VIII

Der Ursprung der Religion

Die Suche nach der immanenten und allmächtigen Wesenheit begann, als in den lebenden Geschöpfen das Selbstbewusstsein zu dämmern anfing. Die endlosen Begrenzungen, in welchen sich der Geist befindet, die Unzulänglichkeit und Unvollkommenheit, die ihn von allen Seiten umgibt, die völlige Hilflosigkeit angesichts von Krankheit, Leiden und Tod, all das schafft im Menschen das Verlangen, die Quelle allen Lebens, allen Lichts, aller Glückseligkeit und Wonne zu finden. Er sucht eine Macht, mit welcher er allem Übel begegnen, die dunklen Gewalten der negativen Kraft bekämpfen, Not und Elend vertreiben und in der unwandelbaren Dauer dieses sich immer verändernden Universums gefestigt werden kann. Er will den zentralen, beständigen Pol finden, um den der ewige Tanz der Schöpfung und Zerstörung unaufhörlich weitergeht.

Die Wurzeln aller Religionen sind in dem fortgesetzten Bemühen des Menschen zu suchen, das Mysterium des Lebens und des Todes, des Lichts und des Dunkels, der Wahrheit und der Unwahrheit, des Reichtums und der Armut zu lösen. Durch die Unzufriedenheit mit seiner Umwelt beginnt er die ewige Suche immer von neuem und wendet sich dem Warum und Wofür aller Dinge zu.

Nun versucht er, die Grundlage des Lebens selbst zu finden, die Quelle, aus welcher das schöpferische Lebensprinzip hervorgeht, das den Körper und was zu ihm gehört, belebt und alles um ihn her aktiviert. Sobald sich diese Frage einmal des Menschen bemächtigt, lässt sie ihn nie mehr los, und er stürzt sich kopfüber in dieses Problem, um auf jeden Fall – das Geheimnis zu ergründen. Zuerst sucht er in den Glaubensgemeinschaften und -anschauungen der Zeit und Umgebung, in der er lebt. Aber wenn diese alle ihn nicht befriedigen und er sich im Labyrinth der verschiedenen Ideologien, widerstreitenden Theorien und der verschiedenartigen Voraussetzungen und Schlussfolgerungen sieht, ist er hilflos und verwirrt und weiß nicht, wie er sich da den Weg heraus bahnen soll. Als nächstes wendet er sich den Schriften und religiösen Büchern zu, um darin Trost zu finden; aber auch hier steht er unüberwindlichen Schwierigkeiten gegenüber: der Unkenntnis der alten Sprachen, in welchen die Texte geschrieben sind, der Subtilität des Gegenstandes und dem Mangel an Menschen, welche die Verwirklichung erlangt haben, um ihm die korrekte und wahre Bedeutung zu vermitteln.

Diese bedeutungsvolle Suche nimmt jetzt eine andere Wendung. Der Mensch durchbricht alle Schranken uralter Tradition und Bräuche, gemeinschaftlicher und ritualistischer Übungen und der herkömmlichen Verhaltensregeln, um das verborgene Licht und die Kraft Gottes – das verlorene Wort – zu entdecken, das etwas Größeres und Machtvolleres ist als das, was er bisher in der äußeren Welt erlebt hat. Allmählich zieht er seine Aufmerksamkeit von der äußeren Suche ab und konzentriert sich auf den Gedanken des Inneren Selbst. Auf diese Weise beginnt er zu unterscheiden zwischen Religion und Religiosität oder religiösen Glaubensanschauungen und Praktiken, die alle nur mit der Sinnesebene verbunden sind. Die Saat des Lebens liegt in den Tiefen des Lebens selbst – dem Geist oder der Seele – (wie bei allem Lebendigen, selbst bei Blumen und Pflanzen).

Spiritualität behandelt die entscheidensten Fragen des Geistes allein: was er ist, wo er sich befindet, wie er wirkt, wie er gesammelt werden kann, um in sich selbst zu ruhen, wie er vom Körper und dem Gemüt zu trennen ist, wohin er nach dem Tod geht, wie er aus freien Stücken von der Sinnesebene des Körpers zurückgezogen werden kann, die spezielle Reise, die vor ihm liegt, die verschiedenen spirituellen Ebenen, die er zu überqueren hat, sein schließliches Ziel und viele andere Themen verwandter Natur, die mit seinem Wohl zu tun haben. Das ist die Religion der Seele, die ganz verschieden und getrennt ist vom sozialen und moralischen Wohlergehen des Menschen, die beide von seinem spirituellen Wohl abhängen.

Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper,

ist eine bekannte Redewendung, aber die gesunde Seele, die sich im Hintergrund befindet, ist von allergrößter Bedeutung, denn das menschliche Gemüt und der Körper leben durch die Seele, den großen Dynamo oder die Antriebskraft, in deren Licht und Leben alles zum Körper gehörende aktiv wird.

Diese Suche nach dem Wahren Selbst, obgleich voller Geheimnisse, hat ungeahnte Möglichkeiten in sich und birgt unermessliche Schätze, von denen die Heiligen in rühmenden Worten sprechen; dies zieht nunmehr die Aufmerksamkeit des Suchers an. Es ist eine rein subjektive Sache, die jenseits der Grenzen des Verstandes und der Vorstellungskraft liegt. Es ist die Weisheit des Jenseits, Para Vidya, sie kann durch die Seele in ihrer reinen Form, frei von allen bedeckenden Hüllen, erfahren werden.

In diesem Zusammenhang können wir nur die denkwürdigen Worte Guru Nanaks wiederholen:

Man kann Ihn nicht durch den Verstand erfassen, denkt man auch für Zeitalter darüber nach. Man kann durch äußeres Schweigen nicht inneren Frieden finden, und bliebe man für Zeitalter stumm. Nicht mit allem Reichtum der Welt lässt sich Zufriedenheit erkaufen, noch kann man Ihn durch alle geistige Findigkeit erreichen. Wie kann man die Wahrheit erkennen und die Wolken des Falschen durchbrechen? Es gibt einen Weg, o Nanak: Seinen Willen zu dem unseren zu machen; Seinen Willen, der bereits in unser Dasein eingewirkt ist.

Jap Ji, Strophe 1

Wenn man einmal von der Unzulänglichkeit allen äußeren Wissens und aller Klugheit, aller Verrichtungen und Bräuche überzeugt ist, wird die innere Suche beim echten Wahrheitssucher zur Leidenschaft, denn Selbsterkenntnis ist der Schlüssel zur Gotterkenntnis.

Der heilige Augustinus saß einmal mit seinem großen Werk 'De Trinitate' am Ufer des Meeres und sah, wie ein Kind mit einer Muschel das Meerwasser in eine Grube schöpfte, die es im Sand gemacht hatte. Als er fragte, was es damit auf sich habe, entgegnete das Kind naiv, dass es das Meer ausschöpfen wolle. Der große Weise erklärte ihm die Nutzlosigkeit seines Unterfangens, da das unmöglich war.

Genauso ist die Situation im Hinblick auf die Gotterkenntnis, denn Er, der Unendliche, kann durch das begrenzte Individuum, das Ihn zu begreifen sucht, nicht auf der Ebene des Verstandes erkannt werden. Wie kann ein Teil das Ganze erkennen? Das Selbst, die Grundlage allen bewussten Lebens, kann durch den bewussten menschlichen Geist oder den Verstand nicht begriffen werden. Etwas, das die Wirklichkeit zur Grundlage hat, kann nicht selbst wirklich sein und auch nicht das Wirkliche erkennen. Über die Yoga-Methoden als Mittel, das Gemüt für die Selbstverwirklichung zur Ruhe zu bringen, sagte Gaudapada, der berühmte Vorgänger des Patanjali, des Autors der Yoga-Systeme, der vor Tausenden von Jahren lebte, dass solche Bemühungen wie das Bestreben eines Menschen seien, das Meer mit der Spitze eines Grashalms tropfenweise zu leeren.

Das Obige macht hinreichend klar, dass die Keime aller Religionen in der Selbstbefragung und Selbsteinkehr der großen Seelen zu suchen sind. Hier enden alle religiösen Philosophien, und die wahre Religion beginnt. Diese innere Suche schreitet allmählich fort, und eine Hülle (Kosha) des Geistes nach der anderen wird analysiert, durchdrungen und abgelegt und Schicht um Schicht in der tiefen Stille des Geistes abgestreift, bis der Denkapparat selbst allmählich verschwindet gleich einem zerfetzten Gewand und die Seele frei wird und in ihrem ursprünglichen Strahlenkleid, prachtvoll und glänzender als das Licht vieler Sonnen zusammen, erscheint. Dies wird die Evolution des Geistes oder die Entfaltung der Wirklichkeit genannt, welche zunächst von unzähligen Hüllen umgeben ist. Selbsterkenntnis (Atma Sidhi) geht der Gotterkenntnis (Paramatma Sidhi) voraus.

