Kirpal Singh

Die Lehre der Heiligen

Worte von Kirpal Singh Ji Maharaj

September 1958 – II.Teil

Es heißt, wenn ein Kind unterrichtet werden soll, lernt der Lehrer, der natürlich gebildet ist, mit ihm: „Sage A, B, C.“ Er lehrt das Kind und spricht auch so wie wir Kinder, um uns zu unterrichten. Er begibt sich auf unsere Ebene, um uns zu lehren. Während wir uns dann entwickeln, verändern wir uns auch. Hazur (Baba Sawan Singh) gab immer das Beispiel: in der Grundschule vermittelt der Lehrer Wissen auf dieser Ebene. Wird der Schüler in die zweite, fünfte, siebte oder zehnte Klasse versetzt, wird das ihm übermittelte Wissen jeweils höher. Wenn er das College erreicht, vermittelt ihm der Lehrer eine noch höhere Bildungsstufe.

Das heißt, der Lehrer ist vollkommen. Während er seinen Schüler erhebt, offenbart er dabei sich selbst mehr und mehr. Als ich Hazur am Anfang besuchte und zu Seinen Füßen saß, fragten die Leute mich, wenn ich dann zurückkehrte, wie groß Hazur sei. „Ich weiß nicht, wie groß Er ist“, antwortete ich, „aber eines ist sicher, Er ist größer als das, was ich brauche.“ Er (der Guru) wird immer so groß sein, wie Er sich selbst enthüllt. Je mehr er sich offenbart, desto größer wird Er sein. Wir wissen wenig, denn:

Nur ein Heiliger kennt einen Heiligen.

Jene, die auf der Sinnesebene leben und in die Schleier gehüllt, sich niemals darüber erhoben haben, wissen wenig davon, wer Er ist. Hazur wurde einmal gefragt: „Maharaj, wie sollen wir Dich nennen?“ Er antwortete: „Betrachtet mich als euren Bruder, Freund oder Vater, oder betrachtet mich als Lehrer. Meditiert nach meinen Anweisungen und schaut nach Innen. Wenn ihr dann die Herrlichkeit des Gurus in diesen Sphären seht, nennt mich wie ihr wollt.“ Deshalb denken wir, wann immer wir zu einem Meister gehen, dass Er ein gewöhnlicher Mensch sei. Als ich Hazur das erste Mal besuchte und zu Seinen Füßen saß – Seine Form war mir bereits lange vorher (im Inneren) erschienen, hatte zu mir gesprochen und mich an unbekannte Orte mitgenommen – schaute ich Ihn an und fragte: „Maharaj, warum das? Weshalb so spät?“ „Dies war die rechte Zeit“, antwortete Er. Eines wollte ich noch sagen: Als ich Hazur das erste Mal besuchte, schrieb ich: „Ich bin einer Persönlichkeit begegnet, die sich in der echten Demut eines Guru Nanak bewegt, aber warte, bis du wieder von mir hörst.“ Von Anfang an hatte ich den Grundsatz, nichts zu glauben, bevor ich nicht selbst gesehen hatte – und dies ist genau das, was die Heiligen lehren. Nach zwei Monaten schrieb ich wieder einen Brief: „Jetzt kannst du kommen.“ Wenn sich ein Meister selbst offenbart – sieben Jahre bevor ich zu Ihm ging, hatte Er sich selbst enthüllt – sagt mir, ist Er dann ein Mensch wie alle anderen? Ich zweifle nicht daran, dass Er, der soviel enthüllte, etwas anderes ist.

Gott erschien im Kleid des Menschen.

Zuerst behauptet man, dass Er ein Mensch sei, weil man sich vor dem Shariat (mohammedanisches Gesetz, das Götzenverehrung untersagt) fürchtet. So sagt man. Die Heiligen Männer sind nicht Gott, aber sie sind auch nicht von Gott getrennt. Wenn aber das (Innere) Auge sich öffnet, wird man furchtlos und sagt: Ich sah Gott. Ich sah Ihn wie einen Menschen auf Erden wandeln. Aber wann spricht man so? Wenn das Auge geöffnet ist.

O Gott, Du warst anders als das, was wir von Dir annahmen.

Er nimmt beständig neue Formen an.

Bhai Nandlal Sahib sagt:

Während wir auf Ihn schauen, nimmt Er verschiedene Formen an.

