Der natürlichste Weg

VI

Einige Leute sagen, dass sie keinen Meister brauchen. Nun, sie werden sich auf Bücher, die Heiligen Schriften, verlassen müssen. Diese Schriften sind gewiss verlässlicher als die intellektuellen Kommentare, welche die Gelehrten dazu geben. Wenn diese die Wahrheit gesehen haben, werden sie die Schriften richtig deuten, wenn aber nicht, werden sie den Leser durcheinander bringen, ihn trotz all ihrer Verstandesfähigkeiten verwirren und ihm nichts nützen.

Wenn ihr euch einzig und allein auf Bücher stützt, verlasst ihr euch letztlich auf einen Meister, denn jemand hat ja die Schriften geschrieben. Wäre es anstelle eines indirekten Zugangs nicht besser, wenn ihr einem Menschen der Verwirklichung direkt begegnen könntet? Er hat eine praktische Erfahrung von dem, was die Schriften beschreiben, und kann euch weit mehr geben, als ihr jemals aus Büchern erhaltet; Er kann euch eine Ersthand-Erfahrung von der Wirklichkeit selbst geben. Dieser Aspekt ist von allen Heiligen hervorgehoben worden. Sie machen uns verständlich, wie wir diese Erfahrung in unserem Leben haben können.

Im Matthäus-Evangelium lesen wir:

Alle Dinge sind mir übergeben von meinem Vater.

Und:

Niemand kennet den Sohn, denn nur der Vater; und niemand kennet den Vater denn nur der Sohn und wem es der Sohn will offenbaren.

So kennt der Sohn den Vater, und der Vater kennt den Sohn und alle anderen, denen der Sohn Ihn offenbart, denn Er wird der Bewusste Mitarbeiter mit dem Vater am Göttlichen Plan.

Daher sagte Christus:

Ich und der Vater sind Eins. Ich tue nichts von mir selber. Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich. Wenn ihr mich kenntet, so würdet ihr auch meinen Vater kennen.

Wie kraftvoll hat Er es ausgedrückt: durch den Menschen, Der den Vater – Gott – erkannt hat, könnt ihr Gott ebenfalls erkennen.

Das Alphabet der Meisterlehren fängt da an, wo die Philosophien der Welt enden. Das ist der Anfang Wahrer Religion. Sie beginnt, wenn ihr über das Körperbewusstsein gelangt, nicht eher.

Natürlich ist der Mensch, Der die Wahrheit erfahren hat, allein kompetent, euch auf den Weg zu stellen. In der Gemeinschaft eines solchen rechtschaffenen Menschen kann man die wirkliche Natur der Dinge verstehen, die wahre Bedeutung dessen, was sonst sehr schwer zu begreifen ist.

So haben alle Meister, Die von Zeit zu Zeit in Erscheinung getreten sind, die Wahrheit verkündet. Nun stellt sich die Frage: Welche Art Yoga – Spirituelle Disziplin – lehren Sie? Wir haben so viele Yogas, so viele Wege, um zur Heimat unseres Vaters zu kommen, den Zustand unwandelbaren Seins zu erreichen, allen Frieden, alle Freude, alles Glück was niemals vergeht und nicht der Auflösung oder der großen Auflösung unterworfen ist.

Dies war das Ziel, das wir uns bei unserer ersten Zusammenkunft vor Augen hielten. Ich machte Angaben aus verschiedenen Schriften. Das Letzte Ziel aller Religionen ist Gott. Wir verehren Denselben Gott, ganz gleich ob wir dem einen oder anderen Land, dem Osten oder Westen, dieser oder jener Religion angehören; denn das macht keinen Unterschied.

Alle Religionen sagen dasselbe.

Liebt Gott,

und da Gott in jedem Herzen wohnt,

liebt die ganze Menschheit.

Dies ist der beste Weg äußerer Lebensführung. Wenn man ihm auf natürliche Weise folgte, würde das Reich Gottes, um das wir so oft, aber ohne Erfolg beten, sicherlich auf die Erde herabkommen.

Als Nächstes müssen wir ins Reich Gottes eingehen, unsere Wahre Heimat erreichen. Der Weg dorthin beginnt, wenn wir uns über das Körperbewusstsein erheben. Aber wie können wir es? Alle Schriften sprechen von dem Weg, der zurück zu Gott führt. Diesen Weg gilt es zu finden.

Es gibt so viele verschiedene Methoden, die wir anwenden können! Aber welche von ihnen ist die natürlichste, die leichteste und bringt uns am ehesten Ergebnisse, so dass wir die Wahrheit noch in diesem Leben erkennen können und nicht bis nach dem Tod warten müssen?