Erst wenn der Geist zu sich kommt und von allen irdischen Bindungen und dem körperlichen Putz (den physischen, astralen und kausalen Hüllen) befreit ist, ist er fähig, die Gegenwart Gottes oder die Wirklichkeit zu erfassen, wahrzunehmen und zu empfinden. Gemüt, Verstand und Sinne können in ihrer groben Natur die Wirklichkeit mittels der Logik, der Philosophie und der Metaphysik nicht erkennen und begreifen. Es ist der Geist in seiner ursprünglichen Reinheit, der sich der Gottheit verbinden kann, wenn er sich der verschiedenen Umhüllungen entledigt hat. Wie oben beschrieben, kann Spiritualität im wahren Sinne des Wortes weder gekauft noch gelehrt werden, man kann sie jedoch von einem Gottmenschen auffangen, so wie man beispielsweise Bazillen fängt. Alles Wissen durch Bücher, Vorträge oder philosophische Disputationen kann einen Menschen nicht spirituell machen.

Die Liebe Gottes kann in den von Liebe erfüllten Augen des Sohnes Gottes gesehen werden. Seine klaren, leuchtenden Augen verraten die Göttliche Trunkenheit. Sie gleichen Schalen, die von Gottes Liebe, Licht und Leben überfließen. Hierin liegt der gewaltige Unterschied zwischen dem Sektierertum, den großen Schriften der Welt, den so genannten Religionen, wie sie begrenzt, gedrängt und eingezwängt sind auf den Seiten der heiligen und monumentalen Werke der Alten und in Sprachen, die zu alt, zu zeitfremd und überdies zu fachlich sind, um verstanden zu werden – und der Spiritualität, der Wissenschaft der Seele oder der wahren Religion des Geistes. Letztere ist das gemeinsame Erbgut der gesamten Menschheit, die allumfassend ist in ihrer Methode, unbegrenzt in ihrer Reichweite und nicht an das Glaubensbekenntnis, die Glaubensanschauung oder die religiöse Vorstellung irgendeines Menschen gebunden. Es ist ein innerer Prozess des Geistes, und alle Heiligen predigen nur von der Spiritualität in ihrer reinen, unverfälschten und unvermischten Form.

Gott ist der heilige Urgrund, auf dem Leben, Gemüt und Materie ihr Spiel treiben, und sie alle können unmöglich etwas vom wirklichen Leben ihres Lebens wissen. Deshalb betonen die Heiligen nachdrücklich, dass dieser göttliche Grund nur durch die Intuition empfunden werden kann, wenn er durch das Erkennen direkt erfahren wurde, was wiederum nur durch den sechsten Sinn oder das innere Auge möglich ist. Dieses Zentrum ist auch als Nukta-i-Sweda, das Dritte Auge, die göttliche Schau oder das Einzelauge bekannt.

Christus sagt, es wird den ganzen Leib mit Licht erfüllen – mit ungeschaffenem Licht, durchdringend und immer während, ein Licht, das aus sich selbst existiert und schattenlos ist, ein Licht, das niemals auf Land oder Meer gesehen werden kann.

Das ist der Grund, weshalb uns Jesus, der Prophet, mahnt, Acht zu haben, dass das Licht im Körper nicht Finsternis werde:

Das Licht scheinet in der Finsternis, und die Finsternis hat's nicht begriffen.

Die äußeren Symbole davon sehen wir heute in den Kerzen auf dem Altar der Kirchen, in den irdenen Lampen der Tempel und Gurdawaras, die jetzt natürlich durch elektrisches Licht ersetzt sind, und in dem immer brennenden Feuer bei den Anhängern des Zoroaster.

Mit dem Einzelauge verwandt ist die Stimme Gottes (das Kalma der Moslems; das Wort bei Christus; das Shruti der Veden; Udgit der Upanishaden; Sraosha des Zoroaster; die Lebenskraft (élan vital) oder der Lebensstrom der westlichen Philosophen; die Stimme der Stille der Theosophen) im Körper, die wir nicht hören können, weil unsere Ohren verschlossen und versiegelt sind.

Diese große Wahrheit wird im äußeren Leben symbolisiert durch das Muschelhorn in den Tempeln, den Gong in den Gurdawaras und den Tempeln der Buddhisten, die Glocken in den Glockentürmen der Kirchen und die Jaras (große Glocke) der Sufis. Überall und zu allen Zeiten haben die Heiligen in ihren Lehren und Schriften auf dieses Phänomen hingewiesen.