Dies ist eine Sache der Erfahrung. Was ist aber mit einer Persönlichkeit, die diese wunderbaren Kräfte nicht hat? Verzeiht mir. Dies sind Fakten. Wunder sind etwas anderes. Dies ist im Einklang mit dem (Spirituellen) Gesetz. Tatsache ist, dass die Schleier beseitigt werden und unser Auge geöffnet wird, während wir uns über die Ebene des Körpers, des Gemüts und Besitzes erheben, enthüllt Er mehr und mehr von Seinem Glanz.

Deshalb sagte Guru Arjan Sahib:

Ram Das ist kein menschliches Wesen, es ist der Name Gottes, Er ist Gott.

Es heißt:

Er gibt einen Inneren Einblick.

Ihr wisst, was Soami Ji Maharaj sagt:

Dies sind nicht meine Augen, der Meister sieht durch sie.

Er gab seine eigene Erfahrung wieder.

Jene, deren Auge sich öffnet, sagen, Er sei etwas anderes: Er sei kein menschliches Wesen. Wann aber geschieht das? Je mehr Schleier beseitigt werden und das Auge sich öffnet, desto mehr erscheint Er als ein ganz anderer, als man annahm. Ansonsten, entschuldigt, gab es Leute, die Ihn (den Meister) sogar vor Gericht zerrten. Warum klagten sie Ihn an? Sie sagten, dass Er versprochen hatte, Gott zu enthüllen, sie aber nicht mit Ihm verband. Diese Menschen waren es dann, die hierher kamen, um sich zu entschuldigen, wenn sie bewusst wurden. Was ich damit sagen möchte, ist: Erst wenn das Auge geöffnet und der Schleier beseitigt ist, sieht man Licht.

Es gibt die Geschichte von Hazrat Ibrahim Adham. Er reiste auf einem Schiff, auf dem sich auch ein reicher Mann befand. Reiche vertiefen sich üblicherweise in Scherze, Spiele und andere Arten der Unterhaltung. Hazrat Ibrahim aber beteiligte sich nicht daran. Die Akteure sahen, dass er, während alle lachten, unberührt blieb. Sie begannen, ihn zu verspotten. Hazrat Ibrahim berichtet, dass ihm von Innen (von Gott) gesagt wurde: „Schau Ibrahim, sie beleidigen dich. Ich kann es nicht ertragen. Wenn du möchtest, kann ich das Boot umkippen und sie alle ertränken.“ Er erzählt weiter, dass er Gott antwortete: „O Gott, was ist der Fehler der armen Leute? Ihre Augen sind durch Unwissenheit und Täuschung verschleiert. Sei so gütig und beseitige ihren Schleier ein wenig.“ Es wird berichtet, dass sie begannen, ihn um Verzeihung zu bitten, als der Schleier beseitigt wurde.

Damit möchte ich sagen, dass die Meister Verständnis dafür haben, dass diese Menschen sie nicht erkennen. Sie werden deshalb nicht ärgerlich. Die Menschen aber beleidigen und verfluchen sie sogar. Weshalb geschieht das? Wenn Wolken die Sonne oder den Mond bedecken, heißt das dann, dass die Sonne nicht mehr da ist? Es ist eine Frage des Blickwinkels, den man erreicht hat. Was man sieht, ist vom Blickwinkel abhängig. Wo ein Schleier ist, verschwindet der Mond. Wenn kein Schleier da ist, ist der Mond zu sehen. Wenn die Schleier beseitigt sind, versteht man. Deshalb wird erklärt, dass die praktische Erfahrung ein Muss ist. Denkt daran, wenn man sich auf Hörensagen verlässt, wird man fehlgeleitet. Wo Wolken sind, verschwindet die Wirklichkeit. Der Gleiche, der ihnen zuvor als ein Meister erschien, hatte dann für sie den Anschein eines Diebes. Wurde Guru Nanak nicht ein Irreführer genannt? Es hieß, Er führte die Menschen in die Irre. Führte Er sie auf den rechten Pfad oder in die Irre? Jedoch nach Meinung derer, die durch den Schleier des Körpers, Gemüts oder Intellekts bedeckt sind, brachte Er die Menschen vom rechten Weg ab. Solange ihr euch über diese nicht erhebt, wie kann die Wirklichkeit enthüllt werden?

Er sagt:

Verlässt euch der Meister, entschwindet Er? Nein! Er ist mir dir, wenn du in dieser Welt bist, in den Wäldern und Bergen, sogar in der Wüste.

