Kabir Sahib

Dieb, ohne einen Kopf / Was ist Wahrheit

In allen drei Welten stiehlt der Dieb mit List und Heimlichkeit und beraubt alle ihres Wahren Reichtums. Niemand kann den Dieb sehen und fassen, denn er geht ohne einen Kopf umher.

K.S.S., S. 147:10

Was ist Wahrheit?

Dieses Gedicht, in Form eines Dialogs zwischen Gemüt und Seele, erklärt, was Weisheit und Torheit, Glück und Elend, Freund und Widersacher, Wahrheit und Falschheit sind, und ähnliche Fragen, mit denen ein Sucher manchmal konfrontiert wird.

Durch die Antworten gibt Kabir die Sichtweise der Sants auf diese Fragen wieder und spornt den Sucher an, diese Dinge aus der höheren objektivierten Perspektive seines letztendlichen, Spirituellen Ziels zu betrachten.

Höre, mein Gemüt, du bist das Vorratshaus der Klugheit, überlege, was ich dich frage, und lass mich deine Antwort haben.

Wer ist weise, wer ist verrückt?

Welche Handlungen führen zu Elend, welche Handlungen setzen (dem) Elend ein Ende?

Was ist die Quelle des Glücks, was ist die Ursache (des) Schmerzes?

Was ist von Nutzen, was zieht Leid nach sich?

Was ist fruchtbringend, was ist vergeblich?

Wer ist (ein) Widersacher, wer ist (ein) Freund?

Was ist Wahrheit, was ist Falschheit?

Was ist bitter, was ist süß?

Wer verbrennt in Agonie, wer badet in Wonne?

Wer ist frei von Knechtschaft, wer hat die Schlinge um seinen Hals?

Sage mir, mein Gemüt, sage mir die Wahrheit, denn Zweifel gleich Dornen verletzen mich, sagt Kabir.

O Schwan, bedenke sorgfältig, was ich dir sage.

Die drei Welten, die unzähligen Arten, alle leben und leiden in Dunkelheit.

Derjenige ist weise, der die seltene Gelegenheit der menschlichen Geburt wertschätzt und versucht, den Herrn zu erkennen; derjenige ist sicherlich verrückt, der das Geschenk der menschlichen Form achtlos verschwendet und bereut, wenn die Dämmerung anbricht.

Hingabe ist die Quelle des Glücks, ohne Hingabe ist alles Schmerz; die Liebe des Herrn ist der einzige Nektar, alles andere ist ein Haufen Gift.

Nur in Gott versunken zu sein, ist von Nutzen, alle anderen Bestrebungen führen zu Kummer und Leid.

(Die) Gesellschaft der Verwirklichten ist fruchtbar, (die) Gesellschaft anderer ist nutzlos und eitel. Die ganze Welt ist ein Gegner, nur der, der den Herrn liebt, ist dein Freund.

(Die) Wahrheit ist das, was unwandelbar und beständig ist; was kommt und geht, was sich wandelt und vergeht, ist falsch.

Süß ist das, was durch Sahaj gewonnen wird, bitter ist das, was durch Unterdrückung und Anspannung entsteht.

Derjenige verbrennt nicht in Agonie, der ‚mich‛ und ‚mein‛ aufgibt, sondern (er) badet in Glückseligkeit, indem er dem Herrn vertraut und nur nach Seinem Wohlgefallen strebt.

Derjenige ist wirklich frei, der sein Wahres Selbst erkennt und weiß, was artfremd ist. Was wissen diejenigen von Befreiung, die sich immer noch in der Täuschung drehen?

Der Herr ist die Stütze der ganzen Welt, Er ist mir teurer als mein eigenes Leben; (die) Liebe zu Ihm schätze ich als den seltensten aller Schätze; für Söhne und Reichtum, für Besitztümer und Gesundheit zu leben, o Kabir, ist wie der Vogel zu sein, der während eines Aufenthalts von einer Nacht beginnt, den Baum zu lieben.

K.G., S. 176:6,7
Re re man budhiwant bhandārā