Kirpal Singh

Rundschreiben Nr. 27

Warum folgt ihr nicht dem Guru?

2. April 1963

Übersetzung aus englischen Vorlagen durch Schüler Kirpal Singhs

 

Meine Damen und Herren!

Im letzten Jahr wurde ein kurzer Vortrag1 in Englisch auf Band aufgenommen und von Frau Lucille Gunn in die Vereinigten Staaten gebracht, als sie nach Hause zurückkehrte. Dies wurde sehr begrüßt, und seither wurde ich des Öfteren gebeten, von Zeit zu Zeit ähnliche Vorträge zu senden. Demzufolge habe ich mich entschlossen, wieder zu Ihnen zu sprechen.

Gott schuf den Menschen und der Mensch die Religionen. Der Beweggrund dafür, dass die verschiedenen Religionen geschaffen wurden, war immer der Wunsch, die Seele im Menschen von der Gebundenheit durch Gemüt und Materie zu befreien, um dadurch dem endlosen Zyklus der Geburten und Tode ein Ende zu setzen. Dieser Gedanke ist in der einen oder anderen Form der Kern aller Weltreligionen und wenn wir ein vergleichendes Studium der verschiedenen religiösen Texte vornähmen, kämen wir zu dem gleichen Ergebnis. Die Grundlage aller Religionen ist die eine Realität – die Wahrheit – das Alpha und Omega der ganzen Schöpfung. Es gibt natürlich nur eine Wahrheit, obwohl sie von den Weisen in der Sprache der Zeit und des Ortes, an dem sie lebten, verschieden beschrieben wurde. Um diesen zentralen Gedanken der einen Wahrheit sind die verschiedenen Religionen entstanden.

Wiederum sind die Grundprinzipien aller Religionen miteinander verwandt, trotz der anscheinenden Unterschiede in den unwesentlichen Einzelheiten, die meistens Riten und Rituale betreffen, wie sie von Zeit zu Zeit auf priesterlichen Geheiß gepflegt werden. Liebe zu Gott und den Menschen ist der Grundton bei allen Propheten und Heiligen und ihr einziges Thema ist die Suche nach der einen Realität. Bei diesem bedeutsamen Forschen mussten sie in den tiefsten Tiefen ihres eigenen Selbst im Innern graben, in dem Schatzhaus, das den unermesslichen Reichtum der Spiritualität birgt, den der Mensch offensichtlich verloren hat, weil er so sehr in alles, was die Welt betrifft, vertieft ist; denn in seiner großen Liebe für die weltlichen Gaben Gottes vergisst und versäumt er das Göttliche, das jeder Form innewohnt. Die Heiligen Schriften, ganz gleich welchen Ursprungs, sind nichts anderes als die Aufzeichnungen von Erfahrungen gottesfürchtiger Seelen, die sich erfolgreich bemühten, das grundlegende Lebensprinzip zu erkennen, das alle Seelen belebt, zum Nutzen der Nachwelt im allgemeinen und der strebenden Seelen im besonderem.

Gottmenschen kommen weder in die Welt, um neue Gesetze zu erlassen, noch um die bereits bestehenden aufzuheben, sondern einzig, um das universale Göttliche Gesetz zu verkünden, das unveränderlich ist. Ihre Botschaft ist eine der Hoffnung, der Erfüllung und der Erlösung für jene, die auf der Suche nach dem Göttlichen im Menschen sind, und darum stellen sie eine große verbindende Kraft dar, die alle konfessionellen Glaubensbekenntnisse übersteigt. Sie zeigen uns einen brauchbaren Ausweg aus dem theoretischen Meinungsstreit der sogenannten religiösen Hochburgen und erheben sich hoch in die ätherische Atmosphäre des Geistes und bilden gleich der Feldlerche ein bleibendes Bindeglied zwischen dem weltlichen Leben auf der Erde und der Himmlischen Stätte freier und ungetrübter Spiritualität. Alle Religionen sind die ihren, und doch bindet sie keine, denn sie geben der Menschheit das dem Wesen nach wirklich Erhabene aus jeder von ihnen.

Ich erinnere mich an eine Episode im Leben Guru Nanaks, der auf seinen langen Reisen einmal nach Multan kam, einem Ort, der als sehr heilig galt und damals der Aufenthaltsort vieler frommer Geistlicher der Hindus und Moslems war. Letztere, die fürchteten, dass ein neu Dazugekommener ihnen die Einkünfte aus den Opfergaben schmälern könnte, sandten Ihm eine Schale, die bis zum Rand mit Milch gefüllt war, was besagen sollte, dass der Ort im Übermaß voll sei und keine weiteren Lehrer aufnehmen könne.

Und was tat daraufhin Guru Nanak? Er pflückte ein paar Jasminblüten, die in der Nähe wuchsen, legte sie vorsichtig auf die Oberfläche der Milch und bat den, der die Schale gebracht hatte, sie den Geistlichen zurückzubringen. Er zeigte ihnen damit, dass ein wahrhaft religiöser Mensch, ohne den Inhalt des Gefäßes, das die weltlichen Reichtümer birgt, in Unordnung zu bringen, tragbar ist; denn Seine Mission war eine rein Göttliche und bedeutete nur, allen und jedem süßen Wohlgeruch zu vermitteln, ungeachtet der Kaste, Farbe und des Glaubensbekenntnisses. Somit werdet ihr den großen Abgrund feststellen, der die sogenannten religiösen Lehrer der Welt und priesterlichen Führer einerseits und eine wahrhaft gottberauschte Seele andererseits voneinander trennt; denn letztere wirkt als der Göttliche Pol, durch den die Göttlichkeit des großen Gottes, die Quelle allen Lebens wirkt. Die Meisterseele oder Murshid-i-Kamil vereinigt in ihrer Person alles, was die Heiligen Schriften enthalten und noch viel mehr. Er ist eine lebendige Verkörperung von alles, was wirklich religiös ist – der Geist, der latent in anderen ruht. Er ist eine erwachte Seele, die Zeit, Raum und Kausalität übersteigt und Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wie ein offenes Buch in Seinen Händen hält. Er ist der Herr des schöpferischen Lebensimpulses, der in allen Dingen sichtbar und unsichtbar wogt, kompetent, auf allen Ebenen gleichzeitig zu wirken, auf der physischen oder irdischen, der feinstofflichen oder mentalen, der kausalen oder ätherischen und selbst jenseits dieser im Parbrahmand der Upanischaden.

Er ist in seiner Person zugleich ein Gurudev oder eine strahlende Meisterseele, die in den höheren überweltlichen Ebenen wirkt, und ein Satguru, der Wahre Herr, der alle Ebenen des Universums kontrolliert und erhält. Er ist tatsächlich das fleischgewordene Wort, das unter uns wohnt, um die strebenden Seelen nach und nach von einer Ebene variierenden Dichtigkeitsgraden zur anderen in die ewige Heimat des Vaters zurückzuführen. Seine Lehren versprechen einen praktischen Weg aus der dichten Materie heraus in den reinen Sonnenschein des Geistes durch die Macht des Wortes oder des Heiligen Geistes, der sich in Ihm manifestiert und jenen offenbart wird, die er dafür erwählt. Er hat eine direkte Erfahrung der Seele, anders als die sogenannten Lehrer, die auf der intellektuellen Ebene wirken und die Heiligen Schriften zitieren, um das zu unterstützen, was sie predigen. Im Falle eines Wahren Meisters dienen die Schriften als gelegene Hilfen, um die mystische Erfahrung der Seele auf ihrer Heimwärtsreise korrekt zu erklären und darzustellen und somit als Ergänzung zu der wirklichen, praktischen inneren Erfahrung, den den Menschen gegeben wird und keinen Raum lässt für Zweifel und Skeptizismus. Unser ganzes gegenwärtiges Wissen fußt auf der Sinneswahrnehmung oder ist von intellektueller Schlussfolgerung abgeleitet. Das Wissen, das ein Wahrer Lehrer vermittelt, ist direkt und unmittelbar und gründet auf einer tatsächlichen Erfahrung der Seele, die unabhängig von den Sinnen ist. Seine Worte, die direkt mit den in Ihm wogenden Geistesströmen geladen sind, dringen unmittelbar in die Seelen der Hörer ein und hinterlassen keinen Zweifel über das Warum und Wofür der Dinge.