Wenn du diese Welt verlässt, gehst du in die nächste – sei es tot oder lebendig, auch dort findest du Ihn. So sagt Er: „Wenn Er in uns ist, wie können wir Ihn dann sehen?“ Hazur sagte immer: „Wenn der Guru jemanden initiiert, wird Er der ständige Begleiter. Er verlässt Seinen Schüler nicht mehr, bis Er ihn in den Schoß Gottes gebracht hat.“ Warum sehen wir Ihn dann nicht? Er sagt, um diese Schleier zu beseitigen, gibt es nur einen Führer: Ihr könnt es Sehnsucht, Trennung oder Leidenschaft nennen – wo Feuer brennt, kommt Sauerstoff zu Hilfe. Wo Hunger ist, ist Brot. Wo aber kein Appetit ist, was dann? Wenn Sehnsucht da ist, Ihn zu erlangen, zieht man sich unwillkürlich von der ganzen Welt zurück. Selbst die eigenen Familienmitglieder fangen an, einem wie Todesengel zu erscheinen. Wenn so große Sehnsucht da ist, dass man dem Essen, Trinken und Schlafen gegenüber gleichgültig wird, dann erscheint Er. Er war schon vorher da, nur unsere Aufmerksamkeit war nach außen zerstreut. Sie war in weltliche Dinge vertieft. Als sie sich von außen zurückzog, erschien Er.

Hafiz Sahib sagte:

O Bruder, ich sage dir, wenn du Gott erlangen willst, dann verlasse dein Haus, verlasse die Wirrnis der Welt und ziehe dich in die Wälder zurück.

Was aber sagt Bhai Nandlal Sahib, dessen Auge geöffnet ist:

Gott steht hier vor Dir. Schaue Seine Heilige Gestalt an. Er ist nicht in den Wäldern. Warum soll ich in die Wälder gehen, wenn Er vor mir steht?

Was ist also der Unterschied zwischen einem Vollkommenen Meister und uns? Seine Schleier wurden beseitigt. Er ist ein Sprachrohr Gottes. Er wurde von Gott beauftragt, der Welt Erlösung zu bringen. Wir sind noch von den Schleiern umhüllt und eingeschlossen. Auch der Schüler findet heraus, dass der Meister in ihm ist: „Ich bin es, doch nun nicht ich, Christus lebt in mir.“

Mein Herz ist so sehr von meinem Geliebten erfüllt, dass ich nicht weiss, ob Er es ist, oder ich.

Das ist das Geheimnis der Hingabe an den Guru. Er ist ein Gott-Mensch, Gott plus Mensch. Wenn ich ein Gott-Mensch werde (Gurumukh, Ergebener des Meisters), ist Gott dann in mir oder nicht?

Guru Amar Das Ji sagte:

Wir können den Wahren Gott durch Hingabe an den Guru finden.

Es ist leicht, nach Innen zu gehen. Verzeiht, wir aber vergießen Tränen und machen uns Sorgen wegen unseres Lebensunterhaltes und anderer familiärer Angelegenheiten. Aber haben wir jemals Sehnsucht nach Gott gehabt? Wie sollte Er dann kommen? Er kommt, Er ist sogar jetzt schon da, aber nur für jene, die nach Innen schauen. Er ist mit demjenigen, der die Initiation erhalten hat. Solange keine Sehnsucht da ist, könnt ihr Ihn nicht erkennen. Ihr könnt euch von außen nicht zurückziehen, solange ihr keine Sehnsucht habt. Die ganze Welt ist im Äußeren vertieft. Wenn aber die Schleier beseitigt werden, erscheint Er. Er ist nicht fern von uns.

So wird gesagt:

Wenn wir Sehnsucht haben und unsere Augen schließen, erscheint Er sofort.

Es ist nicht einmal notwendig, die Augen zu schließen. Er erscheint sogar (den physischen Augen sichtbar). Er sitzt und diktiert Bücher. Er erzählt Geschichten. Ich erhalte Briefe, in denen es heißt: „Jeden Morgen sitzt der Guru neben mir und diktiert mir (Bücher etc).“ So erscheint Er sogar, wenn unsere Augen nicht geschlossen sind, aber nur wenn kein Schleier zwischen Ihm und uns ist. Wann geschieht das? Wenn nur mehr Er da ist.

Erst wenn man alle Verhaftungen lässt, kommt Er (der Kompetente).

