Die höheren Werte des Lebens

VI

Gegenwärtig sind wir der Ansicht, dass unsere Körper mehr sind als alles andere, obgleich uns wohlbekannt ist, dass wir sie verlassen müssen. Das ist kein Schreckbild, sage ich euch. Aber der weise Mensch ist jener, der sich für die Umwandlung vorbereitet, die jeden von uns erwartet; ohne Ausnahme von der Regel. Der Mensch, der sich selbst erkennt, ist wahrlich der weiseste Mensch.

Wir haben uns nicht um diesen Weg gekümmert. Unser Bestreben war nur auf das Lesen der Schriften beschränkt und auf die Beachtung der äußeren Einhaltung von bestimmten Ritualen, Zeremonien oder Förmlichkeiten. Sicher sind dies die elementaren Schritte, die wir gehen müssen; aber dies ist nicht der Hauptzweck unseres Lebens. Was sollten wir tun? Wir sollten einfach den Wahren Zweck des Lebens verstehen. Welches ist die Höchste Mission eines Menschen? Der Mensch ist das Höchste in der ganzen Schöpfung. Er ist Gott am nächsten.

Das ist, was Prophet Mohammed im Koran sagt:

Gott schuf den Menschen und gebot den Engeln, sich vor ihm zu beugen.

Somit ist der Mensch höher als sogar die Engel selbst. Dies ist der Körper, dies ist der Tempel Gottes, in welchem Gott wohnt und ihr wohnt. Aber wir haben nie auf diese Weise gedacht. Wir haben lediglich auf den äußeren Menschen gesehen, dass äußerlich alles sauber ist, dass wir schöne Häuser haben, um darin zu wohnen, und dass wir eine luxuriöse Einrichtung haben. Aber wir haben wenig oder nichts dafür getan, diese Tempel Gottes – unsere Körper – von Innen her zu reinigen. Wir haben diese Tempel Gottes geschändet.

Und wer den Tempel Gottes schändet, wird von Gott bestraft.

Mit einem unreinen Herzen kann es keine Reinheit geben.

Reinheit ist natürlich der Frömmigkeit am nächsten. Wir sollten unsere Körper sowohl von außen als auch von innen rein halten. Selig sind, die reines Herzens sind, denn sie werden Gott schauen. Wir müssen ein ethisches Leben führen, ein reines Leben.

Was Christus in der Bergpredigt sagte, entspricht dem Achtfachen Pfad Buddhas; und dieser wiederum entspricht den Yama-, Niyama- und Sadachar-Vorschriften der Hindus. Das ist der erste Schritt, den wir gehen müssen. Dabei werden wir auch den Inneren Weg finden.

Er sagte:

Wenn dein Auge einfältig ist, so wird dein ganzer Leib Licht sein.

Wir haben die Lehren der Meister, Die in der Vergangenheit kamen, nicht verstanden. Wenn wir nur lernten, danach zu leben, was die Schriften sagen, würden wir Frieden auf Erden und auch Frieden im Jenseits haben. Wir hätten das Reich Gottes auf Erden und auch das Königreich Gottes in der anderen Welt.

Was hülfe es dem Menschen, so er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele?

Wie handeln wir in unserem täglichen Leben? Von früh bis spät sind wir nur mit der Erhaltung der physischen Körper von uns selbst und von unseren Familien beschäftigt. Wir stehen am Morgen auf, folgen dem Ruf der Natur, machen etwas Gymnastik, nehmen ein Bad, essen und dann gehen die einen ins Geschäft, andere in ihr Büro und weitere irgendeiner sonstigen Arbeit nach. Der ganze Tag wird mit diesem Bestreben zugebracht. Abends kommen wir heim. Jene, die verheiratet sind, müssen sich um ihre Familien kümmern. Manche sind krank und brauchen andere Lebensnotwendigkeiten. Einige gehen einkaufen. Am Abend nehmen wir unsere Mahlzeit ein und gehen schlafen. Wieder andere essen und trinken nur und machen sich ein schönes Leben, dann gehen sie ebenfalls schlafen. Das ist die gewöhnliche alltägliche Routine, die wir im Allgemeinen haben. Am nächsten Morgen beginnt derselbe zermahlende Prozess von Neuem. So wird unser kostbares Leben mit zweitrangigen Bestrebungen vergeudet. Wir haben keine Zeit, uns dem Problem und dem Mysterium des Lebens zuzuwenden.