In Kalifornien kam ein Mann zu mir und erzählte, sein Meister habe ihm gesagt, dass sein Inneres Auge geöffnet worden sei. Ich fragte ihn, ob er etwas im Innern sehe, worauf er antwortete: 'Nein.' Ich fragte ihn weiter, was ihn dies glauben mache. Er erwiderte, dass sein Meister es so gesagt habe und es daher so sein müsse. Ich riet ihm, nicht blindlings zu folgen, sondern die Dinge selbst zu sehen.

Ein anderer Mann kam und erklärte:

Mein Meister sagt, dass ich nach dem Tod erlöst sei.

Ich fragte ihn jedoch:

Wo ist der Beweis dafür, dass es so sein wird?

Die Leute wollen die Wahrheit, sage ich euch. Überall in der Welt sehe ich deutlich die Suche nach der Wahrheit. Die Menschen suchen jahrelang danach – in Büchern, durch Rituale und zahllose andere Mittel; aber sie haben keine praktische Erfahrung von ihr erhalten.

In San Franzisko begegnete ich einem sehr gebildeten Mann; er ist der Organisator aller internationalen Religionskonferenzen, die jetzt in Japan, Frankreich, Deutschland und anderen Ländern abgehalten werden. Er hörte eine meiner Reden, in der ich dieses Thema behandelte. Am Ende gab er zu, dass das, was ich sagte, wahr sei und er das Licht Innen nicht gesehen habe. Ohne Zweifel streben die Menschen danach, und viele von ihnen sind sehr ernst, aufgeschlossen und lassen sich überzeugen.

So stellt sich die Frage: Welcher der vielen Yogas ist der beste, rascheste und leichteste und der für unsere Zeit geeignetste? Die Meister lehren den natürlichsten Weg. Natürliche Wege sind immer die einfachsten. Einfache Dinge kann jeder überall befolgen. Selbst ein Kind sollte das Licht des Himmels im Innern sehen können.

Es gibt so viele Yoga-Praktiken. Wir haben den Hatha Yoga, der uns einerseits physische Gesundheit und einen kräftigen Körper gibt und andererseits den Weg für eine weitere Yoga-Art, den Prana Yoga, ebnet. Der Prana Yoga ermöglicht einem die Kontrolle über das Atmungssystem im Körper und befähigt einen, die motorischen und sensorischen Ströme am Sitz der Seele im Innern zu sammeln. Der Körper wird nur als ein Klumpen Erde, ohne Atem oder Bewegung, zurückgelassen; dies wird in der Fachsprache Kumbhak genannt. Wenn uns dieses Zurückziehen der Pranas – Lebensenergien – gelingt, sehen wir innerlich das Licht Gottes und hören die Stimme Gottes. Das ist ein schwieriger und mühseliger Weg. Nicht jeder ist dafür geeignet. Nicht jeder kann ihn gehen. Der Körper muss gesund und kräftig sein. Dazu müssen wir eine lange Zeit Hatha-Yoga-Übungen durchführen, um ihn tauglich zu machen; erst dann können wir diesen Weg aufnehmen. Jene, die körperlich nicht kräftig genug sind, wenn sie ihn gehen, werden von verschiedenen Krankheiten befallen.

Als Nächstes sei der Laya Yoga genannt, der sich mit dem Erwecken der Kundalini oder Schlangenkraft befasst. Auch er wird durch die Atemkontrolle ausgeübt. Man muss alle Körperzentren erwecken und Schritt für Schritt höher gehen.

Es gibt auch noch andere Yoga-Arten, die einen instand setzen, das Gemüt zu kontrollieren. Bei ihnen wird verlangt, sich ein äußeres Objekt innerlich vorzustellen, damit man etwas hat, worauf man seine Gedanken konzentrieren kann.

Der Jnana Yoga wiederum hat zum Ziel, die Wahrheit im Innern allein durch die Kraft des Verstandes zu erfassen – wirklich ein sehr schwieriger Weg, würde ich sagen.

In der Brihadaranyaka-Upanishade steht:

Die Unendlichkeit mit dem begrenzten Verstand zu ermessen ist so unmöglich, wie seinen Durst mit Wein zu löschen oder aus Sand Öl zu gewinnen.

Wie kann der begrenzte Verstand mit seiner geringen Reichweite die alles durchdringende Wahrheit begreifen? Das ist einfach unmöglich.

Daher sagte Konfuzius:

Die Wirklichkeit ist etwas, das man nicht erfassen, verstehen oder begreifen kann.

Und er wandte sich deshalb von der Spirituellen Seite des Lebens den ethischen Aspekten zu.