Das Leben von Guru Hari Krishan

1656–1664

Guru Hari Krishan

 

Im Alter von fünf Jahren begann Hari Krishan unter der Gnade Seines Meisters Hari Rai Seine Göttliche Mission.

Ram Rai erhielt die Nachricht mit eifersüchtigem Herzen, hoffte jedoch, das zarte Alter seines Bruders werde ihm eine Gelegenheit geben, sich des Guru-Titels zu bemächtigen. So bat er den Kaiser, seinen Bruder an den Hof zu berufen.

Hari Krishan wurde jedoch von Seinem Meister ermahnt, Sich nicht in die Gegenwart des Kaisers zu begeben, und lehnte es darum ab. Obwohl Sein Entschluss feststand, fürchteten mehrere Schüler, wie es schon bei seinem Vater der Fall war, die Folgen einer Ablehnung der kaiserlichen Einladung und plädierten dafür, es zu überdenken. Er blieb aber bei Seiner Entscheidung, bis jemand bemerkte, dass viele ergebene Anhänger in Delhi lebten und großes Verlangen nach dem Darshan des Gurus hätten.

Während die Stärke der kaiserlichen Armee den jungen Meister unerschrocken ließ, war nur ein wenig Liebe wie ein starker Magnet, der Seine Gegenwart herbeizog. So begann Hari Krishan die Reise mit teilnahmsvollem Herzen.

Auf Seinem Weg nach Delhi begegnete Er einem gelehrten Priester, der voller Stolz auf sein Wissen war. Nachdem dieser bemerkt hatte, dass ein so junger Knabe Guru genannt wurde, forderte er Ihn auf, mit ihm über die Hindu-Schriften zu diskutieren. Statt dem Priester direkt gegenüberzutreten, rief Hari Krishan einen ungebildeten Waschmann an Seine Seite.

Er berührte die Schulter des Waschmanns mit einem Stock und sagte zu dem Priester: „Er wird an meiner Stelle sprechen.“

Das Wissen dieses ungebildeten Mannes wurde plötzlich so tiefgründig, dass der Priester vor Erstaunen überwältigt war und den Meister bat, ihm seinen Stolz zu verzeihen.

Als Hari Krishan in Delhi ankam, wurde Er mit Gaben überschüttet, und Er erhielt eine weitere Einladung, den Kaiser zu besuchen. Wieder lehnte der Guru ab: Er sei nur für spirituelle Dinge gekommen, und falls der Kaiser einen politischen Rat wolle, könne er sich an Ram Rai wenden. – Mehr noch, sollte der Kaiser Hari Krishan irgendeine Gunst erweisen, würde Sein Bruder noch gehässiger sein, was der Meister vermeiden wollte. Als Aurangzeb Seine Antwort erhielt, war er überrascht, dass ein solch junger Knabe so intelligent und mutig antworten konnte; doch der Kaiser ließ Seine Antwort nicht gelten und bat erneut um eine Audienz des Gurus. Die Erwiderung war die gleiche, ergänzt durch eine Hymne von Guru Nanak:

Wenn der Meister nicht in eines Herzen ist, welchen Wert haben dann gutes Essen und schöne Kleidung? Welchen Nutzen haben eine Armee, Diener oder selbst ein Palast als Residenz? O Nanak, alle Dinge vergehen, außer Naam.

Während Hari Krishan in Delhi war, wurde die Stadt von einer Seuche heimgesucht. Ohne auf Sein eigenes Wohlergehen zu achten, arbeitete Er unermüdlich, um den Kranken Erleichterung zu verschaffen. Dass Er Menschen in ihrer Not diese geben konnte, war eine Quelle des Glücks, doch wenn er jemand, durch die spirituelle Medizin, für immer heilen konnte, war Seine Freude in der Tat groß. Sogar der Kaiser Aurangzeb war von des Knaben Weisheit inspiriert, aber sein Sinn vermochte nicht lange bei tieferen spirituellen Dingen zu verweilen, da er eine Neigung für äußere Schaustellung hatte. Einige Zeit später forderte er einen Raja seines Hofes, der den Guru ebenfalls sehr schätzte, auf, Diesen auf die Probe zu stellen, um zu sehen, ob Er übernatürliche Kräfte habe. Zu des Gurus tiefem Bedauern handelte der Raja nach den Wünschen von Aurangzeb. Er lud den Meister ein, die erste seiner Königinnen zu besuchen, die er jedoch als Sklavin verkleiden ließ. Da Hari Krishan die Absichten des Rajas kannte, widerstrebte es Ihm sehr, auch nur die Königin zu besuchen. Doch es traten Umstände ein, die den Besuch notwendig machten. Er wurde zum Palast geführt, und nachdem Er an vielen Frauen des Hofes vorbeigegangen war, fand Er die Königin aus einer Gruppe von Sklavinnen heraus.

Alle außer dem Guru erfüllte der Vorfall mit Genugtuung. Betrübt, aber mit strenger Stimme sagte Er:

Guru Nanak gewährt denen Glück, die unerschütterlichen Glaubens sind. Er ist immer mit ihnen und bietet ihnen Seinen Schutz. Und die nach Seinem Willen leben, wird Gott lieben, hier und im Jenseits. Doch wessen Sinn von Zweifeln schwankt, hat nicht die Früchte Wahrer Schülerschaft gekostet. Wer sich erhaben dünkt, wird einst, wie ein hoher Fels, in die Tiefe stürzen. Ergebenheit ist wie der Regen, der sich nicht auf Bergesgipfeln sammelt.

Wenig später erkrankte Hari Krishan mit einem hohen Fieber und kündigte an, dass die Zeit Seines Weggangs gekommen sei. Seine Schüler baten Ihn inständig, länger in der Welt zu bleiben: Er sei doch noch so jung, und wer sei da, Sein spirituelles Werk fortzusetzen? Er blieb unbewegt und erinnerte sie an den Willen Gottes.

Danach sprach Er über den Tod, dass alle eines Tages den Körper verlassen müssten und welche Bedeutung es dann habe, ob man jung oder alt sei. Zu jenen, die gelernt hätten, während des Lebens zu sterben, komme der Tod als größte Freude, da er schließlich die Wiedervereinigung mit dem geliebten Herrn bedeute. Und was die Nachfolge betreffe, solle es keine Befürchtungen geben, da Gott immer für das spirituelle Wohlergehen Seiner Kinder Sorge trage.

Die von Guru Nanaks heiliger Hand gelegte Saat währt ewiglich. Perioden der Dürre, Stürme und Hitze mögen kommen, aber diese Saat wird nie vergehen.

Es folgte eine lange Zeit des Schweigens, und die Kraft in Seinen Augen gab den Menschen Gewissheit.

Niemand sollte um mich weinen, denn ich werde stets bei euch sein. Sucht mich in Bakale (im Jenseits).

Und während Er diese Worte sprach, schloss Er für immer die Augen in der Welt.