Als Naren - wie Vivekananda als Knabe genannt wurde, bevor er mit seinem engelgleichen Guru Paramhansa Ramakrishna in Verbindung kam - seinen Meister fragte, ob er Gott gesehen habe, war die Antwort:

Ja, mein Kind, ich habe Gott gesehen, und dies deutlicher, als ich dich sehe.

Das hatte eine elektrisierende Wirkung auf den Jüngling, der sich auf der Stelle zu den Füßen seines Meisters neigte und von ihm die notwendige Gotteserfahrung erhielt. Gleicherweise bemerkte mein Meister Hazoor Baba Sawan Singh Ji Maharaj einmal, dass Er Gott nicht nur selbst gesehen habe, sondern ebensogut auch andere sehend machen könne, wenn sie Seinen Unterweisungen folgten. Es war keine leere Versicherung, wenn der Heilige Johannes erklärte:

So euch nun der Sohn (Jesus Christus) frei machet, seid ihr recht frei.

Johannes 8,36

Denn hatte Christus nicht gesagt:

Ich bin das Licht der Welt, wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.

Johannes 8,12

Religiöse Erfahrung ist das Finden der Wahren Heimat durch die Verbannung.

Plotin

Der Sprache fehlen die Mittel, die übersinnlichen Erfahrungen der Mystiker wiederzugeben. Wie Licht von Licht kommt, so kommt Leben von Leben, denn die Mystik, die als der Kern der Religion beschrieben wird, kann schwerlich gelehrt werden, obgleich es möglich ist, sie durch einen Wahren Mystiker zu erlangen.

Der menschliche Verstand ist wie ein falscher Spiegel, der, indem er Strahlen auffängt, die Natur der Dinge unregelmäßig verzerrt und verfärbt, weil er sie mit seiner eigenen Natur vermischt.

Bacon

Aber,

es gibt eine direkte Verbindung zwischen Mysterium und Mysterium, zwischen der unbekannten Seele und der unbekannten Realität; (es ist) an einem bestimmten Punkt im Gewebe des Lebens, (dass) die verborgene Wahrheit durch den Schleicher durchzubrechen scheint.

Middleton Murray

Nach dem Vorangegangen sollte es klar sein, dass die Wissenschaft der Seele eine reine Erfahrungswissenschaft ist. Sie ist positiver als irgendeine der Naturwissenschaften und erzielt Resultate, die mit mathematischer Genauigkeit wirklich nachweisbar sind. ‚Ein alles wissender Geist‘, heißt es, ‚umfängt die Gesamtheit des Seins unter dem Aspekt der Ewigkeit. Wenn wir zur Welt des Seins Zutritt erlangen, wird uns eine vollständige Schau zu eigen.‘

Mit diesen wenigen einleitenden Bemerkungen wenden wir uns der Hymne aus den Schriften Soami Shiv Dayal Singhs zu. Bitte hört aufmerksam zu und versucht den Grundbegriff der Spiritualität zu verstehen, der vermittelt wird.

O Mensch! Warum eilst du nicht, dem Guru zu folgen? Die uns zugemessene Zeit ist bisher in großer Verblendung verstrichen.

Im einleitenden Vers der Hymne haben wir einen Abriss des menschlichen Lebens, wie es gewöhnlich mit nutzloser Beschäftigung verbracht wird. Der Meister spricht die Menschheit im Gesamten an, alle verkörperten Seelen, ob Hindus, Moslems, Sikhs oder Christen, wie auch Menschen, die irgendeinem anderen Bekenntnis angehören, wo immer sie sein mögen und ganz gleich, was ihr Stand oder Beruf ist. Er fordert uns auf, innezuhalten, uns umzuschauen und uns über die Situation klar zu werden, wie wir bis jetzt gelebt haben. Voller Kraft sagt er uns, dass wir unser ganzes vergangenes Leben bis zu diesem Augenblick in äußerster Verblendung verbracht haben und es bisher ein totaler Verlust ist. Wir haben uns niemals Gedanken gemacht, das Problem unserer spirituellen Befreiung zu erwägen, und das wenige, was wir anscheinend getan haben, geschieht ausschließlich auf der Ebene unserer eigenen, von Menschen geschaffenen Glaubensansichten, die, wenn auch in großem Maße hilfreich, doch nicht das Ziel in sich selbst sind.

Wenn ihr die leidende Menschheit anseht, findet ihr, dass nur eine sehr kleine Minderheit davon mit spiritueller Erleuchtung zu tun hat. Die Mehrzahl der Menschen tappt im Dunkeln und ist völlig durch die Befriedigung ihrer sinnlichen Wünsche in Anspruch genommen, so dass sie kaum Zeit hat, sich ihrem Selbst und Überselbst zuzuwenden. Nur seltene Seelen denken zufolge der Entfaltung sehr guten Karmas aus der Vergangenheit daran, einen Weg aus den labyrinthischen Tiefen der Sinnesfreuden zu finden und verlangen nach spiritueller Erleuchtung.

Begünstigt sind die wenigen Gesegneten, die Sehnsucht nach dem Herrn und dem Meister haben und in dieser Richtung streben. Wenn Feuer brennt, kommt Sauerstoff zu Hilfe. Es gibt Nahrung für die Hungrigen und Wasser für die Durstigen. Diese Worte sind für die wenigen Erwählten, die mit dem seltenen Gut des rechten Verstehens gesegnet sind. Der Meister sagt also, dass wir uns wenig darum gesorgt haben, den Unterweisungen des Gurus zu folgen. Ihr werdet über diese starke Verallgemeinerung beunruhigt sein, aber es ist eine Tatsache, und ihr werdet verstehen, weshalb. Versteht bitte, dass der Guru uns zuerst liebte und uns aufgelesen hat, damit wir den Heiligen Pfad aufnehmen können, und uns mit der erlösenden Rettungsschnur im Innern in Verbindung gebracht hat.

Nun werden wir sehen, bis zu welchem Ausmaß wir die Heiligen Lehren des Meisters angenommen und sie uns im Alltagsleben zu eigen gemacht haben und in welchem Umfang wir uns bemüht haben, Seinen Geboten Folge zu leisten. Es ist eine Sache der persönlichen Bewertung. Jeder von uns ist sich selbst der beste Richter und kann bezeugen, in welchem Maße er Erfolg hatte und was noch zu vollbringen bleibt. So erinnert uns der Meister wie ein liebender Vater, diese bedeutsame Frage unseres Lebens gelassen zu betrachten und zu sehen, warum wir dem Meister und uns selbst nicht treu sind. Er sagt uns, dass die Zeit, die bisher vergangen ist, vergebens unter einer großen Täuschung zugebracht wurde. Und so ist es wirklich. Wenn ihr genau auf eure Vergangenheit zurückschaut, werdet ihr sehen, dass ihr euch in all diesen Jahren unter dem Bann eines langen Traumes befunden habt. Gleicherweise erscheint das ganze Leben wie ein fruchtbarer Alpdruck, wenn die Stunde der letzten Verwandlung, die gewöhnlich als Tod bekannt ist, naht. Jeder Augenblick, der vergeht, treibt uns dieser letzten Verwandlung entgegen. Die Meister haben immer Nachdruck auf die Notwendigkeit gelegt, den besten Gebrauch von der physischen Existenz zu machen, welche die höchste Sprosse auf der Schöpfungsleiter ist. Wenn wir diese seltene Gelegenheit einmal versäumen, werden wir wieder in den sich endlos bewegenden Kreislauf des Lebens hineinkommen. Und wer weiß, wann sich diese günstige Gelegenheit wieder ergibt? So ist das gegenwärtige Leben die beste Gelegenheit, um die spirituelle Befreiung zu erlangen.

