilder Tiere und Schlangen zu bringen und ihn dort zu verlassen. An dem Tag, da man den König erwählte, frohlockte er stets über sein gutes Geschick, aber nach Ablauf der fünf Jahre wurde er zum Dschungel geführt, wo er sein trauriges Los im Leben beklagte.

Viele Könige kamen und gingen, wenn sie an der Reihe waren, bis eines Tages ein Mann gewählt wurde, der den ernsthaften Gedanken hatte:

Was wird nach fünf Jahren mit mir geschehen?

Er war ein Mann von ungewöhnlicher Intelligenz, und er sorgte sich rechtzeitig um die Zukunft seines Lebens. Nachdem er also tief nachgedacht hatte, begann er damit, heimlich Arbeiter in den Wald zu senden, die einige der Bäume fällten und eine riesige Lichtung schufen. Dann pflanzten sie Obstbäume und Gärten an, erbauten schöne Gebäude mit entsprechender Umgebung, bis aus dem ganzen Platz ein luxuriöses Königreich geworden war. Ein Mensch kann in fünf Jahren Wunder wirken, und als die Zeit abgelaufen war und ihm mitgeteilt wurde, er müsse nun den Thron verlassen, lächelte er beglückt und sagte:

Ja, lasst uns gehen.

Die Leute waren natürlich erstaunt und fragten, worüber er sich freue. Er erzählte ihnen:

Ich habe meinen Bestimmungsort schon vorbereitet, und ich habe von ihm Besitz ergriffen, deshalb habe ich keine Furcht davor, zu gehen. Mehr noch, ich werde mich dort wirklich größerer Bequemlichkeit erfreuen, denn hier hatte ich viele Verpflichtungen, dort jedoch werde ich keine haben.

Alle Seelen haben diese goldene Gelegenheit, während sie im menschlichen Körper sind, und so sollten wir sie nützen und Vorbereitungen treffen, solange wir es können, denn der Tag wird kommen, an dem wir gehen müssen. Niemand lebte hier jemals für immer, und auch in der Zukunft wird das keiner tun. Wenn wir lernen, den Körper zu verlassen und in das Jenseits, auch ‘das Leben nach dem Tod‘ genannt, hinüberzugehen, dann macht uns diese Erfahrung mit unserer zukünftigen Heimat vertraut, wo es Glück und Frieden gibt, und wo bleibt dann die Furcht vor dem Tod?

Die ganze Welt lebt in Furcht vor dem Tod und möchte das irdische Leben behalten – nur wenige suchen das Wahre Leben. Einer, der mit der Gnade des Meisters stirbt, während er noch lebt, enträtselt das Mysterium Seines Willens.

Wenn wir einem erleuchteten Menschen begegnen, können wir mit Seiner Barmherzigkeit lernen, im Leben zu sterben, und zur gegebenen Zeit zum Bewussten Mitarbeiter am Göttlichen Plan werden. Man wird dann erkennen, dass Er der Handelnde ist und nicht man selbst, und das Mysterium der Gebote des Meisters wird sich enthüllen.

O Nanak, wer stirbt, während er lebt, erlangt Ewiges Leben.

In diesem Zusammenhang sagt Soami Ji Maharaj:

Ihr habt eine goldene Gelegenheit.

Zu unseren Pflichten gehört nicht nur zu essen, zu trinken und den Körper zu versorgen oder Dinge zu tun, die mit dem Körper und dem weltlichen Leben zusammenhängen; es gibt eine andere Aufgabe, der wir keinen Gedanken zollen.

Wir sind tatsächlich wie die Taube, die ihre Augen schließt, wenn die Katze kommt, um sie zu fressen, um den Anblick der Katze zu verbannen. Natürlich bleibt die Katze da, und die arme Taube bemerkt es erst, wenn die Katze sie packt. Wir sind nicht der Körper, wir sind die, welche den Körper in Bewegung setzen, und obgleich wir gegenwärtig die Welt von der physischen Ebene aus betrachten, kann sich das wandeln, wenn wir uns erheben, um zu sehen und zu wissen, was wahr ist. Die Welt verändert sich, und mit der gleichen Geschwindigkeit auch unser Körper. Wissenschaftlicher haben bewiesen, dass selbst unsere Knochen sich verändern, dass alle sieben Jahre eine Erneuerung nötig ist, die sich in Übereinstimmung mit der Natur vollzieht. Wenn sich zwei Dinge mit der gleichen Geschwindigkeit verändern, dann bleibt der Wandel unbemerkt. Ein dahintreibendes Boot bewegt sich ebenso schnell wie die Strömung des Flusses. Die Leute im Boot nehmen vielleicht seine Fahrt nicht war, aber jemand am Ufer wird es deutlich sehen und sie warnen:

Brüder, ihr treibt schnell dahin,

aber auf Grund der Täuschung werden sie ihm nicht glauben. Indem wir uns über die Täuschung erheben, sehen wir von der Ebene der Seele aus, und es wird ganz deutlich, dass sich der Körper wie auch die Welt verändern. Bis wird diesen Punkt der reinen Wahrnehmung erreicht haben, bedeuten uns die Welt, der Körper und die damit verbundenen Dinge alles, aber mit der Wahren Erfahrung vom Jenseits verlieren die quälenden Auswirkungen des Auf und Ab ihre Macht. Dies nicht allein, sondern die Furcht vor dem Tod schwindet, und der Geschmack an Äußerlichkeiten vergeht einfach dadurch, dass man den Nektar kostet, mit dem Höheren in Berührung zu sein. Alles wird man in seinem Wahren Licht sehen; und was wir auch tun, es wird mit Erfolg enden, denn wir werden unsere Aufmerksamkeit unter Kontrolle haben, um sie auf jedem Gebiet nach Belieben einzusetzen.

Alle Meister haben uns gesagt:

O Brüder, ihr seid menschliche Wesen, nicht Tiere.

Besonders Maulana Rumi sagte, dass wir uns nicht wie Tiere benehmen sollten, denn die Natur schuf sie so, dass sie die Erde anblicken; und wenn sie ihr Leben mit Essen und Trinken zubringen, ist das nicht so seltsam.

Er sagt, dass der Herr das Haupt der menschlichen Wesen aufrichtete; so sollten wir auf höhere Dinge blicken – wird sind die höchste aller Gattungen. Der Mensch sollte sein Erbe schützen; er hat die Form, vor der sich Götter und Göttinnen beugen, und in ihr allein kann Gott verwirklicht werden. Vollbringe dieses Werk in diesem Leben, und du wirst es zu einem Erfolg gemacht haben. Was macht es aus, ob die Schale zerbrochen wird, wenn die Perle in der Muschel einmal gestaltet ist? Wenn auch nur ein einziger Tropfen Wasser in die Schale eindringt, bevor die Perle geformt ist, wird es keine Perle geben. Nur in dieser Lage ist der Tod ein Schreckgespenst.

Kabir Sahib sagt:

Der Tod, der für die Welt furchtbar ist, bereitet mir eine große Freude; nur durch diesen Tod gewinnt man vollkommene Freude.

Wenn der Schleier des Körpers entfernt ist, sind wir beim Herrn.

Als Maulana Rumi sehr krank darniederlag, kamen viele Leute an sein Bett und baten darum, dass er leben möge. Er öffnete seine Augen und sagte:

Brüder, ihr habt vielleicht einen Nutzen von diesem Gebet, aber möchtet ihr nicht, dass dieser Vorhang, der mich von dem Herrn trennt, entfernt wird, auf dass ich für immer eins mit Ihm sein möge?

So sind die Worte jener Seelen, deren Inneres Auge geöffnet ist und die den Herrn in diesem Leben erkannt haben. Es gibt keinen Zweifel daran, dass Gott mit uns ist und wir nicht von Ihm getrennt sind, aber erkennen wir es? Wir haben unser Wahres Selbst vergessen, indem wir nur auf der Ebene der Sinne lebten. Wir müssen unsere Aufmerksamkeit von außen zurückziehen und uns nach Innen wenden.

Emerson sagte:

Klopft Innen an.

Es ist ein Weg, bei dem die Sinne umkehren. Es ist nicht nötig, die Sinne abzutöten; tatsächlich sollten wir doppelte Leistung aus ihnen herausholen – Innen und außen.

Wir können außen sehen, aber unser innerer Blick ist geschlossen; was sind wir, wenn nicht blind? Die äußeren Ohren sind offen, und sie hören, aber wir sind taub für die Innere Musik – die Musik der Sphären. In uns ergießt sich der Nektar von Naam, aber der Mensch ist berauscht vom Geschmack an die Welt.

Shamas-i-Tabrez sagt:

Ich habe Tausende, die von Geburt blind sind, mit der Schau gesegnet, Gott überall zu sehen.

Viele Blinde wurden initiiert, und mit einer solchen Freude berichten sie davon, wie sie das Aufgehen der Sonne im Inneren gesehen haben. Wenn ihr Innen seht, ist es von geringer Bedeutung, ob die äußeren Augen ihren Dienst tun oder nicht.

Wir möchten in das ‘Reich Gottes‘ eintreten, aber wie?

Mit der Hilfe und Führung von Einem, Der es selbst betreten hat und uns dorthin führen kann, ist die einfache Antwort der Meister. Ist dies möglich?

Es ist ein Wissen, welches exakt und sicher ist, so wie zwei mal zwei – vier sind, ist Ihre Antwort nochmals. Es ist nicht genug, mit heiligen Büchern und dem Singen von Lobliedern zufrieden zu sein, wir müssen nach dem gleichen Grad des Fortschritts streben, den die Verfasser der in diesen Büchern aufgezeichneten Gespräche und Erkenntnisse erreicht haben.

Ihre Erfahrung muss die unsere werden, denn was ein Mensch getan hat, kann auch ein anderer tun, natürlich mit der geeigneten Führung und Hilfe. Wir sollten uns mit nichts Geringerem zufrieden geben!