Der Guru ist nicht fern. Denkt daran, dass der Guru nicht der menschliche Körper ist. Unterliegt nicht diesem Missverstehen. Er hat einen Körper. Die Gurukraft, Gotteskraft wirkt im Pol des Körpers – jene Kraft ist der Guru. Denkt daran: Wer kann euch mit Gott verbinden? Er (Gott) hat keinen zweiten. Niemand ist Ihm gleich, Er hat keinen Bruder, keinen Freund. Wer wird uns dann mit Ihm verbinden? Wir müssen sagen, wenn Er Sich Selbst in einem Pol offenbart, in einem menschlichen Körper erscheint, nennt Er Selbst Sich Diener der Menschen und verbindet uns immer mit Gott. Welch einfacher Weg! Er klärt in ganz einfachen Worten das, was in den Schriften als sehr komplizierte Sache erscheint. In wenigen Minuten erklärt Er diese undurchschaubaren Themen. Er erklärt es sogar nur mit Hinweisen. Er hat einen klaren Überblick, denn Er spricht allein von dem, was Er gesehen hat.

Gefühle, Emotionen und Schlussfolgerungen, die durch intellektuelles Ringen erlangt wurden, sind alle dem Irrtum unterworfen. Zu fühlen, dass Gott überall ist, weil es Ihn gibt, ist eure eigene Einbildung. Warum Schlussfolgerungen ziehen, um dann danach zu tanzen? Da dies eine Sache des Sehens ist, steht Sehen über allem.

Wenn ihr eine Erfahrung erlangt, ist alles klar.

Er hat ein klares Verstehen aller Schriften. Er sieht alle Veden und Shastras. Lies Ihm irgendeine Schrift vor, Er wird die Bedeutung davon erklären. Er mag die Sprache jener Schrift vielleicht nicht kennen, aber Er hat einen Bezug dazu und weiss, was gemeint ist. Er wird es auf die rechte Art interpretieren, denn er spricht von dem, was Er Selbst gesehen hat. Die Schriften berichten eine Menge über jene Meister. Sie hatten gesehen; sie waren Meister der Erfahrung.

Hört auf das Zeugnis der Heiligen. Was Sie sagen, ist die Wahrheit, denn sie beschreiben, was sie selbst gesehen haben.

Die Beschreibung von dem, was man gesehen hat, ist anders als von dem, was man gelesen hat, nicht wahr? Kabir Sahib sagte zu einem Pandit:

Du sprichst von dem, was du gelesen hast, und ich spreche von dem, was ich gesehen habe.

Werden die beiden Aussagen sich daher unterscheiden oder nicht? Deshalb sagen die erfahrenen Meister: „Die Schriften sind nicht falsch. Ihr Studium enthüllt wichtige Geheimnisse. Die erfahrenen Meister verstehen sie. Sie sagen: Hier habt ihr die rechten Anweisungen. Andere Anweisungen. Andere aber folgen dem ausgetretenen Pfad und verschwenden so ihr Leben, ohne die Wirklichkeit zu erlangen. Ihr findet Ihn also mit offenen Augen, verzeiht, auch mit geschlossenen Augen kann man Ihn finden.“

Der Vater möchte immer, dass Sein Kind glücklich ist. Ist das Kind betrübt, ergreift Er die Initiative und fragt was mit ihm geschehen ist.

Er ist aus tiefstem Herzen am Wohlergehen des Kindes interessiert. Das ist eine Tatsache. Und selbst wenn es nicht so wäre, kommt dann nicht jemand, um zu helfen? Hazur erzählte immer die Geschichte von Hazrat Junaid, der ein Moslem-Heiliger in Persien war. Während Er am Fluss Dajla entlangritt, wurde Sein Pferd widerspenstig. Es wollte nicht in die Richtung, in die Er es lenken wollte. So dachte Er, lass es dorthin gehen, wohin es will. Das ganze Land gehört Gott, lass es irgendeine Richtung einschlagen. Das Pferd galoppierte und vor einer Höhle in den Bergen hielt es an. Hazrat Junaid ging hin und bemerkte einen Mann, der dort saß. „Bruder“, fragte Er ihn, „was ist los?“ Dieser antwortete: „Ich war auf der Suche nach einem Meister. An verschiedenen Orten suchte ich nach Ihm, konnte Ihn aber nicht finden. Da entschloss ich mich, dort hinzugehen, wo mich keiner finden konnte, und zu warten.“ Hazrat Junaid tröstete ihn und fragte, ob er Ihn (den Guru) nun gefunden habe? Selbst wenn ihr alle Hoffnung verliert und euch verzagt fühlt, verlässt Er euch nicht. Er sieht, dass ihr Sehnsucht danach habt, die Wahrheit zu finden. So kommt Er.