Weib, Kinder und Freunde sind die Diebe, die uns alles rauben. Warum schlaft ihr unter ihnen?

Soami Ji Maharaj zieht uns aus der tiefen Betäubung heraus und lässt und die große Illusion in ihrer nackten Wirklichkeit erkennen. Er sagt uns, dass für einen ehrlichen Menschen, der unter Taschendiebe gerät, jede Möglichkeit besteht, unversehens beraubt zu werden. Da wir alle in der Gesellschaft von Halsabschneidern schlafen, wie können wir sicher sein? Wer sind nun diese gefährlichen Bösewichte? Es sind keine anderen als unsere Kinder, Freunde und Verwandten, die liebevollen Beziehungen, denen wir die ganze Zeit so hingebungsvoll zugetan sind. Ihr mögt ein wenig überrascht sein, dies zu hören. Aber überdenkt es einen Augenblick lang in Ruhe. Wenn ein Bandit kommt und all unsere Habe wegnimmt, sind wenigstens wir errettet. Kommt ein anderer, der uns alles raubt und uns auch die Beine bricht, sind wir noch immer gerettet. Nun kommt ein dritter, der uns auch das Leben nimmt. Wer ist nun der Gefährlichste von allen? Das ist bestimmt der dritte.

Die Kinder und unsere anderen Lieben verlangen beständig nach unserer Aufmerksamkeit, dem äußeren Ausdruck unserer Seele. Sie beschäftigen uns immer auf die eine oder andere Weise und lassen uns keine Zeit für den spirituellen Weg; darum sind sie die gefährlichsten Banditen in dieser Form. Aber bedeutet das, dass wir Herd und Heim verlassen müssen und das Leben eines Einsiedlers im Dschungel führen sollen? Nein, das heißt es nicht.

Erkennt bitte, dass es eure innere Sehnsucht und Liebe ist, die euch mit Händen und Füßen an eure Lieben gebunden hält; und diese Gebundenheit oder Vernarrtheit macht euch allezeit besorgt und unglücklich. So seht ihr, dass gerade die Bande der Zuneigung, die eine Quelle des Glücks sein sollten, zu Fesseln der Bindung werden, da ihr dauernd in Ängsten lebt, die gelinde gesagt, eingebildet und grundlos sind. Das Herz ist, wie ihr wisst, der Sitz Gottes. Es ist ein Gut, das uns für einen höheren Lebenszweck anvertraut wurde, nämlich zur Selbsterkenntnis und Gotterkenntnis.

Wohin das Herz geht, folgt alles andere von selbst nach. So warnt uns hier der Meister davor, unsere Aufmerksamkeit ständig auf die weltliche Verwandtschaft gerichtet zu halten, was immer Ablenkung und Störung verursacht. Ihr wisst genau, dass die Hindernisse, die die Schüler im Wege stehen und sich ihm rücksichtslos in den kostbaren Augenblicken der Heiligen Meditation aufdrängen, die familiären Bande sind, die uns immer wieder vom Sitz der Seele, dem Augenbrennpunkt herunterziehen. Wir müssen natürlich in der Welt leben, doch völlig losgelöst von ihr, genau wie die Lotosblume, die im Moor wächst und dennoch ihr Haupt nach oben und über den schmutzigen Teich hält, wodurch sie ihre ursprüngliche Reinheit bewahrt.

Auf ähnliche Weise sollen wir unseren weltlichen Verpflichtungen nachkommen, die unserer Obhut anvertraut sind, ohne von der Unruhe und den Sorgen unserer Verwandten berührt zu werden, die neben uns genug durch die gnädige Meisterkraft beschützt werden.

Dies kann sehr gut durch ein einfaches Beispiel veranschaulicht werden. Ein Mann, der mit dem Zug reist, hat einen Koffer neben sich stehen. Sowohl der Mann wie auch sein Koffer werden vom Zug befördert. Wenn sich nun einer den Koffer auf den Kopf stellen würde, wäre er gewiss ein Narr, denn er würde sich um nichts das Genick brechen. Genau das ist die Situation auf weltliche Art. Wir haben gewöhnlich kein Vertrauen in die gnädige Meisterkraft und schaffen uns unnötige Probleme, die uns in Knechtschaft halten, während andererseits alles glatt gehen würde in dem wohlgeordneten Göttlichen Plan. Ihr werdet sicher beobachtet haben, dass ein unruhiges Wasser nichts widerspiegelt. Darum versucht immer, euer kostbares kleines Selbst der gnädigen Meisterkraft zu überlassen, wenn ihr in euren Heiligen Meditationen sitzt und dadurch einen aufnahmefähigen Boden für die innere Göttliche Gnade bereitet, die auf euch herabkommen und euch im Übermaß erfüllen wird.

Warum, o Mensch, denkst du nicht ernsthaft nach? Die Welt ist wahrlich nicht von Dauer, sie ist unbeständig.

Hier wird wieder ein anderer Göttlicher Grundbegriff erklärt. Er hat eine sehr tiefe Bedeutung.

Der Meister sagt:

Seid dessen sicher, dass sich das große Panorama des Lebens beständig verändert und dass die Welt in jedem Falle eine Illusion ist; denn schließlich ist sie kein Ort für dauernden Lebens.

Auch die Heiligen Schriften wiederholen dasselbe:

Führe uns vom Unwirklichen zum Wirklichen, vom Falschen zur Wahrheit und aus der Dunkelheit zum Licht.

Gewöhnlich zollen wir diesen Heiligen Wahrheiten der Schriften keine Aufmerksamkeit. Aber der Meister, der ein befreites Wesen ist und fern und abseits der Welt steht, sieht, dass sich alles in der Welt beständig wandelt und nichts stetig und von Dauer ist. Das könnt ihr durch ein einfaches Beispiel verstehen.

Ein Mann steht am Ufer eines Flusses und sieht einige Menschen in einem ruderlosen Boot stromabwärts treiben. Der Mann am Ufer kann ganz genau sehen, dass das Boot mit den Menschen stromabwärts treibt und ruft nach Hilfe, um sie zu retten. Die Menschen im Boot können den Mann am Ufer nicht sehen; sie schauen auf das Boot und das Wasser rundum, das sich mit derselben Geschwindigkeit bewegt und so stillzustehen scheint. Sie bleiben unbekümmert und fahren fort mit ihrem nichtigen Vergnügen, das sie völlig in Anspruch nimmt.

Das ist genau die Lage, in der wir uns befinden. Wir sind beseelte Körper und identifizieren uns mit diesem Körper so sehr, dass wir uns selbst als Körper betrachten. Unser Körper und die Welt sind aus Materie gebildet, die sich mit der gleichen Geschwindigkeit verändert. Selbst die Partikel unserer Knochen erneuern sich innerhalb von sieben Jahren. Da sich die Partikel der Welt und der Körper mit derselben Geschwindigkeit verändern, erscheint die Welt jenen, die sich auf der Ebene des Körpers befinden, als beständig. So leben die Gelehrten und die Ungelehrten in einer großen Täuschung.

Die Weltklugen sorgen sich nicht darum, das Evangelium des Meisters zu beachten, Der wie einer, Der von Ferne darauf schaut, so lebendig Zeuge des Dramas der menschlichen Verwüstung ist, wie wir uns gegenseitig sehen; doch die Menschen versäumen im allgemeinen, auf Seinen mitleidsvollen Ruf zu hören. So bekräftigt der Meister mit Überzeugung, dass dieser Ort kein beständiger Aufenthaltsort für eure Seele ist, sondern eine Zwischenstation für begrenzte Zeit, die euch für den höheren Zweck der spirituellen Vervollkommnung zugewiesen wurde. Wenn ihr die Dinge von diesem erhabenen Standpunkt aus betrachtet, werdet ihr verstehen, dass unser Leben bisher so nutzlos wie nur irgend etwas war. Das ist für jeden von uns eine Sache von tiefem Belang, und wir müssen unsere Lage gewissenhaft überdenken, ehe es zu spät ist und wir gezwungen sind, ein verlorenes Spiel auszutragen.

