Weltfriede im Atomzeitalter

II

Wir sind alle Bewusste Wesen von derselben Essenz wie Gott. Es besteht eine allem zugrundeliegende Einheit, entsprechend der wir im wahren Sinne des Wortes Brüder und Schwestern sind und die Universale Bruderschaft bilden, die dann gefestigt werden kann, wenn die so notwendige Innere Einheit verwirklicht wird. Bis jetzt ist unser Wissen nur intellektuell. Da wir uns selbst nicht erkannt haben, kann unser Inneres Auge nicht alles durchdringen. Erst wenn euer Inneres Auge, Einzelauge oder Latentes Auge geöffnet ist, werdet ihr sehen, dass dasselbe Licht Gottes in allem wirkt.

Ihr werdet Wahre Liebe für alle haben und wirkliche Achtung für alle Schriften, die von den vergangenen Meistern hinterlassen wurden. Alle Schriften sagen, dass Gott überall in der Schöpfung ist und jeder Form innewohnt.

Guru Nanak sagte:

Wir leben und haben unser Sein in Gott. Wir sollten jeden so behandeln wie unser eigen Fleisch und Blut.

Prophet Mohammed sagte:

Wir sind alle Mitglieder derselben Familie Gottes.

Alle anderen Heiligen sagten das Gleiche. Wir sollten deshalb alle lieben. Die Liebe zu Gott und zur ganzen Menschheit sind die beiden großen Grundsätze oder Hauptgebote, an denen die Arbeit aller Meister hängt.

Wenn wir sie in der Praxis befolgen, wird Friede auf Erden kommen – und es kann keine Gefahr mehr für einen Atomkrieg geben. Es ist nur Eine Wirklichkeit, die in allem wirkt. Die ganze Menschheit ist Eins. Die Unterschiede wurden von den Menschen geschaffen – entstanden aus der Selbsterhöhung, die auf der Unwissenheit über das eigene Wahre Selbst beruht.

Vom Heiligen Johannes wird erzählt, dass Er einmal in eine Schule eingeladen war. Er kam hin und wurde gebeten, eine Rede zu halten.

So stand Er auf und sagte:

Kinder, habt Liebe füreinander

und setzte sich wieder.

Der Beauftragte fragte Ihn:

Habt Ihr nicht noch mehr zu sagen?

Er stand nochmals auf und sagte:

Kinder, habt Liebe füreinander

und setzte sich wieder.

Nochmals fragte Ihn der Beauftragte, ob Er nicht noch mehr zu sagen habe.

Das dritte Mal stand Er auf und sagte:

Kinder, habt Liebe füreinander. Liebt, und alle Dinge werden euch zufallen.

Um dieses Ziel zu erreichen, muss der Mensch ethisch oder moralisch werden. Das ist der Kern der Lehren aller Meister, die wir bis jetzt besitzen. Wer Gott liebt, wird natürlicherweise alle lieben. Ohne Liebe kann kein dauerhafter Friede in der Welt bewahrt werden und wenn der Spirituelle Aspekt im Menschen nicht verwirklicht wird, könnt ihr keine Wahre Liebe haben. Gott ist Liebe; und da unsere Seele vom selben Wesen ist wie Gott, ist die Liebe von Natur aus in uns eingewirkt.

Shamaz-i-Tabrez, ein Mohammedaner, sagte:

Auch wenn ihr hundert Jahre lang äußere Rituale und Zeremonien der Verehrung ausführt, seid ihr deshalb keine Wahren Ergebenen. Wenn ihr dadurch keine Liebe für Ihn entwickelt habt, könnt ihr das Mysterium Gottes nicht erkennen.

Guru Gobind Singh, der zehnte Guru der Sikhs, sprach die gleiche Wahrheit aus:

Hört alle her, ich sage euch die Wahrheit: Jene, die lieben, kommen zu Gott.

Die Bibel sagt das Gleiche:

Jene die nicht lieben, können Gott nicht erkennen.