Er sagt:

In meinem Gedanken und meiner Vorstellung spreche ich mit Ihm, und ich erfreue mich Seiner Begegnung.

Wenn alle anderen Dinge weichen, keine Wünsche, nichts mehr da ist, sollte man mit Ihm reden. Die ganze Welt weicht, er denkt nur an Ihn allein. Wenn ihr in den Heiligen vertieft seid, empfindet ihr Glückseligkeit, ist es nicht so? Wie ihr denkt, so werdet ihr. Ihr werdet Seine Eigenschaften annehmen.

Die Meister-Kraft verlässt dich niemals. Nicht der menschliche Körper, sondern die Kraft, die darin wirkt, ist unvergänglich. Der Körper vergeht, doch die Kraft bleibt bestehen.

Die Heiligen sind überfließende Schalen des Duftes und der Liebe Gottes.

Wenn ihr in ihrer Gemeinschaft verweilt, entsteht Interesse und Zuneigung, und daraus ensteht Liebe. So ist es nur natürlich, dass ihr, wenn ihr in der Gemeinschaft solcher Menschen sitzt, zu Ihm (Gott) hingezogen werdet. So denkt an Ihn! Es wurde erwähnt, dass ihr selbst dann Seine Berauschung erhaltet, wenn ihr nur von Ihm gehört habt und an Ihn denkt (aber es sollte ein Wahrer Meister sein). Oft wird in Briefen berichtet, dass Menschen, die Ihn vorher nie sahen, sich Seiner Begegnung erfreuten. Wenn ihr nur über den Namen meditiert, seht ihr Ihn im Inneren. Dies ist eine Gesetzmäßigkeit, kein Wunder. Es gibt verborgene Gesetze in der Natur. Wir sind uns dieser Gesetze nicht bewusst. Schaut, das Radiogerät empfängt Töne aus Tausenden von Meilen. Wenn die Herzen empfänglich werden, wenn kein Schleier zwischen Schüler und Guru ist, wenn Sehnsucht da ist, dann sieht der Schüler IHN. Sehnsucht ist eine Notwendigkeit. Solange keine Sehnsucht da ist, erscheint Gott nicht. Wenn Früchte bringende Bäume blühen, hoffen wir, dass sie bald Frucht tragen werden. Wenn sie aber keine Blüten haben, wird es auch keine Frucht geben. Dies sind die Blüten. Sehnsucht oder das Verlangen Ihm zu begegnen, ist der erste Schritt. Das sind die Vorboten. Wo Sehnsucht ist, kommt Er. Wir aber verlangen nach weltlichen Gütern. Nun, ich frage euch, habt ihr je schlaflose Nächte für Gott verbracht?

O Brüder, solche Vollkommenen Meister verlassen euch nicht.

Sie gehen nirgendwo hin. Unsere Körper werden wir verlassen, aber Er verlässt uns nicht. Sogar jetzt ist Er nicht irgendwo – Er ist in euch. Zieht euch von außen zurück, dann könnt ihr Ihn wirklich vor euch sehen. Ihr könnt Ihn auch sehen, wenn ihr eure Augen schließt. Vielleicht erinnert ihr euch, dass ihr mir, als ich in Amerika war, eine telegraphische Botschaft geschickt habt, dass einige Ihn im Inneren gesehen hatten. Das ist ein Naturgesetz. Einer wirkt an vielen verschiedenen Orten. Aber wo geschieht das? In dem Pol, in dem diese Kraft wirkt.

Wenn du in Gedanken an Ihn vertieft bist, bleibt nichts mehr zwischen dir und Ihm.

Sie sagen, Er kommt und hält deine Hand.

Hazur sprach manchmal von Laila. Einmal war sie auf dem Weg, um Majnu zu treffen. Auf dieser Straße sprach ein Quazi gerade seine Gebete. (Wenn ein Mohammedaner seine Gebete „Namaz“ verrichtet, zieht er eine Abgrenzungslinie „had-i-mafasil“– zum Zeichen, dass nun nichts zwischen ihm und Gott ist.)  Laila war aus Liebe (zu Majnu) berauscht. Sie ging ihres Weges mitten durch das „had-i-mafasil“. Der Quazi Sahib war erzürnt. Er verfluchte sie, sie jedoch ging ihres Weges. Als sie zurückkam, sah der Quazi sie und dachte sich, dass sie ihn vielleicht töten lasse werde (da sie eine Prinzessin war). Er bat sie um Vergebung und sagte, er sei der Schuldige. Er flehte sie an, Mitleid mit ihm zu haben und ihm zu vergeben. „Was ist deine Schuld?“ fragte sie. „Als ich Gebete sprach, bist du zwischen mir und dem „had-i-mafasil“ (der Begrenzungslinie) durchgegangen.“ Laila sagte:“ Du hast zu Gott gebetet. Was für eine Art Gebet war das? Ich ging berauscht von Liebe zu einem Mann dieser Welt und merkte nichts von dir, noch von deinem „had-i-mafasil“ Welche Art von Gebet hast du gesprochen, wenn du dabei mich wie auch dein „had-i-mafasil“ sehen konntest?“