Das Gemüt ist sehr dumm und hängt an den äußeren Bindungen. Wie kann es befreit werden?

Schritt für Schritt eröffnet uns der Meister neue Ausblicke rechten Verstehens, indem Er uns sagt, was die Grundwurzel dieses Missverstehens bildet. Er sagt, dass das menschliche Gemüt so töricht ist, sich an das zu binden, was ihm im Äußeren gefällt – es ist von der farbenprächtigen Schale betört, ohne den süßen Kern im Inneren zu betrachten. Man kann das Gemüt mit einer Parasitenpflanze vergleichen, die keine eigenen Wurzeln hat, vielmehr die Nahrung aus dem Wirtsbaum zieht, an dem sie sich zäh festklammert. Auf genau dieselbe Weise hat das Gemüt an sich keine gesonderte Existenz, sondern ist eine reine Projektion unserer mentalen Struktur und durch die Sinne unentwirrbar an die Sinnesobjekte gebunden. Auf seiner niedrigsten Ebene ist es an den Körper gebunden, während es an seinem anderen Ende – der höchsten Ebene – subtil genug ist, um seine Nahrung aus der Seele zu ziehen.

Hierin liegt der große Unterschied zwischen der Ideologie des Ostens und der des Westens. Westliche Psychologen betrachten das Gemüt als ein Nichts, während es die östlichen Weisen als etwas Wirkliches gelten lassen, als ein bedeutendes Bindeglied zwischen dem Körper und der Seele, das nach Lage der Dinge eine Göttliche Funktion zu erfüllen hat. Wie das Feuer ist es ein guter Diener, aber ein schlechter Herr. Es ist ein sehr gutes Bindeglied zwischen den physischen und den astralen Welten. Wenn ihr euer Gemüt lenken und beherrschen könnt und lernt, seine Kräfte zu bändigen, wird es euch bestens dienen. Schaut auf die großen Wissenschaftler, Gelehrten und anderen Intellektuellen, die auf ihren jeweiligen Gebieten Lorbeeren geerntet haben.

Aber sie könnten weit größeren Nutzen von der Herrschaft über ihr Gemüt haben, wenn sie die Heilige Technik der Selbstanalyse und des Zurückziehens der Sinnesströme vom Körper lernen würden. Hier werdet ihr sicher mit Soami Ji übereinstimmen, der sagt, dass das menschliche Gemüt schlichtweg töricht ist, weil es den äußeren Sinnenfreuden zur Beute fiel und sich so endlos der Sorge und dem Elend ausliefert. Ihr wisst, dass das Gemüt zur Stunde inneres Schweigen und Stille übel nimmt, da es seit endlosen Zeiten die Neigung hat, im Äußeren umherzustreifen. Ihr könnt es mit äußeren Bestrebungen stundenlang beschäftigen, aber wenn ihr inneres Schweigen und Stille anstrebt, dann schreit und tobt es wie ein kleines Kind, das man in eine dunkle Zelle sperrt – es weint, schreit und klopft, um wieder herausgelassen zu werden. Wenn man nun das Kind mit Süßigkeiten und Spielzeug versorgt, wird es aufhören zu schreien. Genauso verhält sich das menschliche Gemüt.

Der Lebende Meister hält den Schlüssel zum Jenseits in den Händen; und wenn Er das Schülerkind mit den inneren, Göttlichen Bindegliedern verbindet, die ihn in höheren Regionen bringen, erlangt es ein Gefühl der Befriedigung. Ihr wisst, dass die innere Wonne die höchste und unvergleichlich ist. Es gibt nichts ähnliches auf Erden; aber leider ist das Gemüt so berauscht von der Lust nach Weib, Wein und Reichtum, dass es sich die Größe der spirituellen Glückseligkeit im Innern nicht vorstellen und sie nicht begreifen kann. Doch geduldige und beharrliche Bemühungen, das Gemüt zu beruhigen, werden euch mit der Gnade des Meisters nach und nach die Schätze der Gottheit im Innern erschließen. Seid immer heiter und frisch, wenn ihr euch zur Meditation hinsetzt und wartet geduldig wie ein liebendes Kind, das in die Augen der Mutter schaut, die es füttert.

Ohne den Guru könnt ihr die Ausläufer des Gemüts nicht im Zaum halten. Tausende von Kniffen wurden versucht, doch ohne Erfolg.

Nachdem er die traurige Lage der Dinge beschrieben hat, bedauert Soami Ji den niedrigen Zustand des törichten Gemüts, da es nicht weiß, wie es sich aus den Klauen der Sinne befreien kann. Vor allem hält es töricht an den Sinnesfreuden fest, und wenn es dann alle Widerstandskraft verloren hat, lässt es sich leicht von einem falschen Schritt zum nächsten bringen.

Der Meister sagt, dass das Gemüt trotz aller Mühen ohne die Gnade des Satguru unmöglich einen Weg heraus finden kann. Es ist nun so sehr im Wirbel der Leidenschaften gefangen, dass es einfach nicht an Befreiung denken kann. Wenn ihr gegen einen straff gespannten Draht schlägt, wie leicht es auch immer sei, könnt ihr sehen, dass er noch lange Zeit weiter vibriert. Das Gemüt befindet sich genau in der gleichen Lage.

Unentwirrbar im Netz der Sinnesfreuden gefangen, kennt es keine Ruhe. Nur durch die gütige Gnade des Meisters gelangen wir zur Erkenntnis unserer völligen Hilflosigkeit. Man konnte feststellen, dass nach der Initiation, wenn die Lieben eine Zeitlang regelmäßig meditierten, ihnen der Zustand äußerster Hilfsbedürftigkeit bewusst wird. So werdet ihr zugeben, dass die tägliche Selbstprüfung unserer Fehler und Unzulänglichkeiten sehr notwendig ist, um sie einen nach dem anderen auszurotten.

Der Nachdruck, der darauf gelegt wird, das zu diesem Zweck vorgeschriebene Tagebuch zu führen, hat eine viel tiefere Bedeutung, als erkannt wird. Spiritualität ist nicht etwas, das schwer zu erlangen ist, aber sie erfordert die rechte Empfänglichkeit des Gemüts, willige Mitarbeit, um an den Heiligen Geboten festzuhalten, und geduldige Bemühung in der rechten Richtung. Weit davon entfernt, schwer zu sein, ist es nur eine einfache Wandlung und dies noch dazu zum Besseren. Genau wie ein Kind mit seinen Spielsachen ruhig und glücklich ist, so wird auch das Gemüt durch die Gnade des Meisters mit unvermischter innerer Wonne und Harmonie gesegnet sein, wenn es gehorcht und sich nach innen wendet. Es muss jedoch daran erinnert werden, dass nur die völlige Selbstunterwerfung an den Meister innen eine liebevolle Aufnahmefähigkeit erzeugen wird.

O Freund, verbinde dich mit Naam, um das Gemüt zu beherrschen! Dies wirst du erreichen, wenn du dich nach innen kehrst und dort geduldig wartest.

Nachdem der Meister die mannigfachen Krankheiten des Gemüts beschrieben hat, kommt Er nun, uns zu erretten, und bietet uns das bewährte Heilmittel an. Voll tiefen Mitleids weist Er uns an, es anzunehmen und unseren Glauben in das Heilige Naam, das der gnädige Satguru gewährt, zu festigen. Dieses Naam oder Wort ist die sich zum Ausdruck bringende Gotteskraft, die von den Weisen verschieden beschrieben wird als der Göttliche Tröster oder der Heilige Geist, als Kalam-i-Quadim oder Bang-i-Ilahi, Nad, Sarosha oder die Stimme der Sille. Es ist der Hörbare Lebensstrom, die Lebensspendende Stimme des Lebendigen Gottes, die das Universum erschafft und erhält. Die untersten Bindeglieder dieser Gottheit, die bereits in jedem von uns existiert, werden bei der Initiation in die Mysterien des Jenseits im Schüler manifestiert oder offenbart und können durch tägliche Übung bis zu jedem beliebigen Ausmaß entwickelt werden. Nun lässt uns der Meister wissen, wie man diese Göttliche Kraft oder das Heilige Naam entwickeln kann. Er sagt, dass man mit eiserner Geduld und tiefer Dankbarkeit im Innern sitzen und nach der Göttlichen Gnade Ausschau halten soll.