Die wahre Religion oder Spiritualität besteht darin, die Seele mit der Überseele in ihrem offenbarten Spiel von Licht und Ton in dem von Gott erschaffenen Tempel, dem menschlichen Körper, zu verbinden. Je mehr sich der Geist von außen zurückzieht und die physischen, astralen und kausalen Begrenzungen überschreitet, desto mehr Erfahrungen der geistigen Phänomene bekommt er durch die Gnade des Meisters. Dies wird dem gewährt, der sich freiwillig für den Tod im Leben vorbereitet hat, denn wenn man nicht täglich zu sterben lernt, kann man das ewige Leben nicht erlangen. Der große Philosoph Bergson nennt es offene Religion im Gegensatz zur geschlossenen Religion, das sind Religionen, die in alten, unveränderlichen Schriften versiegelt sind und denen nichts hinzugefügt werden kann.

Heutzutage sind die Religionen herabgesetzt auf bloße Ausübung von Mildtätigkeit, Beachten von Riten, Ritualen und Zeremonien (wie Fasten und Wallfahrten), Tragen besonderer Kleidung (weiße, gelbe, blaue und flammen- oder ockerfarbene Roben), bestimmte Kennzeichen am Körper (wie der Haarschopf auf dem Kopf und die heilige Schnur um die Schulter), Beschneidung oder die fünf Kakas, die keinen wesentlichen Einfluss, wie gering er auch immer sein mag, auf die Entwicklung der Seele zur Selbstverwirklichung und Gottverwirklichung haben.

Das erste Erfordernis der Zeit ist eine lebendige Realität, ein Eintauchen in das Meer des Lebens, ein Schluck vom Elixier des Lebens und die Schau des göttlichen Lichts, das Unsterblichkeit verleihen kann und zum Aufblühen des Geistes in der Gottheit führt.

Dazu sagt Sri Aurobindo:

Verbinde dich mit der Überseele und ziehe sie herunter, so dass alles Leben, Gemüt und Materie, vergöttlicht wird. Es ist das allgemeine Geburtsrecht aller erschaffenen Wesen und nicht das Monopol irgendeiner Nation oder Menschenklasse, die sich zu dem einen oder anderen Glauben bekennt.

Der Mensch ist ein von der Natur zusammengesetztes Wesen aus Körper, Gemüt, Verstand und Seele. Gott schuf den Menschen nach Seinem Bild, und so mahnen die Heiligen:

Seid vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist.

Wegen der unermesslichen und ungeheuren Möglichkeiten, die der Schöpfer in ihn gelegt hat, ist der Mensch dreifach gesegnet. Die Gottheit selbst mit dem Heiligen Licht, dem Leben und der Liebe ist fürwahr die Seele seiner Seele. Was aber der Mensch aus dem Menschen gemacht hat, und noch schlimmer, was er aus sich selbst gemacht hat, ist leider nicht mehr als ein Tier oder sogar niedriger.

Es geziemt dem Menschen als Mensch reich zu sein, reich im Überfluss, und dies in allen drei Aspekten seines Lebens – ganz im Gegensatz zu dem verstümmelten, verkrüppelten und kümmerlichen Dasein, das er nun, infolge seiner Unwissenheit und des Mangels an Selbsterkenntnis führt. Die Schöpfung besteht aus einem zweifachen Prozess: der Involution und der Evolution. Die Gottheit, Die in die Natur des Geistes, des Gemüts und der Materie gehüllt ist, muss entfaltet, ausgedehnt und entwickelt werden, bis Sie gänzlich und vollkommen mit dem Göttlichen Urgrund, dem Substrat, übereinstimmt, auf welchem Sie nun aus reiner Unwissenheit Ihre begrenzte und beschränkte Rolle spielt, uneingedenk Ihrer Gottheit.

