Das Königreich Gottes

III

Ich wies euch schon darauf hin, dass wir im 20. Jahrhundert das Glück haben, Berichte über die Spirituellen Erfahrungen aller Meister zu besitzen, Die in der Vergangenheit kamen. Wir sind begünstigt, dass wir all diese Worte der Weisheit haben, die unschätzbaren Aufzeichnungen Ihrer Lehren und Erfahrungen, die Sie mit Sich Selbst und mit Gott hatten. Wenn wir gelebt hätten, bevor jene Meister kamen, wären wir ohne sie gewesen. Das einzige, was nun bleibt, ist, dass wir diese Schriften in ihrer richtigen Perspektive betrachten müssen; und um damit zu beginnen, müssen wir die Terminologie der Schriften lernen. Wenn ihr die Schriften unter der Anleitung von jemandem lest, der keine Erfahrung des Lichts im Innern hatte, der Gott nicht aus einer Ersthand-Erfahrung erkannte, wird es nahezu unmöglich, die an sich einfachen und zugänglichen Wahrheiten, die von den Meistern gelehrt werden, zu verstehen.

In der Offenbarung heißt es:

Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! […] und Er wird bei ihnen wohnen […]

Manche Menschen werden fragen: ‚Wo sollen wir Gott finden?‘ Zu diesem Zweck müssen wir in unser eigenes Selbst hineinschauen, welches, so sagen es die Seher, der Wahre Tempel Gottes ist. Wir müssen den besten Gebrauch von den Schriften und den Stätten der Verehrung machen. Wir müssen die Wahre Bedeutung der Schriften, die wir haben, verstehen. Doch ehe wir nicht zu den Füßen von Jemandem sitzen, Der Selbst erlebt hat, was sie beschreiben, und Der fähig ist, uns diese Erfahrung zu geben, sind wir dazu nicht in der Lage. Nur ein Wahrer Meister ist kompetent, uns all das zu geben.

Was sagen die Schriften? Wieder sprechen sie von der Wahren Heimat unseres Vaters und beten:

Dein Reich komme.

Ich werde euch jetzt nicht Beispiele aus allen Schriften geben; ich habe euch in der kurzen Zeit, die mir zur Verfügung steht, einzig den Kern dessen, was sie sagen, dargelegt, um euch die Wahrheit nahe zu bringen, so wie sie in ihnen enthalten ist.

Was steht in unserer Bibel?

Das Reich Gottes kommt nicht mit äußerlichen Gebärden […] das Reich Gottes ist inwendig in euch.

Wenn wir das Reich Gottes betreten sollen, müssen wir das Reich Gottes in uns betreten und nicht im Äußeren danach suchen.

Andere Schriften sagen:

Das Wort ist jenseits aller physischen Wahrnehmung und Begrenztheit.

Das Wort, die Quelle allen Segens, wohnt im menschlichen Körper.

Nur wenn ihr euch Innen erhebt, werdet ihr das Wort erfahren.

Wir lesen in der Bibel:

Wer sein Leben findet, der wird’s verlieren.

Jene, die lediglich das Leben der physischen Sinne führen und nicht wissen, wie man das Körperbewusstsein übersteigt, werden nicht das Ewige Leben haben.

Aber wer sein Leben verliert, der wird’s finden.

Sein Leben verlieren heißt nicht, Selbstmord zu begehen; es bedeutet, über das Körperbewusstsein zu gelangen, während man lebt. Lasst mich euch einen traurigen Vorfall erzählen, der sich in Indien aus Unkenntnis über die wahre Bedeutung der Schriften zugetragen hat. Wir lesen in der Bibel, dass das Reich Gottes in uns ist. Es kann durch den Tod im Leben, oder mit anderen Worten, durch eine neue Geburt gewonnen werden, denn es heißt in den Schriften:

Wer sein Leben verliert, wird das Ewige Leben erlangen.

Das hatte ein gewisser Mann in den Schriften gelesen. Die Geistlichen gaben ihm zu verstehen, dass er, wenn er sterbe, direkt in das Reich Gottes kommen würde; denn die Geistlichen hatten keine praktische Erfahrung von der Wahrheit in den Schriften. Was tat also der Ärmste? Er nahm ein Glas voll Wein und tat ein großes Stück Opium hinein. Dann stellte er es vor sich auf den Tisch und sagte: O Gott, ich komme nun zu Dir. Mit diesen Worten trank er den tödliche Trunk, nahm sich das Leben und ruinierte auf diese Weise sich und seine Familie.

Das war die Folge blinden Glaubens an die Lehren blinder Priester. Die Schriften hatten es niemals so gemeint. Natürlich sagen sie uns: Wer sein Leben verliert, der wird das Ewige Leben finden. Aber sein Leben verlieren bedeutet, sich willentlich über das Körperbewusstsein zu erheben. Es ist eine praktische Sache, die wir zu den Füßen eines Menschen lernen können, Der diese Erfahrung gemacht hat und ein Wahrer Adept in der Theorie und Praxis der Wissenschaft der Spiritualität ist.