Bitte nehmt zur Kenntnis, dass ihr weder etwas hervorbringen noch vorwegnehmen oder euch bildlich vorstellen sollt. Schaut einfach weiter liebevoll nach innen, in die Mitte von dem, was ihr auch immer zwischen den Augenbrauen vor euch seht, und wiederholt im Geiste die Geladenen Namen, die den Lebensimpuls des Meisters in sich tragen.

Seht nur, wie leicht und einfach das aussieht; doch es erfordert viel Ausdauer und Standhaftigkeit, um auf dem Pfad bewandert zu werden. Ihr müsst nur ein ehrfurchtsvolles Schweigen in euch aufrechterhalten, damit ihr euch der vollen Früchte Göttlicher Gnade erfreuen könnt, die sich euch in großer Fülle offenbaren wird. Bitte denkt daran, dass, wenn ihr einige Tage lang regelmäßig immer wieder an die Tür eines reichen Mannes klopft und wartet, er eines Tages sicherlich nach dem Grund eures täglichen Klopfens fragen wird. Das ist nur ein weltliches Beispiel. Aber wenn ihr geistig genauso an der Himmlischen Tür der Gottheit wartet, pünktlich, mit beharrlicher Geduld und in aller Demut – glaubt ihr nicht, dass Er dann auf eure demütigen Bitten hören wird? Ganz bestimmt wird Er es tun. Darum wartet geduldig und schaut nach innen.

Wartet mit vollkommener Selbsthingabe, um den Willen des Herrn zu empfangen. Was immer Er tut, wird ganz in eurem Interesse sein.

Systematisch, genau wie ein kluger Architekt, der Stein auf Stein das spirituelle Gebäude errichtet, ermahnt uns Soami Ji zu unserem Besten, dass wir Geduld und innere Beharrlichkeit entwickeln und lernen sollten, uns dem Göttlichen Willen und Wohlgefallen vollkommen zu unterwerfen und alle Begebenheiten, wie sie auf uns zukommen, in unserem spirituellen Interesse anzunehmen.

Wie ihr wisst, werden wir dauernd zwischen zwei falschen Drachen hin und her gezerrt, von denen einer die Vergangenheit und der andere die Zukunft ist. Sehr wenige nur sind so glücklich, dass sie sich einstweilen auf ihren Lorbeeren ausruhen können, um ihre ganze Aufmerksamkeit den Problemen zu widmen, denen sie in der lebendigen Gegenwart gegenüberstehen. Die Mehrzahl der Menschen ist entweder von unwiederbringlichen Begebenheiten der Vergangenheit oder von eingebildeten Ängsten über die unbekannte Zukunft besessen.

Ihr werdet zugeben, dass beides nutzlos und reine Zeitverschwendung ist. Die Vergangenheit ist tot und begraben, und Reue, wenngleich an sich gut, kann nichts heilen oder ungeschehen machen; während die Zukunft hauptsächlich auf den Rückwirkungen des vergangenen Karmas gründet und zum großen Teil davon bestimmt wird, was wir in der lebendigen Gegenwart tun. Wenn wir uns bemühen, in der lebendigen Gegenwart ein gutes, rechtschaffenes und ehrenhaftes Leben zu führen, und wir uns an die Heiligen Gebote der Weisen und Seher halten, brauchen wir an sich wenig Sorge um die Vergangenheit zu haben und uns nicht vor der Zukunft zu fürchten.

Deshalb müssen wir genau auf das achtgeben, was wir säen, und nicht auf die Ernte, denn die Ernte wird von selbst aus der Saat entstehen. Guru Nanak hat so schön gesagt:

Es kann sehr gut sein, sich um Begebenheiten und Ereignisse zu sorgen, die dem Göttlichen Plan entgegenstehen, aber was bestimmt ist, wird natürlich trotz uns geschehen.

Lernt die Heilige Technik, nur eine Sache zu einer Zeit zu tun, mit zielbewusster, vollständiger und ungeteilter Aufmerksamkeit. Auf diese Weise werdet ihr viel mehr in weniger Zeit schaffen und auch mit weniger Anstrengung. So sagt uns der Meister, dass alles, wofür wir zu sorgen haben, unsere spirituelle Vervollkommnung ist, und dass wir den mechanischen Ablauf des vom Schicksal bestimmten Karmas annehmen sollten, da er genau das ist, was wir für die Befreiung der Seele benötigen. Auf diese Weise werden wir einen Zustand beständiger Zufriedenheit entwickeln, der in den Heiligen Meditationen hilfreich sein wird.

Dein Verstand ist irregeleitet, und das lasterhafte Gemüt wird schlechter.

Hier erinnert uns der Meister noch einmal daran, dass das Gemüt sehr schlecht und listig ist, denn es ist nicht bereit, die Botschaft des Gurus anzunehmen, wie vernünftig sie auch immer sein mag. Obschon es recht gut weiß, dass es die Ratschlüsse des Himmels auch durch noch so viel Wunschdenken nicht verhindern kann, fährt es fort, auf andere Weise zu planen und zu manövrieren. Unser Verstand, endlich und begrenzt wie er ist, kann die subtile Tätigkeit des Gemüts, das endlos weiterdenkt, unmöglich verstehen. Das einzige Heilmittel zur Zähmung des hydraköpfigen Gemüts ist das Heilige Naam. Wenn es mit dem Tonstrom und dem Heiligen Licht des Himmels in Verbindung kommt, wird es fügsam und vergisst alles um sich her. Dies ist das höchste Heilmittel für alles Übel der Welt, ein Mittel, das alle Krankheiten des Körpers und des Geistes heilt. Wenn man ihm regelmässige Dosen der Himmlischen Musik, die vom Thron Gottes ausgeht, verabreicht, wird das Gemüt frei von allen, niedrigen Neigungen und beginnt sich der höheren, unfassbaren Glückseligkeit Göttlicher Trunkenheit zu erfreuen und zu entzücken, welche die größte Gabe des Meisters ist. Stimmt niemals dem zu, was das Gemüt diktiert, denn es hat hundert und mehr Mittel, euch im physischen Körper und auf der irdischen Ebene festzuhalten.

Sieg über das Gemüt ist Sieg über die Welt. Das Maß, mit dem ihr euren spirituellen Fortschritt messen könnt, wurde euch in Form eines Tagebuchs zur Selbstprüfung gegeben; so könnt ihr die Dinge zweifellos selbst beurteilen und sehen, wie weit ihr auf dem Pfad vorangekommen seid.

Ihr könnt das Mysterium nicht verstehen, da ihr in der Täuschung feststeckt.

Hier vermittelt uns der Meister eine andere erhabene Wahrheit, indem Er uns sagt, dass wir in einem Spinnengewebe gefangen sind, weil wir ein riesiges Netz von Bindungen gewoben haben, mit dem wir uns selbst im Sumpf der Täuschung und des Betruges gebunden halten. Wie eine Spinne aus ihren eigenen Sekreten feine Fäden webt und sich darin verstrickt, so hat unser Gemüt eine unnötige Bindung an den physischen Körper und das, was ihm verwandt ist, entwickelt. Wisst ihr, was Maya2 oder der Täuschung zugrunde liegt? Ihre Wurzeln liegen im physischen Körper, wo sie entsteht und sich rundherum ausbreitet wie ein gigantischer Upasbaum3. Wir vergessen leicht, dass wir beseelte Körper und nicht nur physische Körper sind. Die physische Ebene wird nur durch die Seelenströme belebt, die sie voll und ganz durchdringen; und sie wiederum erhalten ihre Nahrung von einem Höherem Lebensprinzip, das als Naam oder Wort bekannt ist. Solange diese Göttliche Kraft in uns wirkt, leben wir. Sobald diese Kraft zurückgezogen wird, fällt das ganze Gebilde wie ein Kartenhaus zusammen. Und darum heißt es:

Du bist Staub und wirst wieder zu Staub werden.

