Namdev – Auszüge aus Seinem Leben

1269–1344

Übersetzung aus englischen Vorlagen durch Schüler Kirpal Singhs

Namdev

 

Namdev wurde in der Familie eines Tuchfärbers von niederem Rang in Maharashtra geboren. Von früher Jugend an entwickelte er das Verlangen nach Gotterkenntnis – zuerst in der Form des Götzendienstes, wie er in seiner Familie Brauch war, aber später durch die Hingabe an das Heilige Naam.

Namdevs Großvater betete Götter an und brachte den Figuren täglich ein Milchopfer dar. Alle waren mit seinem täglichen Gang in den Tempel vertraut. Er ging mit einem Gefäß voll Milch dorthin und sagte:

Ich bringe die Milch den Göttern als Trank.

Eines Tages musste er in einer entfernten Stadt Geschäfte erledigen; und so rief er Namdev zu sich und sagte: 

Bitte verrichte die Puja (Lichtzeremonie) und bringe die Milch in den Tempel, während ich weg bin. 

Das Kind wusste, dass der Großvater die Milch den Göttern brachte; aber es wusste nicht, dass er die Milch selbst trank, wie es Brauch war. 

Am nächsten Tag führte also Namdev die Puja durch und stellte dann die Milch vor die Götter. Er schloss die Augen und bat sie, sein Milchopfer anzunehmen. Doch als er die Augen öffnete, stand die Milch noch immer da. Er wunderte sich, dass sie die Milch nicht getrunken hatten. Namdev sagte dann zu den Götterfiguren:

Ihr habt die Milch jeden Tag getrunken – was ist heute anders?

Als er keine Antwort bekam, wurde er ganz unglücklich und unzufrieden und schrie:

Wenn ihr nicht kommt und die Milch trinkt, schneide ich mir die Kehle durch!

Und er zog seinen Dolch. Sogleich erschien der Herr Selbst und trank seine Milch. Namdev setzte seine Spirituelle Suche mit eben dieser unschuldigen doch unerschütterlichen Hingabe fort, bis er schließlich Eins mit Ihm wurde.

Namdev wurde sein ganzes Leben lang von seiner Familie für das Vergessen oder Übersehen seiner weltlichen Pflichten verspottet – erst von Mutter und Bruder, dann von seiner Frau. Stattdessen verbrachte er seine Zeit in Meditation. Aber die Tiefe seines Glaubens bewegte stets den Herrn Selbst, die Arbeit für ihn zu verrichten.

Namdev erhielt die Initiation von Guru Giandev, brachte diese Gabe zur Vollendung und verbrachte seine späteren Jahre mit Reisen durch den Punjab. Die Legende berichtet, dass er in Ghuman einst einen Tempel betrat, um dort zu beten. Doch als Angehöriger einer niederen Kaste erlaubten ihm die Priester nicht, den Tempel zu betreten. Davon unbeeindruckt, setzte er sich hinter eine Mauer und war bald in Samadhi vertieft. Betrübt durch die Beleidigung Seines Schülers wandte der Herr die Vorderseite des Tempels dem Ort zu, an dem Namdev saß. Darauf fielen die Priester und Brahmanen zu seinen Füßen nieder und baten ihn um Verzeihung.1

Einundsechzig Hymnen Namdevs wurden in den Guru Granth Sahib aufgenommen.

Die Liebe für Ihn, Der mein Herz erfüllt, soll niemals enden. Nama hat sein Herz dem Wahren Namen geweiht. Gleich der Liebe zwischen Mutter und Kind ist meine Seele von Gott erfüllt.2

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Erläuterung: 1) Siehe ‚Von der Gottsuche zur Verwirklichung‘ von Kirpal Singh, Seite 33. 2) Siehe ‚Von der Gottsuche zur Verwirklichung‘ von Kirpal Singh, Seite 20.