XII

Das rechte Ziel

Um den Leiden und Sorgen zu entgehen und höchstes immer währendes Glück zu erlangen, führt ein jeder einen ungestümen Kampf und erreicht am Ende doch nichts. Ein kluger Mensch ist der, welcher sich immer aufrichtig in der rechten Richtung bemüht und niemals sein Ziel oder Ideal aus den Augen verliert. Fehlt es an einem bestimmten Ziel, wandert man planlos und endlos in äußerster Finsternis einher. Andererseits dient eine klar umrissene Zielsetzung als Leitstern, der uns beständig führt, und so bringt jeder Schritt den müden Wanderer dem Ende der Reise näher.

Bloße Anstrengung, ohne eine richtig gelenkte auf das entsprechende Ziel konzentrierte Aufmerksamkeit, kann den Menschen nirgendwo hinbringen. Ziel und Anstrengung müssen deshalb nebeneinander gehen, ehe man auf Erfolg hoffen kann. Ein Leben voller Mühe, aber mit dem Rücken zum Ziel, kann gewiss nichts bewältigen.

Eine Suche nach einer Sache in der falschen Richtung kann niemals fruchtbar sein.

Kabir

Es käme einer endlosen Kreisbewegung mit verbundenen Augen gleich, ähnlich der eines Ochsen, der an eine Ölpresse gespannt ist und sich den ganzen Tag mit Scheuklappen an den Augen bewegt. Auf diese Weise käme der Mensch nicht aus dem Teufelskreis heraus und könnte auch keinen Fortschritt machen.

Wohin man sich auch wendet, sieht man in der Welt nichts als Streit und Unruhe. Die Geschöpfe nähren sich voneinander und kämpfen unausgesetzt um ihr Weiterleben. Diese ganze große Verwirrung ist nur aus der Unwissenheit oder dem Mangel an Wissen um das Endziel entstanden. Das menschliche Leben hat wie jede andere Art Leben sein eigenes Dorado, worüber man im Buch des Lebens selbst etwas erfahren kann. Alle heiligen Schriften und alles Wissen der Welt sind nur eine Folge der Entfaltung des Geistes in den intellektuellen Zentren innerhalb des menschlichen Körpers. Alle Inspirationen leiten sich von der Seele im Innern ab, der Quelle allen Wissens und aller Weisheit. Wahrlich, wunderbar ist das Haus, in dem wir leben.

Gott offenbart sich der menschlichen Seele heute genauso wie in früherer Zeit, vorausgesetzt, sie ist rein, sauber und aufnahmefähig. Der Körper ist wahrhaftig der Tempel Gottes, in dem der Geist des Menschen und der Geist Gottes zusammenleben; ansonsten wäre er nur ein Kadaver und gerade recht, um dem Grab oder den Flammen übergeben zu werden.

Shamas-i-Tabrez, ein bekannter Moslem-Heiliger, sagte:

An diesem Grashalm des menschlichen Körpers fließt ein endloser Strom des Lebens vorbei. Im Herzen dieses Atoms verborgen ist das Licht von hundert Sonnen.

Aber leider ist es dem Menschen nicht gegeben, die Mysterien des Lebens ohne die Hilfe einer Meister-Seele zu erkennen.

Der ganze Makrokosmos liegt im Mikrokosmos verborgen. Man muss tief im Innern graben, um die unermesslichen Schätze der Spiritualität an der Wurzel der Seele zu erreichen. Einer, der Gott im Äußeren sucht, ist ein Zweifler und Ketzer und kennt nicht die Tatsächliche Wahrheit.

Alles ist im Körper, und nichts ist außerhalb. Wer im Äußeren sucht, wandelt in der Verblendung.

Guru Arjan, Majh M5