Dabei sind wir in unserer alltäglichen Rede und in unserem Verhalten so gefühlvoll, dass wir ‚mein Turban‘, ‚meine Schuhe‘, ‚mein Mantel‘ sagen, weil wir diese Dinge ablegen können, wie und wann wir es wollen. In der tatsächlichen Praxis jedoch haben wir niemals erkannt, dass wir die Fähigkeit haben, das physische Gewand abzulegen, das unsere Seele umhüllt. Wo die Philosophien der Welt enden, dort beginnt die wahre Religion. Der Meister gewährt uns diese einzigartige Erfahrung vom Tod im Leben, indem er uns hilft, uns über das Körperbewusstsein zu erheben. Diese einzigartige Kraft, die uns die Rettungsleinen im Inneren enthüllt, unterscheidet den liebenden Meister von allen anderen Lehrern, Gefühle, Gemütsbewegungen und Schlussfolgerungen auf der Ebene des Verstandes – alle sind dem Irrtum unterworfen. Sehen steht über allem. Wenn ihr selbst seht, dass ihr der Bewohner des physischen Hauses seid und nicht das bewohnte Haus selbst, was ihr bisher fest geglaubt habt, dann wandelt sich euer Blickpunkt völlig und ihr beginnt, alles aus anderer Sicht zu sehen. Denn allein die Widerspiegelung eures eigenen Seelenstromes, wenn er sich an etwas bindet, gibt euch ein Gefühl von Freude oder Genuss. Ein Beispiel: Ihr sitzt in einem Opernhaus und genießt zusammen mit all den anderen, die dort sitzen, die Vorstellung. Das Spiel hat begonnen, und jeder ist in das sogenannte Vergnügen vertieft. Ganz plötzlich kommt ein Bote in den Saal und bringt euch die Nachricht, dass euer Sohn vom Hausdach gefallen ist und bewusstlos daliegt.

Trotz dieser quälenden Nachricht geht das Spiel weiter, aber eure Aufmerksamkeit ist nun abgelenkt und ihr seid durch die große Verbundenheit mit eurem verletzten Sohn von Sorge überwältigt, mit der Folge, dass dieselbe schöne Vorstellung, die eure Aufmerksamkeit zuerst so gefesselt hatte, nunmehr ganz schal und ohne jedes Vergnügen ist. Dies zeigt, dass das Vergnügen nicht in der Vorstellung selbst lag, sondern eine Widerspiegelung eurer ungeteilten Aufmerksamkeit war, die ihr ganz darauf gerichtet hattet. Das gleiche Prinzip wirkt überall und zu allen Zeiten. Der Meister weiß das und sieht es genauso lebendig wirken, wie wir uns gegenseitig sehen. Nun kommt Er zu unserer Rettung und sagt, dass wir unsere Aufmerksamkeit an etwas binden sollten, das von dauerhaften Wesen ist, um uns immerwährenden Glücks oder Seligkeit zu erfreuen. Alles, was wir mit Hilfe unserer physischen Augen sehen, ist immer in einem Zustand beständiger Wandlung und ändert sich dauernd in Form und Farbe.

Der Meister zeigt uns den Ruhepunkt in uns am Augenbrennpunkt und gibt uns die geladenen Namen, und die nach außen strebenden Sinnesströme an diesem Zentrum zu sammeln, damit wir uns auf die immerwährende Quelle Göttlicher Verzückung einstimmen, die bereits in uns ist, aber in den unbeschränkten Tiefen des Gemüts verloren ging. Dieses ungeschriebene Gesetz und diese ungesprochene Sprache werden dem Schülerkind offenbart und enthüllt und befähigen ihn, unter der beschützenden Führung des Meisters ein Leben dauernder Glückseligkeit zu führen. Dies ist das Geheimnis eines jeden spirituellen Erfolgs; und Er ordnet an, dass alle Anstrengungen gemacht werden sollen, um dieses innere, beredte Schweigen oder diesen strahlenden Ton am Sitz der Seele wiederzuerlangen, der jetzt unter der drückenden Last von Gemüt und Materie verdeckt liegt. So ist es von äußerster Wichtigkeit für uns, das große Mysterium der Lebendigen Lebensprinzipien4 zu verstehen, die der Meister so gnädig offenbart und die wir in der äußersten Knechtschaft innerhalb der vielfältigen Begrenzungen des physischen Körpers und der ihm anhaftenden Bindungen verloren haben.

Seid dessen sicher und vertraut ganz darauf: es gibt keinen anderen als den Meister, Der wahrhaft mit euch fühlt.

Nun mahnt der Meister, dass wir aus diesem Grunde tiefes Vertrauen in die Kompetenz des Meisters haben sollten, die einzigartig und beispiellos ist. Niemand kann euch hinreichend helfen, euch aus dem Zustand völliger Hilflosigkeit und äußerster Hoffnungslosigkeit befreien. Jene, die gehorsam und innerlich ergeben sind, werden stark im Glauben, wenn sie selbst sehen, dass der Meister alles in allem ist, hier und danach. Wir wissen mit Seiner Gnade, dass der Meister das Personifizierte Wort ist – das Wort wurde Fleisch – und es durch Seinen Willen geschieht, dass sich das Heilige Naam oder die sich zum Ausdruck bringenden Gotteskraft enthüllt und offenbart. Wir sollten immer zum Meister aufschauen, damit Er uns innen führt, wie es niemand sonst kann. Es ist daher von größter Wichtigkeit, dass wir ständig auf den Meister ausgerichtet sind, Dem wir immerwährende Treue schulden; und wir sollten keinem erlauben, zwischen Ihn und uns zu treten. Alle Glaubensbrüder und Schwestern sollten für diesen höchsten Zweck des Lebens zusammenarbeiten und sich selbst auf keine Weise gestatten, von irgend jemand abgelenkt zu werden, ganz gleich, wie hoch entwickelt und entfaltet einer auch erscheinen mag. Nur durch einen ungeteilten und liebevollen Gehorsam wird das Meer des Mitleids und der Barmherzigkeit im Innern bewegt; und der gnädige Meister lässt dem Schüler Seinen gütigen Schutz und rechtzeitige Hilfe zukommen, ob er es weiß oder nicht.

Schaue hingebungsvoll auf die Tür des Meisters und richte deine Aufmerksamkeit auf den Tonstrom, der von dort kommt.

Hier wird die Technik besprochen, wie man sich nach innen wendet. Der Meister weist uns an, auf die Tür des Meisters innen am Augenbrennpunkt zu schauen und die Seele durch vollkommene Versenkung und ungeteilte Hingabe auf den Heiligen Tonstrom einzustimmen, der von dort kommt. Wir sollten mit gespannter Aufmerksamkeit in das innere Licht schauen und auf den inneren Ton hören. Wenn ihr euch auf diese Weise ganz in die Himmlische Musik vertieft, wird sie stärker werden, zuletzt von oben kommen und euch ins Jenseits tragen. Ihr mögt vielleicht fragen, warum der Shabd Dhun – der Tonstrom – jetzt noch keine magnetische Anziehungskraft ausübt. Das ist ganz einfach. Ihr wisst, dass Eisenspäne, wenn sie in der Nähe eines Magneten liegen, sogleich von ihm angezogen werden; wenn aber zwischen ihnen und dem Magneten etwas Erde liegt oder wenn die Späne selbst mit Rost bedeckt sind, kann sie der Magnet, auch wenn er dicht daneben liegt, nicht anziehen. Ähnlich liegt der Fall mit der Seele, die noch nicht völlig von den Verwicklungen des Gemüts und der Materie befreit ist. Der Heilige Tonstrom gewährt ihr eine Behandlung, die sowohl heilsam als auch nachhaltig ist. Es ist ein Reinigungsprozess, für den der Zeitfaktor unbedingt notwendig ist. Nur durch dauernde und geduldige Praxis lernen wir, die Aufmerksamkeit an das Heilige Naam im Innern zu binden; und wenn sie einmal gelernt hat, sich vom Tonstrom tragen zu lassen, wird Er sie in kurzer Zeit in höhere spirituelle Regionen erheben.

