Das Königreich Gottes

VIII

Im Osten lehrt man, dass es in diesem Leben zwei Wege gibt: der eine, Piray Marg genannt, ist ein sehr schöner Weg, der andere Sharey Marg, ist zu Anfang sehr dunkel und eng. Wenn ihr den Weg der Welt geht, seid ihr verloren und erreicht nichts. Aber wenn ihr den anderen Weg geht – den Weg des Geistes in euch, kann es sein, dass ihr im Dunkel beginnen müsst; aber am Ende gelangt ihr in das Reich Gottes.

Die Evangelien sagen es sehr einfach:

Der Weg ist schmal.

Wenn er sich öffnet, werdet ihr Welten über Welten in euch finden.

In diesem Leben gibt es also zwei Wege. Der eine führt uns in die äußere Welt, weg vom Reich Gottes; der andere geht nach innen, ins Reich Gottes. Der eine führt zum Tod, der andere zum Leben.

Darum heißt es auch:

Gehet ein durch die enge Pforte.

Das findet ihr bei Matthäus.

Denn die Pforte ist weit, und der Weg ist breit, der zur Verdammnis abführet; und ihrer sind viele, die darauf wandeln. Und die Pforte ist eng, und der Weg ist schmal, der zum Leben führet; und wenige sind ihrer, die ihn finden.

Es sind wenige, die den zweiten Weg aufnehmen. So mahnt Jesus:

Ringet darnach, dass ihr durch die enge Pforte eingehet; denn viele werden, das sage ich euch, darnach trachten, wie sie hineinkommen, und werden's nicht tun können.

Wiederum:

Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, denn dass ein Reicher ins Reich Gottes komme.

Das ist nun der Weg, um ins Reich Gottes in eurem Innern zu gelangen. Und es ist der Weg, das Innere Auge zu öffnen.

Gegenwärtig seht ihr durch zwei Augen. Wie kann man das Einzelauge haben? Es ist eine Sache der Praxis, die ihr zu den Füßen eines Kompetenten Meisters lernen müsst. Er kann euch befähigen, diese Erfahrung von Innen zu bekommen, indem Er euch einleitend emporhebt.

Die Evangelien vergleichen es mit dem Anzünden einer Kerze:

Wenn nun dein Leib ganz Licht ist, dass er kein Teil von Finsternis hat, so wird er ganz Licht sein, wie wenn ein Licht mit hellem Blitz dich erleuchtet.

Damit könnt ihr die Bedeutung der in den Kirchen aufgestellten brennenden Kerzen verstehen; sie sind ein Symbol für das Licht im Innern. Der Meister macht es euch möglich, das Wahre Licht zu sehen. Darum hören wir von Früheren Meistern, dass Sie die Blinden heilen konnten – physische Blindheit vielleicht in manchen Fällen, aber zum größten Teil Spirituelle Blindheit, nämlich die Unfähigkeit, das Licht Gottes zu sehen.

Jesus sagt weiter:

Selig sind eure Augen, dass sie sehen und eure Ohren, dass sie hören.

Wir haben Augen und sehen nicht und haben Ohren und hören nicht.

Das sagen euch die Schriften. Es gibt das Innere Auge, das geöffnet werden muss, um das Licht Gottes zu sehen, dazu das Innere Ohr, um die Stimme Gottes zu hören, die durch die ganze Schöpfung hindurch erklingt.

Das Thema dieser Ansprache war: Wo ist das Reich Gottes, und wo sieht man das Licht Gottes; wie kann man das Reich Gottes betreten und wie das Licht Gottes sehen? Alles findet ihr in euch, wenn ihr euch über das Körperbewusstsein erhebt. Solange ihr dieses irdische Leben der Sinne führt, seid ihr mit dem Körper identifiziert. Ihr wisst nicht, wie man das Körperbewusstsein überschreitet, um das Innere Auge und das Innere Ohr zu öffnen. Ihr könnt das Reich Gottes oder das Licht des Himmels nicht sehen und die Stimme Gottes nicht hören. All dies könnt ihr lernen, wenn ihr zu den Füßen eines Kompetenten Lebenden Meisters sitzt.