Nun, ich würde sagen, Konzentration ist eine Sache des Herzens. Es ist eine Sache, sich von außen zurückzuziehen. Gott und den Guru zu erlangen, ist nicht schwierig. Die Schwierigkeit liegt darin, dass wir uns nicht von außen zurückziehen können. Wir sind so vollständig in die Welt vertieft, dass wir uns nicht davon zurückziehen können. Wir können Ihn (Gott) nicht erlangen.  

Wie ein Schatten nicht vom Menschen getrennt ist, sind auch wir nicht von Ihm getrennt.

Worin liegt das Problem der Trennung? Was sind diese Wellen (im Gemüt)? Man sollte sich von außen zurückziehen. Er (Gott) ist im Inneren gegenwärtig. Er ist nicht irgendwo weit weg. Nennt es: „Gott durch den Pol, in dem Er sich befindet und die Menschen mit Sich verbindet, zu erlangen.“ Er verlässt euch nie. Er ist immer mit euch. Wenn ihr es nicht glaubt, dann seht selbst. Diejenigen, die es tun, bestätigen es. Jene aber, die es nicht tun, die Ihn von der Ebene des physischen Körpers aus betrachteten und sagen, Er sei ein Mensch so wie sie, und andere Einwände erheben, können diesen Schatz nicht erlangen.

Wir haben das Problem der Trennung und Vereinigung ein für allemal gelöst.

Wenn wir Ihm, den wir zu erlangen hatten, begegnet sind, wo ist dann noch Trennung? Wenn wir in Ihn vertieft sind, wo erhebt sich dann noch die Frage der Dualität? Der Pfad der Liebe ist so schmal, dass nur für einen Platz ist. Um auf diesem Weg zu gehen, müssen der Guru und der Schüler eins werden.

Der Schüler geht im Guru auf.

Er erwacht in Ihm. Er (der Guru) wirkt in ihm. Das ist alles. Er sagt, wenn sie ineinander verschmelzen, dann enden seine Schwierigkeiten. Was mehr ist noch notwendig? Diese Probleme bestehen, bis wir ineinander aufgehen. Manchmal besteht Sehnsucht, manchmal Trauer, und manchmal Glück. Deshalb müssen wir uns von den äußeren Dingen zurückziehen. Wenn die äußeren Dinge wegfallen, vereint sich der Tropfen mit dem Ozean. Wie würdet ihr dazu sagen? Guru Ram Das sagte: „Wenn ein Tropfen sich mit dem Fluss vermischt, wie sollten wir ihn nennen? – Nenn ihn Fluss.“ Das ist die Herrlichkeit aller Meister.

Manchmal schweigen die Meister. Manchmal sprechen Sie von Angesicht zu Angesicht. Manchmal kommen Sie und geben Hinweise.

Diejenigen, die Wahre Sucher sind, nehmen Ihre Hinweise ernst. Es ist nicht notwendig, einander zu treffen oder dafür weite Reisen zu unternehmen. Manche erhalten diese Erfahrung. Sie verstehen, was die Meister-Kraft sagt.

Diejenigen, die das Geheimnis suchen, verstehen den Hinweis. Wenn man diesen Hinweis empfängt, ist man berauscht. Wer kann diesen Schatz geben? Ein Kompetenter Meister. Die Vedas und andere Schriften singen Loblieder über sie.

Ich sage euch, sitzt an Seiner Tür und vergesst alles andere, denkt niemals daran, Seine Tür zu verlassen.

Nur wenn ihr euch von der Welt zurückzieht, wird Er kommen. Der eine wusch sein Gesicht, seine Hände und Füße wie die Sikhs (vor dem Gebet), ein anderer tat es so wie die Mohammedaner („Wazu“), aber das „Wazu“ der Liebenden (Gottes) ist ganz anders. Wie? Sie waschen die Hände, den Körper und die äußere Welt (sie ziehen sich davon zurück). Ein Moslem-Heiliger sagte:

Denk nicht an Gott, bevor du dir deine Hände nicht von der Welt gewaschen hast.