Außer Shabd gibt es keinen anderen Weg, um von den Verwicklungen des Körpers frei zu werden.

Das Heilige Naam ist der einzige erprobte Weg, der uns aus dem Flugsand der Täuschung herausführen kann. Ihr habt gesehen, dass alle menschlichen Anstrengungen auf der intellektuellen oder auf der Sinnesebene nicht helfen können, uns über das Körperbewusstsein zu erheben und uns auf das Heilige Wort einzustimmen. Das Heilige Shabd ist das Göttliche Prinzip, das uns allein aus dem Netzwerk von Gemüt und Materie befreien kann. Alle früheren Meister bezeugen diese große Wahrheit. Soami Ji selbst hat das gleiche Thema auch an anderer Stelle in Seinen Schriften behandelt und sagt:

Neben dem Heiligen Wort gibt es keine andere Methode, durch die ihr von den Begrenzungen des physischen Körpers befreit werden könnt.

Shabd ist die einzige erprobte Medizin und wurde bei der Gewährung spiritueller Befreiung für höchst wirksam befunden.

Darum nimm den Schlüssel vom Meister und öffne die verschlossene Tür, um den Tonstrom zu empfangen.

Soami Ji betont noch einmal die Bedeutung des gnädigen Meisters, der den Schlüssel hat, der den Weg ins Jenseits öffnet. Er sagt, das ist der Grund, warum ich euch nochmals rate, die Tür innen zu öffnen, indem ihr den Schlüssel vom Meister nehmt, Der euch den Tonstrom offenbaren wird. Hier wird der physische Körper als ein Gefängnis beschrieben, das durch die Vorsehung verschlossen ist. Ihr wisst, dass es neun Öffnungen oder Tore in der Körperzitadelle gibt und die gefangene Seele dennoch nicht entkommen kann. Es gibt eine Kraft im Innern, Die sie kontrolliert und erhält. Die zehnte Tür, die ins Jenseits führt, ist vom Schöpfer verschlossen worden. Um das verschossene Haus zu öffnen, müsst ihr euch nach dem Besitzer des Hauses umsehen, Der kein anderer ist als Gott selbst. Niemand sonst kann euch Zutritt ins Jenseits gewähren. Eben diese Gotteskraft, Die in einem auserwählten menschlichen Körper wirkt, Der als der Lebende Meister bekannt ist, öffnet die schwere Gefängnistür, die euren Weg blockiert. Gewöhnlich würdigen wir die Erhabenheit und Größe des Meisters nicht, Der voller Mitleid das Goldene Tor aufreißt, das den Weg zu eurem Göttlichem Erbe im Innern verschließt, wenn Er euch bei der ersten Sitzung bei der Initiation einen flüchtigen Blick darauf gewährt und euch mit den Mitteln versorgt, den Weg im Innern zu finden.

Es ist der Höhepunkt der Göttlichen Gnade, wenn einer vom Meister angenommen und initiiert wird. Jene von euch, die den Vorzug haben, durch Seine Gnade nach innen zu gelangen, wissen selbst, welche Gunst und höchste Seligkeit ihnen zuteil wurde. Der Meister ist tatsächlich ein Meister für alle Zeiten und Erdteile, und das wachsende Schülerkind wird nach und nach mit der Heiligen Gabe des rechten Verstehens gesegnet, wenn es durch liebevollen Gehorsam und demütiges Bitten vorwärts strebt und mit seinem Strahlenden Begleiter von Ebene zu Ebene gelangt.

Betritt nun die Wohnstatt des Herrn, indem du dich dem Meister hingibst; denn für eine solche Seele gibt es das Schild ‚Keinen Zutritt‘ nicht.

Der Gurmukh – der wahre Schüler des Meisters – wird mit der inneren Umkehr gesegnet, denn es gibt nichts, das ihn hindern könnte, die ewige Heimat seines Vaters zu betreten, da er den Pass in Form der heiligen, geladenen Namen bekommen hat und dem Willen des Meisters gehorcht. Ihr sollt wissen, das Gurmukh ein sehr bedeutsamer Begriff in der Terminologie der Meister ist. Gurmukh bedeutet das Sprachrohr des Gurus, gerade wie Paulus sagte:

Ich bin es, doch nun nicht ich, sondern Christus lebet in mir.

Nur durch die vollständige Übergabe an den inneren Meister in Seiner Strahlenden Form wird man ein Guruman oder Gurumukh. Die Astralebenen innen sind mit sehr subtiler Maya durchsetzt, worin es zahllose Hindernisse für die Seele gibt, wenn ihr nicht die beschützende Führung durch die Meisterkraft gewährt wird.

Ihr wisst, dass es überall eine grosse Zahl verschiedener Organisationen gibt, die damit beschäftigt sind, eine mentale Befriedigung zu geben und sich als Spiritualisten ausgeben. Sie wissen nicht, dass das, was sie bekennen und ihren Anhängern versprechen, alles trügerische Illusionen sind und dazu angetan, die Seele weiter gefangen zu halten. Die Negative Kraft hat ein gewaltiges Herrschaftsgebiet, sie verschlingt die ersten drei Ebenen; und jene, die den Verlockungen ihres Gemüts zur Beute fallen – ob feinstofflich oder kausal – werden in feineren Fesseln gefangen. Die Meister der höchsten Ordnung, die in der Vergangenheit kamen, haben in Form ihrer kostbaren Erfahrungen einen nützlichen Schatz zu unserer Führung hinerlassen, so dass wir sicher in ihre Fußstapfen treten können. Völlige innere Umkehr, um der Strahlenden Form des Meisters innen bei vollem Bewusstsein zu begegnen, ist die Schwelle der inneren Reise. Ein entwickelter Initiierter wird zu gegebener Zeit mit diesem seltenen Vorrecht gesegnet, und dann nimmt die Strahlende Form des Meisters die Pilgerseele bei der Aufwärtsreise in Ihre Obhut.

Jene, die ihrem eigenen Gemüt gehorchen und sich den Sinnen hingeben, können sich trotz aller Anstrengungen nicht über das Körperbewusstsein erheben.

Jene, die von ihren Gemütsimpulsen geleitet werden, sind als Manmukhs bekannt. Diese Menschen können sich nicht über das Körperbewusstsein erheben. Sie versuchen es von Zeit zu Zeit, stellen aber ihr Gemüt stets über den Meister, was zur Folge hat, dass sie immer wieder hilflos fallen. Wenn sie ihr tiefes Vertrauen in die Kompetenz des Meisters festigen könnten und sich weniger auf ihr eigenes intellektuelles Urteil verlassen würden, könnten sie mit dem seltenen Vorrecht der inneren Umkehr gesegnet sein, um sich höchster Glückseligkeit zu erfreuen.

Sie halten sich an kein Geheiß des Meisters; wie kann der Meister es ihnen verständlich machen? Sie wollen die Führung des Gemüts nicht aufgeben, sondern bemängeln den Meister.

Diese Lieben können nicht innere Stille und Schweigen erlangen. Der Meister versucht es ihnen auf die eine oder andere Weise verständlich zu machen, aber sie sind so erfüllt und berauscht von ihrer mentalen Geschäftigkeit, dass sie die Größe und Erhabenheit des Heiligen Pfades nicht verstehen. Bitte versteht, dass das Gemüt seine verschiedenen Gewohnheiten hat, an denen es festhält. Im allgemeinen merken wir erst, wo der Schuh drückt, wenn wir versuchen, uns still hinzusetzen. Das Alphabet der Spiritualität beginnt mit dem inneren Schweigen, das notwendigerweise Einsamkeit und Abgeschiedenheit erfordert. Nur in diesen heiligen Augenblicken des Schweigens können wir die grundlegenden Prinzipien der Spiritualität verstehen und ihre rechte Bedeutung aufnehmen.

