Die höheren Werte des Lebens

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Ein Moslem-Heiliger sagt:

Wie lange wollt ihr fortfahren, wie ein Kind mit Lehm zu spielen und euch selbst damit zu beschmutzen?

Was bleibt, wenn die Seele den Körper verlässt? Erde.

Du bist Staub und wirst wieder zu Staub werden.

Wie lange wollt ihr noch so weitermachen?

Wir sind in zwei Richtungen sehr gut entwickelt, aber über unsere Seele wissen wir nichts oder so gut wie nichts. Wir wissen nur so viel, wie in den Schriften steht. Wir wissen nur so viel, wie wir mit unserem begrenzten Intellekt fassen können. Wenn wir die wahre Bedeutung der Schriften verstehen wollen, müssen wir Jemandem zu Füßen sitzen, Der praktisches Wissen über das Selbst und das Überselbst hat, denn alle Schriften sprechen von derselben Sache.

Auch wenn wir einem Meister begegnen, Der ein Adept in der Praxis ist und Er uns alle Dinge erklärt, die unser eigenes Selbst und das Überselbst betreffen, können wir nicht zufrieden sein, ehe wir diese Erfahrung nicht selbst und mit unserem Selbst gemacht haben.

Falls wir die Schriften überhaupt lesen, ist das Streben im Bereich der Selbsterkenntnis hauptsächlich auf das Lesen der einen oder anderen Schrift beschränkt oder auf den Besuch eines heiligen Ortes der Verehrung, das ist alles.

Dies sind jedoch nur die elementaren Schritte und führen an sich zu keinen lohnenden Ergebnissen. Außerdem werden wir finden, dass viele von uns in Kirchen oder zu heiligen Orten der Verehrung gehen, doch wie viele gibt es, tun es wirklich, um Wissen über Gott zu erhalten? In der Tat, sehr wenige. Die meisten von uns sind dort, um für den Lebensunterhalt zu beten, für die Kinder oder um irgendeinen anderen materiellen Vorteil. Wir lesen die Schriften, damit unsere sonstigen Verhältnisse unseren Erwartungen entsprechend geregelt werden. Die meisten von uns sind nur in dieser Art und Weise religiös.

Aber werden solche Leute, indem sie zu den heiligen Wallfahrtsorten pilgern, Gott finden?

Bittet, so wird euch gegeben. Klopfet an, so wird euch aufgetan.

Wenn wir aber nur um weltliche Dinge bitten, wie können wir dann Gott erhalten?

Gott, der Herr, ist gütig und was du von Ihm erbittest, das wird Er dir geben.

Es wird die Geschichte eines persischen Prinzen namens Majnu erzählt, der sich in die Prinzessin Laila verliebte. Seine Verehrung war so glühend, dass er die Erde küsste, auf die sie trat. Einmal sagten die Leute zu ihm: Siehe, Gott möchte dich besuchen. Er antwortete: Gut, wenn Er mich besuchen will, soll Er in Gestalt meiner Laila kommen. Glaubt ihr, dass ein solcher Mensch je Gott finden wird? Er wird ohne Zweifel Laila finden, aber nicht Gott.

Auf die gleiche Weise, wie so viele Majnus, gehen wir in den Tempel, suchen aber nicht Gott, sondern die Idole unserer Herzen. Wie können wir dann Gott erreichen? Nur die können Gott erreichen, die Gott suchen. Für sie ist der Weg offen; für sie gibt es einen Gottmenschen, Der sie auf den Pfad stellt.

So ist unser Streben auf dem Spirituellen Weg allein auf diese eine Sache beschränkt. Wer ein echtes Verlangen in sich hat, Gott zu suchen und zu finden, für den trifft Gott Vorkehrungen, dass er auf den Weg gestellt wird.

Der elementare Schritt, um sich selbst zu erkennen, ist die Heiligen Schriften zu lesen, die wir haben. Aber sie sagen uns:

Wer sein Leben verliert, der wird’s finden, und wer sein Leben findet, der wird’s verlieren.

Was bedeutet das? Wer nur das physische Leben auf der Ebene der Sinnesorgane lebt und wenig oder nichts über sein eigenes Inneres Selbst weiß, der wird natürlich sein Ewiges Leben gänzlich verlieren. Jene, die über dieses physische Leben hinausgehen, sich selbst erkennen und Gott erkennen, werden Ewiges Leben haben.

Die Schriften sagen das sehr klar in sehr einfachen Worten. Aber die intellektuellen Menschen, die kein praktisches Wissen der Selbstanalyse und keine Erfahrung von ihrem eigenen Selbst und von Gott hatten, haben es schwer gemacht, sie zu verstehen. Das ist alles. Ansonsten sind die Wahrheiten sehr einfach.

Wiederum sagt Christus:

Es sei denn, dass jemand von Neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen.

Von Neuem geboren werden? Wie? Nikodemus, ein sehr gelehrter Mann, kam zu Jesus und fragte:

Nun, Meister, warum sagst Du, dass wir von Neuem geboren werden müssen? Wie können wir von Neuem geboren werden? Wie können wir wieder den Mutterleib betreten und von Neuem geboren werden?

Was sagte Christus?

Siehe hier, du bist ein gelehrter Mann, ein sehr weiser Mann. Leute sitzen dir zu Füßen, sie verehren dich wie nichts sonst. Erkennst du nicht, Fleisch ist Fleisch, und du musst aus dem Geiste geboren werden?

