II / (iv)

Die grundlegenden Wahrheiten

Sie sind in allen Religionen gleich und weisen denselben Weg. Religiöse Wahrheiten, seien sie sozial, ethisch oder spirituell, haben ein gemeinsames Ideal und ein gemeinsames Ziel. Der Mensch sollte ein ethisches Leben führen, der Menschheit dienen, allen anderen bei diesem irdischen Aufenthalt helfen und sich selbst erkennen und danach Gotterkenntnis und Gottesbewusstsein entwickeln, was schließlich zur Gottheit führt.

Das Wort Religion ist, wie der Begriff anzeigt, eine große bindende Kraft, die den Menschen seinem Schöpfer zurückverbindet, Den er durch sein völliges Vertieftsein in die weltlichen Angelegenheiten des Lebens ganz vergessen und sich mit der Welt gleichgesetzt hat. Menschenliebe und Gottesliebe, wie auch der Glaube an Gott und der lebendige Kontakt mit der Wirkenden Gotteskraft oder dem Heiligen Geist, Ekaunkar oder das Wort, ist die allumfassende Religion, die der Welt durch die Heiligen zu allen Zeit gegeben wurde. Sie ist ewig und unwandelbar für alle Zeiten.

Alle Schriften der ganzen Welt lehren das gleiche, nämlich, dass man gute und gottesfürchtige Handlungen vollbringen, die rettende Lebensschnur im Innern ergreifen, und, vom Tonstrom getragen, die Heimat seines Vaters erreichen sollte. Gott ist das Ideal, und man soll Ihn mit Liebe und Hingabe anbeten; und die Menschen sollten einander in Liebe dienen.

Der heilige Paulus ermahnte die Menschheit immer:

Durch die Liebe diene einer dem anderen.

Die Veden sagen, wir sollten Gottes in der Gemeinschaft gedenken und Ihn anbeten. (Atharv Veda 3:30-5). Es gibt keine höhere Tugend, als festen Glauben an Gott zu haben, sich mit Seinem heiligen Wort zu verbinden und Seiner Schöpfung auf liebevolle Weise zu dienen. Das ist wirklich die Wahre und Universale Religion für die ganze Menschheit, ewig und unwandelbar.

Guru Arjan spricht von der Höchsten und Heiligsten Wahrheit im Innersten aller Religionen und bezieht sich auf den Kontakt mit Shabd Dhun, dem Tonprinzip, das die erste Offenbarung Gottes und der grundlose Urgrund der ganzen Schöpfung ist.

Das Höchste und Heiligste in allen Religionen legt die Vereinigung mit dem Wort Gottes und gute Taten nahe.

Guru Arjan, Gauri M5

Es gibt keine höhere Tugend als vom Herrn zu singen (die Göttliche Melodie) und sich mit Seinen Auserwählten zu verbinden. O Nanak! Diese Gaben erhält man nur auf Anordnung des Allerhöchsten und nicht anders.

Guru Arjan, Sorath M5

Aus diesem Grunde nahm Guru Arjan, als er die heiligen Schriften der Sikhs, den Granth Sahib, zusammenstellte, darin auch die Aussprüche der verschiedenen Meister-Seelen (der Hindus, Moslems oder Sikhs) auf, ohne sich um ihren Beruf im Leben, ob hoch oder niedrig, zu bekümmern. Wir finden darin die Aussprüche von Sant Kabir (einem Weber von Beruf), Namdev (einem Kattun-Drucker), Ravi Das (einem Schuster), Dhanna Jat, Baba Farid (einem Moslem), und anderen aus der Kshatriya Kaste.

Solche gottesfürchtigen Seelen kommen ungehindert und frei in die Welt mit der besonderen Mission, die erlösende Gnade Gottes an jene auszuteilen, die auf Sie hören und Ihren Lehren folgen. Es ist ein positiver Beweis der Tatsache, dass die Wahrheit Eine ist, obgleich sie durch die verschiedenen Weisen zu der Zeit, in der sie lebten, mit unterschiedlichen Namen beschrieben wurde. Diese Meister-Seelen, wann und wo Sie auch immer auf der Bildfläche des Lebens erscheinen, lehren die irrende Menschheit Humanität und Frömmigkeit, Sie flößen ihr Gottesliebe und Menschenliebe ein und stellen die Menschen vor allen Dingen auf den Pfad, der zurück zu Gott führt. Vom Geist Gottes erfüllt, sind Sie Freidenker und suchen die Menschheit freizumachen von den dichten und engen Begrenzungen der verhärteten Religionen und religiösen Glaubensanschauungen, damit sie sich im Sonnenschein Gottes wärmen und zu Seinem Ruhme singen können.

