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Das Befinden von einem Liebenden, der Gott oder den Meister liebt

17. Januar 1969

Was ist das Befinden des Gott oder den Meister Liebenden? Seine Aufmerksamkeit ist immer auf den Meister gerichtet – auf Gott in Ihm – selbst wenn er isst, trinkt oder schläft. Manchmal mögt Ihr so sehr in den Meister vertieft sein, dass ihr euch nicht mehr erinnert, ob ihr gegessen habt oder nicht, wer ihr seid oder was ihr getan habt, wer gekommen oder gegangen ist. Das ist das letzte Ziel. Ein solcher Mensch ist für den Meister im Innern erwacht und er schläft gegenüber der Außenwelt. Jetzt ist unser Zustand, dass wir wach sind für die äußere Welt, aber schlafen gegenüber dem Meister, dem Gott in Ihm im Inneren.

Zum Beispiel sehe ich euch vor mir, aber ich schlafe für das Äußere. Schlafen bedeutet, dass ich mir nicht bewusst bin, was in der äußeren Welt vorgeht. Gleicherweise, wenn ich direkt vor mich sehe, erwache ich hier, aber schlafe im Innern. Wenn ich wach in mir selbst bin, für Gott in mir und Gott im Meister, dann schlafe ich gegenüber dem Äußeren. Könnt ihr mir in diesem Punkt folgen? So ist der Gott Liebende wach für Ihn und schläft gegenüber dem Äußeren, jedoch ist damit nicht gemeint, dass er vor der Welt davonläuft.

Ein Heiliger im Westen sagte:

Wo gehe ich hin, wenn ich ganz allein sein will? Ich gehe in ein Gasthaus, wo die Leute kommen und gehen – doch ich habe nichts damit zu tun, denn ich bin ganz allein.

Leider sind wir nicht allein, viele Gedanken kommen aus uns heraus und wir kümmern uns um sie.

Dieser Heilige sagte also, dass Er, wenn Er ganz allein sein wolle, in ein Gasthaus ziehe, wo die Leute kommen und gehen, Er aber nichts mit ihnen zu tun habe. Das ist eine Art inneren Erwachens für die Liebe zu Gott im Meister. Nun, wenn ihr in ihr aufgeht, werdet ihr Eins mit dem Meister.

Shamaz-i-Tabrez hat gesagt:

Ich werde Du, und Du wirst ich. Du wirst so sehr meine Seele, dass die Leute nicht mehr unterscheiden können, ob Du es bist oder ich es bin.

Paulus sagte:

Ich bin es, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir.

Alle, die nach innen gegangen sind, haben dasselbe gesagt – natürlich in ihrer eigenen Sprache.

Wenn ihr eure Aufmerksamkeit, die der äußere Ausdruck eurer Seele ist, voll und ganz auf Gott oder den Gott im Menschen richtet, dann werdet ihr nicht Sein Gesicht sehen, sondern das Licht, das von Ihm ausgeht. Das ist der Prüfstein. Ein solcher Mensch schläft gegenüber dem Äußeren und ist im Innen erwacht. Wir sind also Aufmerksamkeit oder surat. Unsere Aufmerksamkeit ist die Ursache für alles, was im Körper vorgeht. Der Premi oder Liebende ist innen wirklich erwacht und sich der äußeren Welt nicht bewusst. Er lebt in der Welt und ist doch nicht von ihr. Das ist das Höchste, was Liebe, Nächstenliebe vermag. Es ist nicht Lust, sondern Liebe oder Nächstenliebe, die uns angeboren ist. Gott ist Liebe und die Liebe ist Gott und ein untrennbarer Teil von uns selbst. Wenn sie durch Konzentration der Aufmerksamkeit von außen zurückgezogen wird, dann seid ihr voll und ganz dort, wo ihr sie hinlenkt. Lenkt ihr sie auf den Meister, werdet ihr, was Er ist. Was immer in Ihm ist, wird auf euch übertragen und sich in euch widerspiegeln.

Ein Meister hat gesagt, dass jeder Meister, Der zum Meister wurde, einst ein Sikh oder Schüler war. Wenn ein Sikh oder Schüler völlig im Meister aufgeht, wird er zum Meister; aber zuerst muss er ein wahrer Sikh, ein wahrer Schüler, werden. Wenn er in Ihm aufgeht, wird er zum Meister. Wenn er spricht, spricht der Meister in ihm.