Weiter heißt es:

Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, dass jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen.

Die Schriften erklären das Ganze sehr genau; vorausgesetzt, es ist ein Wahrer Lehrer da, Der sie aus persönlichem Wissen und persönlicher Praxis erläutert und ein Führer auf dem Gottespfad ist.

Die Taufe oder Initiation aus den Händen von Einem, Der völlig kompetent ist, den Lebensimpuls zu übertragen und eine Erfahrung vom Jenseits zu gewähren, ist auf dem Pfad der Meister eine absolute Notwendigkeit. Der Meister kann einen durch Seine persönliche Aufmerksamkeit über das Körperbewusstsein erheben und eine Ersthand-Erfahrung vom Reich Gottes im Innern geben.

Ferner lesen wir:

Es sei denn, dass jemand von Neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen.

Das Reich Gottes kommt nicht mit äußerlichen Gebärden. Es geht einzig darum, von Neuem geboren zu werden aus dem unvergänglichen Samen, nämlich aus dem Lebendigen Wort Gottes, das da ewiglich bleibt.

Ebenso steht in den Schriften:

Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes, so wird euch alles zufallen.

‚Trachtet nach dem Reich Gottes‘ ist das Wichtigste und Vordringlichste – das Übrige kommt von selbst. Bedauerlicherweise haben wir das Reich Gottes immer im Äußeren gesucht.

Um ins Reich Gottes einzutreten und um das Reich Gottes zu sehen, müssen wir umkehren, den Tempel des Körpers betreten. Wir müssen nach Innen gehen und dort hineinschauen. Es ist ein regelrechter Prozess der Einwärtswendung. Unser Körper wurde mit einem Haus verglichen, das zehn Türen hat. Die äußeren Sinnesorgane bilden neun derselben: zwei Augen, zwei Ohren, Mund, zwei Nasenöffnungen, das Rektum und das Geschlechtsorgan. Das sind die Öffnungen des Körpers. Es sind die Tore, mit denen wir beständig leben. Außerdem gibt es noch ein zehntes Tor. Es liegt im Innern und ist latent. Es führt zum Reich Gottes. Aber sehr wenige finden dieses Tor, über das geschrieben steht:

Und die Pforte ist eng, und der Weg ist schmal, der zum Leben führet; und wenige sind ihrer, die ihn finden.

Darüber hinaus heißt es:

Klopfet an, so wird euch aufgetan.

Aber wir wissen nicht, wo und wie wir anklopfen sollen. Dies ist eine Frage der Praxis. Das zehnte Tor im Körper ist das Eingangstor ins Jenseits. Solange man nicht alles darüber weiß, kann man nicht ins Reich Gottes eingehen.

Wie könnt ihr nun euren Weg zum Reich Gottes, das in euch liegt und nicht außerhalb, finden? Ihr könnt nur hineinkommen und sehen, wenn ihr imstande seid, euch nach Belieben über den physischen Körper zu erheben. So sagen die Schriften:

Lernt zu sterben, damit ihr zu leben beginnen könnt.

Nehmt das Kreuz auf euch, und das Kreuz wird euch aufnehmen. Wenn auch der äußere Mensch vergeht, so wird doch der Innere tagtäglich erneuert.

Christus sagte in unmissverständlichen Worten:

[…] der nehme sein Kreuz auf sich täglich und folge mir nach.

Das Leben, das gerettet werden kann, das Ewige Leben, können wir nur dann haben, wenn wir lernen, während des Lebens zu sterben.

Dadu, ein Hindu-Heiliger, sagt:

Dadu, lerne zu sterben, ehe der Tod kommt, denn am Ende müssen alle sterben.

Was ist der Tod? Der Tod ist nichts Schreckliches; er ist nur eine Verwandlung, der Übergang von einer Ebene zu einer anderen. Was geschieht, wenn ihr den physischen Körper zur Zeit des Todes verlasst? Dieser physische Körper wird niedergestreckt. Wir legen diese sterbliche Hülle ab. Da wir nicht gelernt haben, wie man sie ablegt, überrascht uns letztlich der Tod, und wir werden unversehens von ihm überwältigt.

Wir denken, dass wir nur der Körper sind, und hängen an dem, was ihn umgibt. Aber der Tod kommt, und wir müssen dies alles zurücklassen; und deswegen sind wir erschreckt und verwirrt. Außerdem wissen wir nicht, wo wir hinzugehen haben oder wer da geht. Und weil wir nicht wissen, wie man den Körper verlässt, müssen wir die Agonie des Todes erleiden.