Es besteht weniger Hoffnung für jene die nur dem Körper des Meisters Gehorsam leisten, verglichen mit denen, die Seine Worte befolgen. Letzteren ist die Erlösung sicher und gewiß. Worte, die der Meister spricht, sollten wir daher befolgen und sie achten. Dann werden wir sicher in das Haus unseres Vaters heimkehren.

Er begründet es damit. Entsprechend dem religiösen Gesetz der Mohammedaner ist es nicht recht, Gebete zu sprechen, bevor „Wazu“ ausgeführt wurde. Wenn ihr vor Ihm sitzt, dann zieht euch zuerst von allem um euch zurück. Niemand sollte zwischen euch und Gott sein, weder Kinder, noch Freunde, Verwandte, Land oder Besitz. Er sollte da sein und ihr. Vergesst sogar euren Körper. All diese Beziehungen sind auf die physische Ebene begrenzt. Was bleibt, wenn ihr euch über den physischen Plan erhebt? All diese körperliche Beziehungen enden mit Anmai-kosh. Das ist eine Sache der Erfahrung. Berauschung bringt Berauschung hervor. Augen erhalten Berauschung durch die Augen.

Ihr werdet berauscht, wenn ihr in Seine berauschten Augen schaut.

So sollte es sein. Die Seele kommt durch die Augen zum Ausdruck. Der innere Zustand  eines jeden wird durch die Augen zum Ausdruck gebracht. Wenn Ärger im Inneren ist, sind die Augen gerötet. Wenn Liebe da ist, ist ihre Farbe eine ganz andere. Die Augen sind die Fenster, durch die die Seele nach außen schimmert. In die Augen einer Seele zu schauen, die in Gott vertieft ist, gibt Berauschung. Ladung ist in dieser Sphäre. Ich war begünstigt. Ich saß zu den Füßen mehrerer Meister, besonders aber zu den Füßen von Hazur. Ich kann nicht anders als zu sagen, dass dort Glückseligkeit war. Maharishi Shiv Barat Lal Warman hatte Berauschung. Brüder, ich sage euch, sitzt in der Berauschung der Berauschten. Glückseligkeit kommt dann von selbst. Die Wirklichkeit wird enthüllt werden. Sie, die Meister erklären schwierige Dinge in ganz einfachen Worten. Geht dahin, wo ihr diese Gemeinschaft haben könnt. Zögert nicht. Nehmt sie, von wo immer sie zu haben ist. Die Meister werden euch nicht daran hindern.

Unser Hazur besuchte Baba Kahan Ji.

Er war berauscht und (in Gott) vertieft. Hazur sagte zu ihm: „Baba, gib mir etwas.“

Da sagte Baba Kahan: „Du wirst es sicherlich bekommen, aber nicht von mir, sondern von einem anderen. Er wird zu dir kommen.“

Als Hazur es erhielt, sagte er: „Baba, von dir habe ich nichts bekommen, sondern nur von Ihm (Baba Jaimal Singh).“

„Wir sind alle ein und dasselbe“, sagte Baba Kahan.

Er sagt:

Wenn Sie Ihre Blicke gleiten lassen und mit weit geöffneten Augen sitzen, beugen die anderen unwillkürlich ihr Haupt.

Wer könnte dem Glanz jener Augen widerstehen? Wer kann dem Pfeil, auf diese Art abgeschossen, standhalten? Werdet ihr dabei nicht demütig werden? Tatsache ist, dass selbst große Gelehrte ihr Haupt neigten. Pandits und Maulvie sah man kommen und schweigend warten.

Man sah die Meister in den Straßen gehen, sich neben jemanden setzen und zu ihm sprechen.