Diese Dinge stehen auch in den Büchern, die sie euch aber nicht so erklären können, wie ich das jetzt tue. Das sind praktische Hinweise von einem Menschen mit praktischer Erfahrung. Sein Wort ist das Gesetz, der Koran, die Bibel oder der Guru Granth Sahib. Was steht im Koran, in der Bibel oder im Guru Granth Sahib? Die Worte der Meister, des Gottes in Ihnen. Die früheren Meister sprechen durch diese Bücher zu uns. Jene Meister waren einst auch Schüler – aber als Sie voll und ganz in Ihrem Meister aufgingen, wurden auch Sie zum Meister. Das Unglück ist, dass wir Meister werden wollen und nicht Schüler. Wenn ihr wahre Schüler werdet und völlig in Ihm aufgeht, mit Gemüt, Körper und Seele, dann…? Dann werden die Leute sagen, dass ihr ein Meister seid, aber ihr braucht es nicht zu sagen. Ich glaube, hier begehen viele einen schweren und sehr ernsten Fehler. Sie wollen Meister und nicht Schüler werden. Die Folge ist, dass sie auf dem Weg nicht vorankommen. Versucht also, ein wahrer Sikh, ein wahrer Schüler zu sein – geht völlig im Meister auf, und ihr werdet zum Meister. Ihr braucht nicht darum zu bitten – Gott wird euch erwählen, der Meister wird euch erwählen. Er achtet auf jeden Einzelnen, obwohl Er nichts sagt. Wir sind alle im Werden. Wer dazu wurde, erhält es. Versteht ihr jetzt, was Liebe ist?

Wer ist ein Liebender? Der Liebende wird zum Geliebten und der Geliebte zum Liebenden. Alle Unterschiede zwischen Gemüt, Körper und Seele verschwinden. Das sagt uns mit wenig Worten, Wer der Guru ist und wer der Schüler. Versucht also, ganz und gar ein Schüler zu sein. Ich glaube, dann werdet ihr das bekommen, wonach ihr verlangt, ohne darum zu bitten. Das ist das Thema, über das wir heute sprechen.

Wir sollten für Gott oder Gott im Menschen im Innern erwachen und uns der Außenwelt nicht mehr bewusst sein. Das wird nur kommen oder sich ergeben, wenn sich eure ganze Aufmerksamkeit in Ihn vertieft. Der äußere Ausdruck der Seele ist Aufmerksamkeit, und wir sind Aufmerksamkeit, nicht wahr? Durch einen Akt der Aufmerksamkeit Gottes trat die ganze Schöpfung ins Sein.

Gott sagte:

Ich bin Einer und möchte viele werden,

und siehe da, die Welt nahm Gestalt an.

Wenn wir uns von der äußeren Welt zurückziehen und in Ihm aufgehen, sind wir Mikrogötter. Das können euch die Bücher nicht so lebendig vermitteln, denn es ist eine Frage der Praxis.

Versucht also, wahre Schüler zu sein, voll und ganz mit Gemüt, Körper und Seele. Ihr werdet Meister werden. Eines Tages werdet ihr sehen, dass ihr nicht mehr das seid, was ihr vorher wart. Auch jetzt schon erkennt ihr, wenn ihr zurückblickt, dass ihr besser seid als vorher. Jetzt seid ihr noch nicht hundertprozentig das, was ihr werden wollt. Aber ihr seid es zu zehn Prozent, zwanzig Prozent, und ihr werdet es immer mehr. Bemüht euch also weiter, wahre Schüler des Meisters zu sein, bis ihr ganz in Ihm aufgeht. Dann werdet ihr nicht mehr wissen, wer in euch ist, ob ihr es seid oder Er.

Dann könnt ihr sagen:

Ich bin es, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir.

Der Schüler sollte, wie es heißt, in der Gruft seines Gurus sein, er sollte darin eingehen und darin versinken. Das (der Meister deutet auf Seine Brust) ist die Gruft. Der lebende Meister lebt hier und auch ihr seid dort. Ihr solltet also euren Körper verlassen und in Sein Grab eingehen. Das ist das höchste Ziel der Liebe, und ihr müsst sehen, wo ihr steht. Es ist ein ganz besonderes Glück, einen Lebenden Meister zu haben, einen Wahren Meister.

Es gibt viele Meister, hundertundeinen, tausendundeinen, aber sie tun nur so, als ob oder sind noch auf dem Weg. Wer ihnen folgt, wird in die Irre geführt; und jene, die ihnen helfen, gehen auch in die Irre und erlangen zudem nicht den ganzen Segen, den man von einem Wahren Meister erhält. Deshalb sage ich immer: Wenn ihr den Meister liebt, müsst ihr Seine Gebote halten. Damit fängt es an. Wenn ihr werdet wie Er, ist Er immer bei euch, spricht mit euch und ist um euch.

Kabir sagt:

Ich habe jetzt ein so reines Herz, dass Gott nach mir sucht und meinen Namen ruft: ‚O Kabir, O Kabir!‘ – Kabir geht voraus und Gott läuft ihm nach.

Gott sucht jemanden, Der für Ihn erwacht ist und für die Außenwelt schläft, das ist alles.