Alle anderen sagen das Gleiche.

Einer, der Gott liebt, verehrt alle Meister, Die in der Vergangenheit kamen, alle Heiligen Schriften, alle Heiligen Orte und Pilgerstätten. Einer, der Gott liebt, wird nie daran denken, jemanden in Gedanken, Worten oder Taten anzugreifen.

Er wird:

  • Eine Verkörperung von Ahimsa – Nichtverletzen – sein, welches das Höchste aller Dharmas ist.
  • Ein Leben der Wahrhaftigkeit führen.
  • Einen edlen Charakter haben.
  • Alle lieben und keinen hassen.
  • Ein Leben des selbstlosen Dienens zur Erhebung der ganzen  Menschheit führen.

Das sind die fünf Säulen, auf denen das Gebäude des Friedens errichtet werden kann. Diese fünf Säulen werden gefestigt, wenn der Innere Spirituelle Kontakt entwickelt wird. Ein solcher Mensch sieht die ganze Welt als Haus Gottes und die verschiedenen Länder als die vielen Räume darin.

Die Regierungen wurden als Hüter des Wohles der Menschen eingesetzt. Sie tun ihr Bestes, um Frieden und Ordnung auf verschiedene Weise in der Welt wiederherzustellen. Auch die Vereinten Nationen wurden gegründet, um dieses Ziel zu sichern.

Die Regierungen können die Menschen äußerlich kontrollieren, aber sie können keine Menschen bilden – solange sich die Herzen und Gemüter nicht ändern, kann sich auch die Weltsituation nicht ändern. Der Wandel muss von Innen kommen.

Wie ich schon sagte:

Der Mensch spricht aus der Überfülle seines Herzens.

Die Worte, die ein Spiritueller Mensch spricht, sind von Liebe geladen. Was aus Seinem Herzen kommt, geht in die Herzen der Menschen. Das ist allein die Arbeit Spiritueller Menschen und nicht die der Sektierer. 

Es ist Ihre Pflicht, diese Arbeit zu tun, ohne die keine Regierung wirklich erfolgreich sein kann. Ich bin gezwungen, in diesem Zusammenhang etwas zu erwähnen, weil es der Menschheit mehr geschadet als genützt hat:

Das bezahlte Predigen hat die Dinge in allen Religionen verschlimmert. Statt die Menschheit zu vereinen, haben sie daran mitgewirkt, Mensch von Mensch zu trennen.

Seht, wie es in der früheren Zeit war:

Das Leben des Menschen war in vier Abschnitte eingeteilt. Die ersten 25 Lebensjahre wurden dazu verwendet, sich mit allen Schriften zu befassen und sich sonstiges Wissen anzueignen; die nächsten 25 Jahre waren dafür gedacht, eine Familie zu gründen und sich um sie zu kümmern. Etwa weitere 25 Jahre hatte der Mensch in die Abgeschiedenheit zu gehen, um Selbst- und Gottverwirklichung zu erlangen. Wenn er sich selbst und Gott verwirklicht hatte, sollte er von Ort zu Ort gehen, um für die ganze Menschheit selbstlos zu predigen. Solche Menschen, die als Prediger gebraucht wurden, wurden Sanyasins genannt.

Alle Meister weisen uns an, mit unserer ganzen Seele, unserem ganzen Herzen und all unseren Kräften Gott und die ganze Menschheit zu lieben.

Die Meister, Die in der Vergangenheit kamen, sagten, wir sollten uns nach den Schriften richten. Wie viele von uns sollten das tun? Wenigstens diejenigen, die zu dieser Wahrheit erwacht sind. Sie mögen bei sich selbst beginnen. Gott will Reformer, wie ich euch bereits sagte, die sich selbst und nicht andere reformieren. So viele Menschen sitzen hier – sagen wir 600 bis 700 – wenn wir einfach damit anfangen, das zu tun, dann wird ein Wandel kommen. Diejenigen, die mit euch in Verbindung kommen, werden sich ebenfalls ändern. Ihr seht also, es bedarf einer sinnvollen Art des Predigens durch solche, die Universale Liebe haben und der Wahren Bedeutung der Schriften folgen, die wir heute glücklicherweise besitzen.