Aber Christus warnt uns:

Sehet euch vor vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe.

Heute ist die Welt so voll von falschen Meistern, dass die Menschen schon genug haben, wenn sie nur das Wort 'Meister' hören. Manche Menschen sind bereit, alles zu opfern – ihr Geld, ihren Besitz – , einzig um das Licht Gottes zu sehen. Sie werden mit Hoffnungen und Versprechungen abgespeist, und dann sagt man ihnen, dass sie für den Weg noch nicht geeignet seien. Zuletzt stellen sie fest, dass diese so genannten 'Meister' wie sie selbst auf materiellen Reichtum aus sind; sie führen das gleiche Sinnesleben wie sie auch. Das ruft natürlich Empörung hervor und man sagt, alles über die Meister sei bloßes Possenspiel. Es ist nur ein Fehlschluss, zu dem sie durch ihre traurigen Erfahrungen gekommen sind.

Alle Gaben der Natur sind frei. Die Spiritualität ist auch eine Gabe Gottes, nicht des Menschen. Weshalb sollte sie verkauft werden? Sie ist keine käufliche Ware. Wissen muss frei gegeben werden. Müssen wir für die Sonne zahlen, die uns allen gleichermaßen scheint? Warum sollten wir dann für das Wissen von Gott bezahlen? Es ist ein Geschenk Gottes, und es muss kostenlos und großzügig verteilt werden. So wird kein Wahrer Meister etwas dafür annehmen. Er gibt unentgeltlich.

Einmal schrieben einige Leute aus Amerika an meinen Meister in Indien:

Wir haben genügend weltlichen Besitz. Wir werden Euch diesen Reichtum geben. Wollt Ihr uns dafür gütigerweise den Reichtum der Spiritualität bewilligen?

Was schrieb Er zurück? Er antwortete:

Spiritualität ist Gottes Gabe und all Seine Gaben sind frei. Auch diese wird umsonst gegeben. Ich will dafür keinerlei materielle Reichtümer.

Was kümmern einen spirituell reichen Menschen weltliche Schätze? Aber viele der sogenannten Meister haben eine Quelle des Profits daraus gemacht. Ich hatte Gelegenheit, mit einigen von ihnen zusammenzukommen. Manche gestehen ihre Schuld ein, fügen aber hinzu, dass sie leben müssen und das Leben Geld kostet. Aber es ist trotzdem Sünde. Ihr werdet finden, dass es auf der ganzen Welt Oberhäupter verschiedener religiöser Richtungen gibt, von denen wir annehmen, dass sie Gott erreicht haben. Ob sie Gott wirklich erreicht haben oder nicht, ist eine andere Frage. Aber nehmen wir an, alle religiösen Führer hätten Gott erreicht. Wenn dem so wäre, warum können sie dann nicht miteinander befreundet sein? Zwei, die Wein lieben, zwei Zechbrüder, können in der Kneipe beisammensitzen, aber zwei, die sich als Gottesmänner ausgeben, können nicht einmal des anderen Anblick ertragen.

Die Menschheit ist unwissend und wird deshalb von so genannten Gottesmännern ausgenutzt. Wir müssen lernen, das Echte vom Falschen zu unterscheiden, und einen Wahren Meister finden. Er wird uns eine Ersthand-Erfahrung der Inneren Wirklichkeit geben.

Wie Shamas-i-Tabrez, ein Moslem-Mystiker, sagt:

Wir sollten imstande sein, Gott mit unseren eigenen Augen zu sehen. Wir sollten fähig sein, die Stimme Gottes mit unseren eigenen Ohren zu hören.

Der Meister sollte uns das Licht Gottes sichtbar und die Stimme Gottes hörbar machen. Und Er täte das alles aus Liebe und nicht des Geldes wegen. Das sagen alle Schriften und geben alle Wahren Meister.