Die Heiligen tragen Sorge um die Seelen und nicht um das Körperkleid mit seinen mannigfaltigen konfessionellen Echtheitsstempeln. Sie suchen die Bruderschaft der Menschen zu bilden und zu festigen und berichten uns vom Weg heraus aus dem Körper durch das Zurückziehen der Seele und dem Weg hinein in die jenseitige geistige Welt durch den Kontakt mit dem Heiligen Geist oder Naam. Sie kommen, um die menschlichen Seelen mit Gott zu vereinen und nicht, um diese Verbindung zu spalten, wo sie schon besteht.

Ihr alleiniges Ziel ist, die ganze Menschheit in den seidenen Banden der Liebe zu verbinden und nicht zu spalten oder zu trennen. Maulana Rumi lässt uns wissen, dass Gott Moses einmal mit folgenden Worten tadelte:

Ich sandte dich in die Welt, um die Menschen mit Mir zu vereinen und nicht, um jene irrezuleiten, die bereits mit Mir verbunden waren.

Den Gottmenschen stehen keine religiösen Schranken im Weg. Sie dienen als Leitstern im stürmischen Meer des Lebens. Tatsächlich lieben Sie alle Religionen und geben ihnen allen Licht und Leben, ohne welches diese im Laufe der Zeit allmählich stumpf, eintönig und leblos würden, wie ein Körper ohne den lebensspendenden Geist.

Guru Nanak zum Beispiel ging auf Pilgerreise nach dem weit entfernten Mekka in Arabien, Sangladip oder Ceylon im Süden, Burma und China im Osten, und man hatte dort durch Seine Lehren ebensoviel Vorteil wie die Hindus in Benares und Hardwar, den heiligen Stätten der Hindus. Er brachte die gleiche Botschaft von der Vaterschaft Gottes und der Bruderschaft der Menschen überall hin. Sie lieben alle Heiligen, Die aus früherer Zeit, wie die gegenwärtig lebenden, ungeachtet des Glaubens oder der Rasse.

Gottberauschte Menschen sitzen in der Schenke Gottes zusammen wie Zechbrüder. Es bestanden brüderliche Beziehungen zwischen Guru Arjan, Hazrat Mian Mir und Bhagat Chajju. Guru Har Gobind errichtete den Moslems eine Moschee für ihre Gottesverehrung.

Guru Gobind Singh hegte die gleiche Liebe für Hindus und Moslems wie für Menschen aller anderen Glaubensrichtungen. Als Er in der Ebene von Machhiwara von den Türken eingeschlossen war, halfen Ihm die Moslems aus Seiner kritischen Lage und retteten Ihm das Leben. Bhai Kanahya Singh, einer Seiner Anhänger, versorgte die verwundeten Moslem- und Hindusoldaten auf dem Schlachtfeld mit Wasser und pflegte sie. Als er von den unwissenden Sikhs wegen seines angeblich verräterischen Verhaltens angeklagt wurde, sagte er dem Meister, er habe, während er mit seinem Wasserbehälter über das Schlachtfeld gegangen sei, um den Durstenden und Sterbenden dienlich zu sein, in allen dasselbe Licht gesehen, das im Meister war. Daraufhin segnete ihn der Guru, weil er seine Lehren richtig aufgenommen hatte.

Wenn die Unwissenheit einmal verbannt ist, werden alle Unterschiede zwischen Hindus und Moslems und in der Tat zwischen Menschen aller Religionsgemeinschaften allmählich abfallen und verschwinden.

Guru Gobind Singh

Gott ist die Grundlage und das Lebensprinzip der ganzen Schöpfung – selbst der Häretiker und Agnostiker. So wie Er alle liebt, lieben auch die Heiligen, die in Seiner Farbe gefärbt sind, alle Menschen gleicherweise.

Einmal nahm Moses mit einem anderen ein Mahl ein und fühlte sich im Innersten getroffen, weil sein Gefährte nicht betete, bevor er die Speise nahm. Gott aber tadelte ihn, denn es war nicht seine Sache mit einem anderen unzufrieden zu sein, den Er (Gott) in Seiner grenzenlosen Barmherzigkeit mit Nahrung versorgte.

Meister-Seelen hegen große und unbegrenzte Liebe für alle, und dabei hat es nichts zu sagen, ob jemand der schlimmste Sünder ist, einer von der Gesellschaft am meisten Verachtete und Gehasste.

Keiner hat das Recht, Gott seinen Vater zu nennen, solange er nicht seine Mitmenschen wie Brüder liebt. Alles Leben kommt von Ihm, und so sollte man keinen Unterschied machen zwischen hoch und niedrig, Gläubigen und Ungläubigen. Es mag einer nichts vom Vater wissen; das ist eine andere Sache, doch ist er aus dem Vater geboren, und das ist alles, was zu wissen nötig ist und wonach man handeln sollte.