Wären wir hundert oder vierhundert Jahre früher in die Welt gekommen, so würden uns die Schriften oder Erfahrungen Derjenigen, Die innerhalb dieser Zeitspanne lebten, wie Ramakrishna und andere, nicht zur Verfügung stehen. 

Wären wir fünfhundert Jahre früher hier gewesen, so hätten wir die Schriften der Sikh-Gurus nicht, die ein umfangreicher Schatz der Gottheit sind. 

Wären wir 1400 oder 1500 Jahre früher gekommen, dann hätten wir den Heiligen Koran nicht. 

Und wenn wir zweitausend Jahre zurückgehen – wären wir vor dieser Zeit gekommen, hätten wir nicht einmal die Bibel

Vor 2500 Jahren hätten wir auch die Schriften von Buddha und Mahavira nicht gehabt. 

So sind wir heute, im 20. Jahrhundert, begünstigt, die klaren Aufzeichnungen zu haben, die alle, Die in der Vergangenheit kamen, von Ihren persönlichen Erfahrungen mit dem Selbst und dem Überselbst machten. Wir können Nutzen daraus ziehen; solange wir jedoch den Wahren Sinn der Schriften nicht erkennen und das Eine, allem zugrundeliegende Prinzip nicht verstehen und danach leben, stehen wir nirgendwo. Was sagen sie? Sie raten uns, ein gesundes Leben und ein vorbildliches, moralisches Leben zu führen und uns selbst und Gott zu erkennen.

Es gibt zwei Arten von Wissen, das eine wird Apara Vidya, weltliches Wissen und das andere Para Vidya, die Wissenschaft des Jenseits oder Höchstes Wissen genannt.

Apara Vidya besteht darin, Schriften zu lesen, Rituale und andere Zeremonien auszuführen, Almosen zu geben usw.; das sind die Anfangsstufen, die notwendig sind, um den Weg zur Spiritualität zu bahnen. Der Hauptzweck, der dem zugrundeliegt, ist, ein Interesse in uns zu erwecken, uns selbst und Gott zu erkennen, und außerdem ein ethisches Leben zu führen, das die Schrittstufe zur Spiritualität ist. Dazu brauchen wir natürlich die Führung eines Menschen, Der das Spirituelle Leben verwirklicht hat. 

Das Haupthindernis ist, dass wir nicht wissen, was wir sind und wo wir stehen. Unsere Seele ist von Gemüt und Materie versklavt. Wenn ihr praktisch lernt, euch selbst zu analysieren und euch über das Körperbewusstsein zu erheben, dann werdet ihr sehen, dass ihr weder der Körper, noch der Intellekt, noch die nach außen gerichteten Sinne seid. Wir wissen so viel, aber wir wissen es nur intellektuell. Ist es möglich, sich selbst und Gott zu erkennen?

Es ist möglich, wenn wir Para Vidya folgen, der Wissenschaft der praktischen Selbstanalyse auf die natürliche Weise, die Menschen jeden Alters ausüben können. Wenn ihr nicht erkennt, wer ihr seid und was ihr seid und in welcher Beziehung ihr zu Gott und der ganzen Schöpfung steht, könnt ihr nicht vollkommen in Frieden leben. Das hat nichts mit Gefühlen und Emotionen zu tun oder mit Schlussfolgerungen, zu denen man durch intellektuelles Ringen kommt, denn diese sind alle dem Irrtum unterworfen. Es ist eine Sache des Sehens, das über all dem steht. Alle Meister der Vergangenheit haben das gelehrt. Und es gilt für alle, gleichgültig aus welchem Land ihr seid oder zu welcher Religion ihr gehört; das macht keinen Unterschied.