Die Negative Kraft errichtet zwei starke Hindernisse auf dem Weg, die den Initiierten des Meisters begegnen.

  1. Erstens wird das Gemüt stets die Wirksamkeit der Heiligen Meditationen anzweifeln und damit beginnen, sie zu unterlassen um sich abwechselnden Beschäftigungen hinzugeben, indem es sie durch mechanisches Lesen der Heiligen Schriften ersetzt und so weiter.

  2. Zweitens wird es das Argument vorbringen, nach dem es für sie oder ihn nicht mehr nötig ist, den Meister anzurufen, da die Initiation als solche für den Fortschritt auf dem Weg zurück in die Heimat des Vaters genügt.

Selbstzufriedenheit verzögert den inneren Fortschritt. Wir leben auf einer Ebene, die von der Negativen Kraft regiert wird und auf der das unerbittliche Gesetz des Karmas uneingeschränkt wirkt. Das Gemüt ist das Werkzeug dieser Negativen Kraft, und es wird euch auf die eine oder andere Weise verstrickt halten, damit ihr an die vielen Begrenzungen des Körpers und die weltlichen Besitztümer gebunden bleibt. Ein solch skeptisches Gemüt wird, anstatt etwas Nützliches zu tun, den Meister und Seinen Pfad kritisieren.

Sie richten sich nicht nach den Instruktionen des Meisters – wie können sie da spirituellen Vorteil erlangen? Sie werden unter der Herrschaft von Yama5 hin und her geworfen.

Hier offenbart der Meister die nackte Wahrheit, die gewöhnliche Menschen nicht fähig sind zu verstehen. Er sagt uns, dass die Manmukhs oder jene, die von ihrem geblendeten Gemüt beherrscht werden, nicht an die Heiligen Worte des Meisters glauben und sich Seinen Lehren nicht anpassen wollen. Eine solche Lebensweise wird schließlich in der letzten Stunde des Todes im Elend gipfeln, wenn sie mit dem Todesengel, der als Yama oder Yamraj bekannt ist, gehen müssen. Die Initiierten des Lebenden Meisters haben ein seltenes Vorrecht, denn ihnen wird zur Zeit ihres letzten Abgangs von dieser Welt Göttlicher Schutz gewährt. Diese entwickelten Seelen werden im letzten Augenblick von der Strahlenden Form des Meisters begrüßt, Der sie in das Reich der unvermischten Harmonie und Glückseligkeit geleitet, zum weiteren Fortschritt auf dem Pfad, wie es für den einzelnen notwendig ist, Es gibt lebendige Beispiele solcher Begebenheiten, wo jene, die den Erdenplan auf immer verließen, für die Gegenwart des Meisters Zeugnis ablegten und durch Seine wohlwollende Gnade einen glücklichen Übergang hatten.

Radhasoami sagt: Hört ihr alle, befreundet euch mit dem Gemüt und geht euren Weg.

Zum Schluss gibt uns Soami Ji einen weisen Rat. Das Gemüt ist zweifellos unser Feind und auch an Stärke zu überlegen, um es zu vernichten. Es ist eine von Soami Ji eingeführte Neuerung, wenn er sagt, wir sollten uns mit dem Gemüt befreunden, dem Werkzeug der Negativen Kraft, das in seinem gegenwärtigen Zustand ein Feind der Seele ist. Statt es von allen Seiten und zudem vergebens zu bekämpfen, können wir auf freundschaftliche Weise den besten Gebrauch von ihm machen. Ihr wisst, dass das Gemüt gerne ausgetretene Wege beschreitet, das heisst, es schafft Gewohnheitsrillen und handelt dann ganz mechanisch immer auf dieselbe Weise. Seht einmal bei euch selbst, wenn ihr irgend etwas zu einer bestimmten Zeit tut und fortfahrt, es tagelang zur gleichen Zeit zu tun, dann bildet sich eine Gewohnheit; und nach einiger Zeit gehört sie zu eurem üblichen Tagesablauf.

Somit ist das der leichteste Weg, diesen mächtigen Idioten zu überwältigen, anstatt mit ihm einen völlig ungleichen Kampf auszutragen. Wir können seine Schwäche zu unserem Vorteil nutzen, indem wir eine regelmäßige Zeit für die Meditationen einsetzen, und zwar zu einer festgelegten Zeit, mit frommen Eifer und Pünktlichkeit. Ihr werdet sehen, dass euch die inneren Offenbarungen nach einiger Zeit mit etwas weit Überlegenerem ausrüsten; und das Gemüt selbst, das die Umkehr übelzunehmen pflegte, wird auch anfangen, Gefallen daran zu finden und allmählich seine früheren Vergnügungen aufgeben. Der Meister gibt uns eine sichere Methode zur Lösung dieses Rätsels, das wir so leicht und interessant lösen können, indem wir mit dem Gemüt ein freundschaftliches Bündnis eingehen, anstatt es zum hartnäckigen Gegner zu machen.

Soami Ji Dayal Singh Ji war ein Meister des 19. Jahrhunderts, und der Begriff Radhasoami 6 wurde von Seinem geliebten Schüler Rai Saligram Ji geprägt, der Ihm in Agra nachfolgte. In Seinen Originalschriften pflegte Soami Ji jede Seiner Abhandlungen mit den Worten Satguru Soami oder Sahib Soami zu beschließen – was Wahrer Meister und Herr oder Höchster Herr von allen bedeutet – die auch schon Sein Vorgänger Tulsi Sahib gebrauchte. Aber später verkündete Rai Saligram, der ein gottberauschter Weiser war, den Namen ‚Radhasoami‘ und fügte den vielen Namen des Namenlosen einen weiteren hinzu, der Herr der Seele bedeutet. Dieser Name wurde anstelle der Originalnamen in die Heiligen Schriften gesetzt. Zu eurer Information und Führung sei gesagt, dass der Radhasoami-Glaube keine neue Religion ist, sondern ein neuer Begriff, den die Anhänger von Soami Shiv Dayal Singh verkündeten. Er ist seinem Wesen nach nicht mehr und nicht weniger als die uralte Wissenschaft der Seele, die durch das geheiligte Forum des Ruhani Satsang7 in ihrer ursprünglichen Glorie fortgeführt und aufrechterhalten wird.

Hiermit schließe ich meine Rede und wünsche euch allen eine glückliche Reise auf dem inneren Pfad der Spiritualität. Meine Liebe und besten Wünsche gehen zu euch allen, wo immer ihr sein mögt. Ich danke euch.

Einige Worte seien als Botschaft hinzugefügt:

Liebt Gott, liebt die ganze Menschheit, und liebt euch untereinander. Ihr habt Liebe für mich und ich habe Liebe für euch. Wenn ihr mich liebt, dann haltet meine Gebote.

 

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Fußnote: 1) Rundschreiben Nr. 22 vom 26. Juli 1962. 2) Illusion; der sogenannte feminine Aspekt von Kal, der für die Vernebelung des Bewusstseins in den unteren Welten verantwortlich ist, sodass die individuellen Formen in sich selbst als wirklich erscheinen und die Kraft Gottes, welche den Formen Wirklichkeit verleiht und durch sie wirkt, nicht erkannt wird. 3) Ein asiatischer Baum, dessen Milchsaft äußerst giftig ist. 4) Das innere Licht- und Tonprinzip. 5) Der Todesgott; eine andere Funktion von Kal (Negative Kraft). Für weitere Informationen siehe das Buch ‚Anurag Sagar‘ von Kabir Sahib, 1398–1518. 6) Siehe dazu auch unter dem Button Sant Mat – Soami Ji ‚Erläuterung des Begriffs Radhasoami‘. 7) Dieses Forum galt nur während der physischen Lebenszeit Kirpal Singhs.