In Wirklichkeit suchen und schauen sie. Sie sind wie die Jäger. Sie wollen sehen, wo ihre Kinder sind. Sie sind auf der Suche. Am letzten Tag, bevor ich nach Amerika reiste, sagte ich: „Ihr wollt wissen, warum ich gehe? Ich gehe nicht von mir aus. Eine unsichtbare Kraft zieht mich. Ich gehe auf die Suche nach denen, die noch verborgen sind.“ Das ist Gottes Werk – Er tut es. Sie suchen hier und dort nach einem, der seine Aufmerksamkeit auf Sie richtet. Wie ihr wisst, sagte Bulleh Shah: „Brüder, Er wurde ein Yogi, doch Er ist etwas anderes. Er scheint nur so zu sein. Seine äußere Gestalt ist die eines Menschen, aber im Inneren ist Er etwas anderes. Er ist gekommen, um meine Seele zurückzuholen.“ Das ist die Bestimmung. Wenn eine Seele danach verlangt, Ihn zu erreichen, dann kommt Er. Wo Feuer brennt, kommt Sauerstoff zu Hilfe. Das ist ein Naturgesetz. Das ist das Gesetz von Bedarf und Versorgung. Dieses Gesetz wirkt unweigerlich. Der Guru ist auf der Suche nach Seinen Kindern. Ihr merkt das nicht. Ein Blinder kann einen der sieht nicht ergreifen. Nur ein Meister kann es. Bei wem? Bei solchen, die Sehnsucht haben.

Er hat das Universum erschaffen und erhält es. Er sagt, in allem ist der Eine widergespiegelt.

Wenn ihr Ihn kennenlernen wollt, welches ist Sein Name? Er hat kein Namen. Was ist Sein Kennzeichen? Keines. Er enthüllte Sich Selbst immer wieder in Menschlichen Polen und ging wieder. Wo ist Er? Ihr könnt Ihn sehen, wenn ihr euch über den Körper und alles, was mit ihm verbunden ist, erhebt. Solange ihr in weltlichen Angelegenheiten verstrickt seid, ist Er weit entfernt. Zieht euch von diesen Fesseln zurück, Er ist euer eigenes Selbst.

Nun, wir haben uns Hazurs erinnert. Wie andere berauschende Mittel, ist die Erinnerung an Ihn berauschend. So war unser Hazur, zu Dessen Erinnerung ihr euch heute versammelt habt. Wir sind daran interessiert, zu erfahrenen, wonach wir streben sollen. Was diese Wissenschaft, die Lehre ist, das werden wir morgen beleuchten. Weitere Hinweise über das Leben Hazurs werden dabei gegeben werden. Es kommt darauf an, was wir von Seinem Leben lernen. Was ist der Sinn, den Tag des Meisters zu feiern? Wir müssen herausfinden, was Er war, was Er lehrte und welchen Gewinn wir daraus zogen.

Seid euch bewusst, dass ein Schüler immer dankbar sein sollte. Einer, der große Schätze gibt, verdient immer Dankbarkeit. Dann gibt es noch etwas Wichtiges: Er verläßt euch nicht einmal nachdem ihr gestorben seid; selbst dann kommt Er zu eurer Hilfe. Wie könnt ihr Ihn also vergessen? Deshalb sollten wir Ihm immer dankbar sein. Dies ist ein historischer Anlass, zu dem wir uns alljährlich versammeln sollten. Ich aber sage, es sollte auch einen Tag geben, an dem ihr euch selbst analysieren solltet, um zu sehen, wo ihr vorher wart und wo ihr jetzt steht. Wenn ihr im Vergleich zum letzten Jahr Fortschritte gemacht habt, seid ihr gesegnet. Ihr verdient es, diesen Tag zu feiern. Wenn ihr, statt fortzuschreiten, in die entgegengesetzte Richtung zurückgefallen seid, dann seid jetzt klug. Was lehrte Er? Was sollte getan werden? Und was tut ihr?

Ihr geht in die falsche Richtung so wie vorher. Wie sehr wurde die Sache vereinfacht und euch dargelegt. Ihr seid unglücklich, wenn ihr selbst dann keinen Nutzen daraus zieht. Ich schlage euch vor: Führt euer Tagebuch von heute an regelmäßig. Analysiert euer Leben. Glaubt niemals, dass ihr Seinen Hof mit einem unsauberen Leben und schmutzigen Kleidern betreten könnt.

Wer wird willkommen geheißen, wenn er schmutzige Kleider trägt?

Reinigt euch. Ein ethisches Leben ist ein Schrittstein zur Spiritualität. Der Mensch sollte gute Absichten haben. Lukmann wurde gefragt, wo er diese Tugenden gelernt habe. Er sagte: „Von den Tugendlosen. Ich gab alles auf, was mir an den anderen nicht gefiel.“ Das ist alles. Macht euch diese Regel zu eigen. Gebt alles auf, was euch an den Handlungen anderer nicht gefällt. Ein ethisches Leben ist also ein Schrittstein zur Spiritualität. Das Herz sollte rein sein. Erinnert euch Gottes mit klarem Bewusstsein und einem aufrichtigen Herzen. „Gesegnet sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.“