Da der Mensch ein Gemeinschaftswesen ist, wurden Gemeinschaften gegründet, die ihn befähigen sollten, ein Leben Hoher Moral und Reinheit zu führen und Liebe für die ganze Menschheit zu haben und die Tage seines Lebens in Frieden zu verbringen.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir die der ganzen Schöpfung zugrundeliegende Einheit sehen, indem wir uns selbst und Gott erkennen. Wir haben uns auf wissenschaftlichem Gebiet wunderbar entwickelt, sind aber trotz all der Annehmlichkeiten, die uns das gebracht hat, nicht glücklich. Das Wahre Glück wird dann kommen, wenn ihr euch selbst erkennt.

Wir haben davon gesprochen, dass Regierungen zwar äußerlich Kontrolle über Menschen ausüben können, aber keine Menschen bilden können. Menschen zu Wahren Menschen heranzubilden ist die Arbeit wirklich Spiritueller Lehrer.

Nehmt als Beispiel die Könige der alten Zeit, wie Dashratha, Ashoka und andere; fast alle hatten an ihrem Hof wirklich erwachte Spirituelle Seher, die sie in allen Angelegenheiten, welche die Menschheit als Ganzes betrafen, zu Rate zogen. Von Ihnen erhielten sie echte Hilfe bei der Durchführung der Arbeit in ihren Staaten, ohne dass sie auf die Anwendung physischer Gewalt zurückgreifen mussten. Wenn eine ähnliche Führung jetzt erhalten werden kann, würde das viel dazu beitragen, den Frieden in der Welt zu sichern. Ihr werdet feststellen, dass unser Erfolg, eine unabhängige Regierung in Indien zu erlangen, ohne regelrechten Krieg hauptsächlich durch die weise Führung und Beratung Gandhi Jis möglich war, die auf moralischer Kraft mit einem gewissen Spirituellen Hintergrund beruhte. Wir alle sind ihm Achtung schuldig.

Wenn ihr den Grundsätzen folgt, die ich euch genannt habe, wird Frieden auf Erden sein. Dies ist nichts Neues.

Es steht bereits in den Schriften, welche die Meister, Die in der Vergangenheit kamen, hinterließen. Sie alle gaben die gleiche Lehre. Aber wir kennen das nur intellektuell.

Das einzig Notwendige ist: das, was wir wissen, in die Tat umzusetzen. Statt anderen zu predigen, sollten wir uns selbst predigen und nach dem leben, was wir sagen. Dann wird ganz sicher ein Wandel kommen. Es mag sein, dass Kriegsgefahr droht, aber wenn wir wenigstens wissen, was wir sind und versuchen, nach dem oben Gesagten zu leben, wird das die Dinge nicht verschlimmern; es wird der Mehrheit der Menschen helfen.

Es ist wahr: Wenn das Haus bereits in Flammen steht, kann man dort nicht erst einen Brunnen graben. Wenn wir nun aber beginnen, nach dem zu leben, was uns dargelegt wurde, nämlich Gott zu lieben und, da Gott in allen Herzen wohnt, die ganze Menschheit und die ganze Schöpfung zu lieben, wird uns das weitreichend helfen.

Von den Hindu-Schriften können wir erfahren, dass sie den Schlangen, Gugapir, wie sie genannt wurden, Milch gaben, da Gott allen Formen innewohnt.

Christus wurde die Frage gestellt, wie wir uns anderen gegenüber verhalten sollten und Er sagte:

Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.

Als Er gefragt wurde, wie man sich den Feinden gegenüber verhalten sollte, sagte Er:

Liebet eure Feinde.

Der wirklich Spirituelle Mensch schaut auf Gott in allen Herzen. Er handelt von dieser Ebene aus. Solche Menschen – und je mehr es an der Zahl sind – werden mehr Frieden und Liebe untereinander bewirken.

Mit diesen Worten möchte ich euch allen für das geduldige Zuhören danken und Abschied nehmen.

Kirpal Singh