Dies war ein persönliches Problem für alle von uns. Die Meister, Die kamen und in der Lage waren, uns die praktische Lösung zu geben, gaben uns die Ersthand-Erfahrung davon, wie wir uns über das Körperbewusstsein erheben und uns selbst erkennen können.

Die ganze Sache ist einfach auf den Kopf gestellt, würde ich sagen. Wir sind die Bewohner des Hauses. Wir müssen etwas wissen und vorsorgen für den Ort, an den wir gehen müssen. Aber wir haben uns so sehr mit dem Körper identifiziert, dass wir uns selbst nicht von ihm unterscheiden können.

Gegenwärtig wirken wir von der Ebene des Körpers aus und kennen nichts als unser physisches Selbst. Wir beachten nur diese äußere Welt und ihre Besitztümer, als ob diese das ein und alles des Lebens wären. Die ganze Sache ist auf den Kopf gestellt.

Dies ist der Grund, warum die Meister betonten:

Was hülfe es dem Menschen, so er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele?

Dann fragen Sie:

Was soll ein Mensch geben, im Tausch für seine Seele?

Ihr seht, wie wichtig das ist.

Wir sind es, die den Körper verlassen müssen, und wir wissen wenig oder nichts über unser eigenes Selbst. Wir wissen nur so viel, wie in den Schriften steht. Aber selbst wenn wir sie Jahr um Jahr lesen, unser ganzes Leben lang – haben wir dann irgendeine Erfahrung?

Gewiss, wir füllen unser Gehirn mit so vielen Fakten und Theorien und den Berichten über die Erfahrungen anderer. Aber helfen sie? Es ist genau, wie wenn ein Mensch heiraten wird. Nach der Hochzeit fährt das Paar freudig weg. Aber außer ihnen nehmen viele andere an den Festlichkeiten teil; sie erhalten dadurch nichts.

Wie ein indisches Sprichwort sagt:

Es sind zwei, die heiraten; und die Übrigen stehen dabei.

Das bedeutet keinesfalls, dass wir nicht die Schriften lesen sollten. Wir sollten sie lesen. Dies ist ein elementarer Schritt. Sie sind wertvolle Berichte, die für alle, die einfach einen Blick nach Innen werfen möchten, um sich selbst und Gott zu erkennen, Tonnen von Gold und Rubinen und Smaragden wert sind.

Wir sind jetzt lediglich mit dem Körper identifiziert. Wir wirken im Körper, handeln von der Ebene des Körpers aus und sind dem Körper und seiner ganzen Umwelt verhaftet. Je mehr wir verhaftet sind, desto weiter sind wir vom Ewigen Leben entfernt.

Darum heißt es:

Strebe danach, dich von der Liebe zu allen sichtbaren Dingen freizumachen, und richte deine Aufmerksamkeit auf die unsichtbaren Dinge.

Je mehr wir den äußeren, den physischen Dingen verhaftet sind, desto ferner sind wir unserem Inneren, unserem Höheren Selbst. Solange wir uns nicht eine Weile von diesem Ort zurückziehen und über das Körperbewusstsein erheben, uns selbst erkennen, können wir Gott nicht erkennen oder Gott nahe kommen oder mit Gott in Verbindung kommen.

Wenn wir doch ganz sicher wissen, dass wir den Körper verlassen müssen, warum uns dann erst an ihn binden?

Wie ich vorhin sagte, muss ich in wenigen Tagen die Vereinigten Staaten verlassen und nach Indien zurückkehren. Ich weiß, dass ich gehen werden muss. Ich werde euch alle natürlich verlassen. Ich werde nicht zu sehr an Besitz gebunden sein, an dies oder jenes; ich muss fortgehen. Ich habe einfach meine Tage zu verbringen und dann zu gehen. Das ist alles.

Aus diesem Grund besteht des Menschen Leben nicht in Besitztümern, nicht im Überfluss der Dinge, die er besitzt.

Das Leben ist mehr denn die Speise und der Leib mehr denn die Kleidung.

Ihr seht, wie wir uns auf weltliche Weise verhalten. Nehmt an, ihr tragt ein teures Kostüm oder teure Bekleidung. Ihr habt einen Unfall, und diese Bekleidung ist völlig ruiniert und zerrissen. Ihr sagt: ‚Das macht nichts, ich bin gerettet.‘ Wiederum, wenn ihr krank seid und die Ärzte erklären, dass es wenig Hoffnung für euer Leben gibt, was sagt ihr dann? ‚Nun, ich werde alles Geld, das ich habe, ja auch alle Besitztümer, die ich habe, dafür geben, damit ich gerettet werden möge.‘ Unsere Körper sind wertvoller als alle anderen materiellen Besitztümer. Wenn ein weiterer Unfall geschieht, bei dem ihr euch den Arm oder das Bein brecht, was sagt ihr? ‚Ach, das macht nichts: Ich bin gerettet.‘ Und das, was gerettet ist, ist euer eigenes Selbst, das selbst kostbarer ist als der Körper.

De Meister haben uns die Tatsache verständlich gemacht, dass das Innere Selbst das Wahre Juwel im Körper ist, der unbezahlbarste Schatz. Wir haben dieses Innere Selbst nie erkannt. Bevor wir es nicht erkennen und wissen, dass das Leben mehr ist denn die Speise, werden wir nichts für jenes Leben tun.