Die Meister sagen:

Nun, seht hier, ihr müsst diesen Körper eines Tages verlassen; das ist unvermeidlich. Was habt ihr dafür getan?

Wir befinden uns in großer Agonie. Wenn uns der Tod überkommt, erleiden wir Agonie. Wenn wir das Schicksal eines Sterbenden gesehen haben, müssen wir Zeuge der Agonie des Todes gewesen sein: Weinen, Krämpfe usw. Niemand kann ihm dann helfen. Hätte er das Mysterium des Lebens gelöst und gelernt, wie man den Körper willentlich verlässt, hätte er sich selbst durch Selbstanalyse erkannt, dann wäre er zu Lebzeiten durch die Erfahrung des Todes hindurchgegangen; er hätte gelernt, sich willentlich über das Körperbewusstsein zu erheben, und er hätte sich bei dieser Gelegenheit nur erhoben, ohne jeden quälenden Schmerz.

Der Prophet Mohammed sagt, der Schmerz, den der Mensch empfindet, wenn die Seele den Körper verlässt, ist, als würde ein Dornbüschel vom Rektum ausgehend durch die Nasenlöcher gezogen. Einige indische Schriften vergleichen die Todesqualen mit tausend Skorpionen, die alle zur selben Zeit stechen. Ihr alle wart schon Zeuge, wie schwer es ist, den Körper zu verlassen. Von bestimmten Fällen – sehr seltenen Fällen – abgesehen, etwa bei Herzversagen, müssen alle durch diese Agonie gehen. Wenn ihr aber wisst, wie man den Körper nach Belieben verlässt, sei es hundertmal am Tag, dann kann der Tod keinen Stachel haben, sagen die Meister.

Wenn wir die Leute fragen:

Schau, lieber Freund, wie hast du dich auf die Spirituelle Weise entwickelt?

ist die Antwort:

Nun, das ist nicht nötig. Wir werden uns darum kümmern, wenn wir alt werden. Lasst uns essen, trinken und fröhlich sein.

Erstens, wo ist die Garantie, dass ihr ein hohes Alter erreicht? Es könnte ein Unfall geschehen; irgendeine Krankheit könnte euch befallen und euer Leben beenden. Nehmen wir an, ihr erreicht ein hohes Alter, was dann? Euer Körper wird gebrechlich, eure Fähigkeiten werden schwach, manchmal ist das Augenlicht nicht gut, zuweilen wird man schwerhörig, manchmal kann man sich nicht bewegen, oder man ist ans Bett gefesselt. Wenn ihr das Rätsel des Lebens gelöst hättet, solange ihr jung und im Besitz eines entschlossenen Willens in einem starken Körper wart, hättet ihr es viel besser lernen können.

Aber wie auch immer, ihr werdet feststellen, dass ihr darauf nie geachtet habt. Es ist das Wichtigste und wird am meisten ignoriert.

Ein Moslem-Heiliger sagt:

Der Höchste Zweck des Lebens eines Menschen ist, sich selbst zu erkennen und Gott zu erkennen.

Und was habt ihr getan? Da ihr doch so viel über eure physischen und intellektuellen Dinge wisst, habt ihr auch eurem Inneren Selbst irgendeine Beachtung geschenkt?

Er sagt:

Nun, was für Früchte bringt all das? Du bist ein Tor. Du bist kein weiser Mensch.

Ein kluger Mensch sucht immer zu verstehen und sich auf das Morgen vorzubereiten. Er bereitet sich darauf vor, was sich ereignen wird.