*Das physische Selbst der Seele ist mit zehn Werkzeugen ausgestattet: fünf Karam Indriyas oder motorischen Kräften und fünf Jnana Indriyas oder Kräften der Wahrnehmung, die alle dem Körper in seinen weltlichen Handlungsweisen helfen. Das Gemüt ist mit vier Aspekten begabt: Mana – Gemütsstoff; Chit – Bewusstsein; Buddhi – Intellekt; und Ahankar – Ego; die alle in der Welt der Sinne wirksam sind und der Psyche beim Denken und bei der Unterscheidung im Licht des Verstandes helfen. (* Die Übersetzung dieses Abschnitts ist an die englischsprachige Erste Edition von 1959 angeglichen; Anm. d. Redaktion 2012.) Als nächstes in der aufsteigenden Skala kommt die Seele, die große Reiterin in dem Fahrzeug des vom menschlichen Geist angetriebenen Körpers. Ihr Werkzeug ist Surat (das Selbstbewusstsein oder die Aufmerksamkeit, die aus dem Großen Bewusstsein hervorging). Diese Aufmerksamkeit bringt, wenn sie richtig gelenkt und geführt ist, Einheitlichkeit der Zielsetzung und Festigkeit im Streben zustande; sie sammelt und konzentriert die wandernden Kräfte des menschlichen Geistes von den Sinnen, die sich mit dem Objekt identifizieren und ganz in ihren Genuss vertieft sind.

Während der Körper arbeitet, unterscheidet der Geist des Menschen, und die Psyche erfreut sich des Glücks. Wenn diese drei Komponenten – Körper, Verstand und Aufmerksamkeit (Seele) – an einem gemeinsamen Zentrum in Einklang gebracht werden, wird das Erdenleben für die arme, begrenzte und gebundene Psyche ein wahrer Segen, der dauernd und ewig ist, indem sie alle Eigenschaften des supramentalen Bewusstseins, Sat, Chit, Ananda Sein, Bewusstsein, Seligkeit – besitzt.

Ein Mensch, der seine Aufmerksamkeit dem Aufbauen des Körpers widmet, nimmt an physischer Stärke zu und bekommt vollentwickelte und feste Muskeln; er wird als Verkörperung strahlender Gesundheit angesehen und von vielen Menschen bewundert.

Ein anderer, der seine Aufmerksamkeit der Entwicklung seiner mentalen Kräfte zuwendet, erwirbt einen scharfen und klaren Verstand; er wird zum intellektuellen Riesen und begeistert Tausende durch seine einflussreichen Reden und Veröffentlichungen.

Und einer, der an der Entfaltung des Selbst oder des Geistes in sich interessiert ist, heiligt sich und wird im Laufe der Zeit ein Gottmensch, Den die Gottheit voll und ganz durchstrahlt. Er verbreitet einen himmlischen Glanz über große Menschenmengen, die in Seine Herde kommen, und als ein Hort der Spiritualität dient Er allen als Leitstern in diesem stürmischen Meer des Lebens.

Dies ist der kombinierte Yoga der Hand, des Herzens und des Kopfes, der den Menschen zum vollständigen Ganzen macht und vollkommen, wie der Vater im Himmel ist. Das alles und noch vieles mehr erwirbt Er durch die Verbindung und die Praxis mit dem Wort (der Musik der Seele oder dem Gesang von Pranva), das unaufhörlich in und um Ihn ertönt. Dies ist die Wahre Religion, eine Religion des lebendigen Geistes (der Wahrheit), die offene Religion von Bergson. Es gibt wirklich keine höhere Religion als diese, die allen gleicherweise Licht und Leben gibt und den Menschen dreifach segnet – Körper, Verstand und Seele –, so dass er nicht nur von seinen Mitmenschen verehrt und geliebt wird, sondern auch von den Engeln, wie Gott es bestimmte, als Er den Menschen Sich zum Bilde schuf.

Dieser menschliche Körper ist wahrhaftig ein Tempel Gottes, in dem der Geist oder die Seele auf die innere Göttliche Musik abgestimmt werden kann, um ihr zu lauschen. Er kann zum Zeugen des Göttlichen Lichts werden und sich daran erfreuen, und er wird fähig, Göttliche Offenbarungen wie die alten Propheten zu erlangen. Wenn man einmal die höchste Glückseligkeit erfahren hat, fallen alle Bindungen an die Welt von selbst ab und verlieren ihren Zauber und Reiz. Die von der Vergesslichkeit befreite Psyche erblüht zu einem neuen Leben – dem Leben des Geistes, das sich vom Leben der Sinne unterscheidet. Das ist Spiritualität, das ist die Wahre Religion, in deren Mysterien nur ein Heiliger oder eine Meister-Seele den Wahren Sucher oder Aspiranten einweiht, indem Er das Tor aufschließt, welches zum Reich Gottes führt, das wahrlich in uns liegt.

Über dieses Tor sagt Christus:

Klopfet an, so wird euch aufgetan.